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CNC: Wie geht’s weiter?

Folgen, Konsequenzen und Notwendigkeiten
CNC: Wie geht’s weiter?

CNC: Wie geht’s weiter?
CNC hin oder her: Um die fachliche Qualifikation in Sachen neuer Technologien auf ein höheres Niveau zu heben, bedarf es dringend neuer Konzepte und Inhalte in allen Stufen der Aus- und Weiterbildung.

Der Autor:Christian Zander, Sölden, ist Fachlehrer an der Gewerbeakademie Freiburg und engagiert sich an den Projekten des CNC-Forums, Karlsruhe

Bei diesem Titel spitzen die einen die Ohren und die anderen verdrehen genervt die Augen: „Schon wieder CNC – bleib mir doch weg damit: Ich kann’s schon nicht mehr hören.“ Was den einen ein gangbarer und notwendiger Weg für die Zukunft ist, ist den anderen genau das Gegenteil, nämlich der Weg ins Aus!
Keine Frage: Die CNC-Technik polarisiert die deutschen Tischler und Schreiner. Und das mit gutem Grund: erleben wir in unserem Handwerk doch gerade die zweite grundlegende Umwälzung unseres Arbeitsprozesses. Nachdem schon die Mechanisierung der Arbeit Ende des 19. Jahrhunderts das Wesen der Werkstätten radikal verändert hatte, zieht nun seit etwa 10 Jahren die CNC-Technik in die Holzbranche ein. Den Wandel, den dieses auslöst, können wir in seinem Umfang im Moment allenfalls ahnen. Wer hätte denn 1890 in seiner Freude über eine Kreissäge und vor allem eine Abrichte und Hobelmaschine daran gedacht, dass die Möbelindustrie innerhalb von 10 weiteren Jahren dem Tischlerhandwerk die Möbelproduktion weitgehend aus den Händen nehmen und dass sich die Formensprache zu einem maschinengerechten Schuhkarton entwickeln würde? Wir stehen auch heute erst am Anfang von Veränderungen, durch die neue Maschinentechnik. Eines allerdings ist bereits jetzt schon überaus deutlich: Die Konkurrenz unter den Tischlern und Schreinern hat sich als Folge verschärft. Eine hohe Präzision, die schnelle Bewältigung auch schwieriger Konturen und unter dem Strich ein höherer Produktionsausstoß – das sind die unbestrittenen Vorteile der CNC-Technik im Innenausbau und Möbelbau. Auf dem Markt führen sie heute zum Absacken der Preise. Viele konventionelle Schreiner stehen heute plötzlich vor der Tatsache, dass der Nachbar, der für teures Geld eine CNC-Maschine besitzt, bei Ausschreibungen die Nase vorn hat. Genauer gesagt: Es geben diejenigen auf, die nicht in die neue Technik investiert haben und jetzt die Preise nicht mehr halten können, sie fallen zunehmend aus der reinen Produktion heraus und werden in den Bereich der Montagearbeiten gedrängt, wenn es gut geht, wenn es schlecht geht, droht die Insolvenz.
Die Durchsetzung der neuen Technik geht also nicht reibungslos vonstatten, sondern kostet Opfer: diejenigen, die nicht mithalten wollen oder können und diejenigen, die mitgehalten haben, denen aber die finanzielle Puste ausging.
Nicht aufzuhalten
Die grundsätzliche Ablehnung der CNC-Technik, dies zeigt ein Blick in die Historie der Technisierung, kann keine Perspektive bieten; als innovative Technik wird sich die CNC-Technik auch im Tischlerhandwerk weiter durchsetzen. Betrachtet man nun diesen Prozess unter Ausschluss seiner technischen Seite selber, so fallen zwei Dinge auf: Eine große Unkenntnis über den tatsächlichen Stand der praktischen Anwendung in den Betrieben unseres Handwerks und zum zweiten eine Ausbildung, die den Bedürfnissen hinterherhinkt.
Nur Vermutungen
Leider kann man den Kenntnisstand über die tatsächliche Bestückung der Tischlereien mit CNC-Maschinen bereits mit wenigen Worten umreißen: Es gibt ihn nicht! Stattdessen allerorts nur Vermutungen und Annahmen, die sich etwa bei einer Befragung der technischen Berater der Landesverbände in solch‘ exakten Angaben wie fünf bis zehn Prozent äußerten.
Wenn schon nicht einmal die Zahlen bekannt sind, dann verwundert auch nicht, dass die wichtigeren Angaben darüber, welche Betriebe in die CNC-Technik investiert haben, völlig fehlen. Nicht nur die Größe wäre interessant, viel mehr noch die Produktionsausrichtung dieser Tischlereien und Schreinereien. Denn hier könnte man aus eventuellen Zusammenhängen auf wichtige Entwicklungstendenzen des Tischlerhandwerks schließen.
Weil also aktuelle Zahlen fehlen, stochert man heute im Nebel und kann leider weder Entwicklungen erkennen, noch Hemmnisse dieses Prozesses deutlich benennen, geschweige denn aus dem Weg räumen.
CNC-Ausbildung auf dem Prüfstand
Freilich: Ein solches Hemmnis ändert wenig an der grundsätzlichen Frage nach der Qualität der CNC-Ausbildung.
Bereits Anfang der 90er Jahre wurde angesichts des Vordringens der neuen Technik über die Anforderungen an eine entsprechende Ausbildung nachgedacht, etwa im Papier des Bundes-Institutes Berufsbildung (BIBB), bekannt unter dem Titel „Szenario 2000“, oder auch in Fachvorträgen, z. B. Dr. Sturms im Jahr 1996 auf der Euroholz: „Was ändert sich im Schreinerhandwerk durch die Einführung der CNC-Technik?“
Die seit 1997 geltende neue Ausbildungsordnung integrierte den Gedanken der Grundausbildung für den theoretischen Bereich an den Berufsschulen, der seitdem auch an den meisten deutschen Ausbildungsstätten mehr oder weniger durchgeführt wird. Allerdings weist Evelyn Geise in ihrer im Jahr 2000 abgeschlossenen Staatsexamensarbeit „CNC-Technik in der Erstausbildung Tischler, Notwendigkeit und Durchführbarkeit“ (Universität Hannover, Institut für Arbeitstechnik und Didaktik im Bau- und Gestaltungswesen) auf die Grenzen dieser Ausbildung hin:
„Insgesamt lässt sich feststellen, dass die CNC-Technik in die schulische Ausbildung schon weitgehend integriert ist. Allerdings kann nur von der Vermittlung grundlegender Kenntnisse ausgegangen werden“. Ihre Betonung liegt auf „Kenntnisse“. Darunter versteht sie eine Grundlagen-Ausbildung, welche die Steuerungsprinzipien und die DIN-Programmierung umfasst. „Mehr kann durch die Schulen nicht geleistet werden“. Ihre Befragung der Berufsschulen in NRW und Niedersachsen ergab denn auch den schwerwiegenden Mangel, dass die Fachpraxislehrer in der Regel lediglich über die Einführungsschulung der Maschinenaufsteller verfügten, ansonsten aber autodidaktisch arbeiten müssten. Ergänzend beklagten Vertreter verschiedener Maschinenhersteller auf einer Tagung in Karlsruhe, über die nachfolgend berichtet werden soll, dass zwar die meisten Berufsschulen und Ausbildungszentren ein CNC-Bearbeitungszentrum besäßen, sie aber häufig nach fünf Jahren eine Laufzeit von lediglich 50 Stunden festgestellt hätten!
Da aus verschiedenen Gründen auch durch die Betriebe eine Ausbildung auf dem wesentlichen Gebiet der Fertigkeiten in der Bedienung der CNC-Maschinen nicht erfolge oder erfolgen könne, ergäbe sich ein gravierender Mangel in der Ausbildung des Facharbeiternachwuchses, fährt Evelyn Geise fort. „Fertigkeiten wie das Rüsten, Bedienen und Warten der Maschinen können aus zahlreichen Gründen und unter schulischen Umständen nicht vermittelt werden. Aber erst der selbstständige Umgang mit den Maschinen führt zu einem Qualifikationsniveau, bei dem wirklich von Kenntnissen und (unterstrichen) Fertigkeiten ausgegangen werden kann“.
Geise fordert eine umfassendere Grundausbildung durch zusätzliche (freiwillige) Kurse in der Überbetrieblichen Ausbildung, wenn die Qualifikation zur Bedienung komplexer CNC-Maschinen nicht weiterhin durch teure Weiterbildungen erfolgen solle. Ein Blick auf diese Sparte erweist jedoch ebenfalls Erschreckendes: Viele Berufsbildungszentren reden über CNC-Kurse, aber wenige führen sie durch und konnten dabei Erfahrung sammeln. Diejenigen, die sie wirklich anbieten, berichten übereinstimmend bundesweit, dass das Desinteresse solche Ausmaße annimmt, dass sehr häufig die Kurse mangels Masse abgesagt werden müssen. Hinter der manchmal geäußerten Absage: „Ihr habt ja eine andere Maschine …“ verbirgt sich eine betriebsblinde Bildungsfeindlichkeit sondersgleichen: Wer verlangt von der Fahrschule, dass sein Autotyp verwendet werden müsse? Fakt ist allerdings auch, dass es keine Einheitlichkeit und damit Vergleichbarkeit der angebotenen Kurse gibt – viele Curricula sind selbstgestrickt, jeder Hahn ist auf seiner CNC-Maschine der König. Das dient eher der Verwirrung der Ausbildungswilligen und der Betriebe denn der Durchsetzung dieser Technologie.
Einheitliche Grundausbildung macht Sinn
Mit einem Wort: Um die Ausbildung auf ein höheres Niveau heben zu können, bedarf es dringend einheitlicher Grundkurse als erstem Schritt für den Bereich der Weiterbildung und der Grundausbildung (in welcher Form diese auch immer durchgeführt werden wird). Oder wie es die Maschinenhersteller formulierten: „Wir brau-chen einen CNC-Führerschein.“ Auf dann eine effektive Einführung für den jeweiligen Maschinentyp gesetzt werden kann. Diese Notwendigkeit liegt so sehr in der Luft, dass beinahe gleichzeitig drei verschiedene Initiativen gestartet worden sind, eben diese inhaltliche Vereinheitlichung zu schaffen:
• Ausgehend von der Akademie für das Glaserhandwerk trifft sich unter dem Dach des Holz-Alu-Forums in Karlsruhe ein „CNC-Forum“, dem neben vielen Organisatoren von CNC-Kursen auch Vertreter der Maschinenhersteller, der Zulieferer (Werkzeuge) und andere angehören (Kontakt: www.innoholz.tripod.com).
Dort wurden jetzt erste Fortschritte erzielt: Auf dem Treffen der Karlsruher Initiative Mitte Mai wurde der wünschenswerte Inhalt eines bundeseinheitlichen CNC-Grund- und -Aufbaukurses diskutiert und beschlossen. In einem zweiten Schritt soll nun die gemeinsame Umsetzung in die Ausbildungspraxis der beteiligten Weiterbildungsträger durchgeführt werden. Dieses soll im Rahmen eines geförderten, mehrjährigen Projektes geschehen, das wissenschaftlich von führenden Pä-dagogen der Berufsbildung und einer Technischen Universität begleitet wird.
• Am Heinz-Piest-Institut in Hannover, dem zentralen Institut des Handwerks für die überbetrieblichen Kurse, wird darüber intensiv nachgedacht, wie eine sinnvolle Ausbildung im CNC-Bereich aussehen soll und wie sie umgesetzt werden kann. Interessant sind vor allem weitgehende Vorstellungen zur Qualitätskontrolle und -sicherung der Kurse (Kontakt: HPI , Telefon 05 11/7 01 55-0).
• Die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH), Düsseldorf, unterstützt ein Projekt der Handwerkskammer Freiburg, den Lehrstoff für eine Fachkraftausbildung CNC/CAM Holz mit einem Skript zu unterlegen und zusätzlich mit einer darauf abgestimmten CBT (CBT = Computer Based Training, also eine interaktive Form der CD-ROM) zu versehen (Kontakt: ZWH, Telefon 02 11/30 20 09-0).
Wer Interesse an einer Mitarbeit hat, findet jetzt die Möglichkeit, über die jeweilige Vereinzelung hinauszukommen.
Spezialisierung erforderlich?
Leider fällt bei allen Bestrebungen zur Verbesserung der CNC-Ausbildung auf, dass die Initiativen für eine bundesweite Regelung nicht vom Tischlerhandwerk selber kommen. Das findet seine Erklärung wohl zum einen in dem bekanntermaßen schwierigen Zustand des Bundesverbandes HKH – ist zum anderen aber Ausdruck eines Interessengegensatzes, der sich aus der CNC-Technik selber ergibt: Wer dieser Technik ablehnend gegenübersteht, wer sie nicht anwenden will oder kann – der wird einer Ausweitung der Ausbildung, etwa durch neue überbetriebliche Kurse, seine Zustimmung versagen oder sie sogar verhindern. Wir stoßen hier auf ein erneutes Beispiel, wie das Festhalten am so genannten „Generalisten“ als Ausbildungsziel im Tischler- und Schreinerhandwerk eine sinnvolle, effektive und sparsame Ausbildung erschwert.
Evelyn Geise, deren Ausarbeitung ich für diesen Artikel verwendet habe, formuliert ihre gleichgerichteten Bedenken so: „Wenn man davon ausgeht, dass Tischlerwissen nicht veraltet, sondern nur ständig erweitert wird, besteht die Gefahr bei der jetzigen Form der Ausbildung darin, dass irgendwann soviel Wissen vermittelt wird, dass die Auszubildenden ein breites Wissensspektrum haben, man aber nicht mehr von wirklichen Fähigkeiten und Kenntnissen ausgehen kann.“
Wünschenswert wäre es, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten gezielt an diejenigen vermitteln zu können, die dafür Bedarf in ihrer täglichen Arbeit haben. Ich rede hier einer Spezia-lisierung der Ausbildung das Wort, wie sie etwa im Schweizer Ausbildungssystem oder auch in den Vorschlägen des Zentralverbandes des Handwerks (ZdH) erkennbar sind. Vielleicht bedarf es des Anstoßes von außen, damit die Anforderungen der innovativen Betriebe unseres Handwerks auch auf dem Gebiet der Ausbildung in reale Taten umgesetzt werden können. o
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