Führungsaufgaben im Tischlerhandwerk und in der holzverarbeitenden Industrie erfordern die Vernetzung technischer, organisatorischer, betriebswirtschaftlicher und gestalterischer Kompetenz. Diesen Anforderungen entspricht Deutschlands nördlichste Fachschule mit vier interessanten Bildungsgängen.
„Grüß Gott, kann ich Ihnen helfen?“, verwundert schaut der Besucher der Fachschule für Technik und Gestaltung die junge Dame an. Hatte er doch das für Flensburg typische „Moin, Moin“ und nicht einen eindeutig fränkisch geprägten Dialekt erwartet. Auf Nachfrage erklärt die Nürnbergerin ihm, daß die Schüler aus der gesamten Bundesrepublik nach Flensburg kommen und nannte hierzu mehrere Gründe.
Das Angebot
Die Fachschule bietet beruflich Erfahrenen ein umfangreiches und auf die Anforderungen der Betriebe zugeschnittenes Konzept der Aufstiegsfortbildung zu Staatlich geprüften Gestalter/innen und Techniker/innen.
Ziel aller Bildungsgänge ist es, die Fach- und Handlungskompetenz der mittleren betrieblichen Führungsebene zu erlangen. Ganzheitliches Lernen an komplexen, fächer- und fachrichtungsübergreifenden Projekten aus der Praxis ermöglichen den inhaltlichen und persönlichen Austausch von Lernenden und Lehrenden. Die Lösungen werden teils im Team und teils individuell erarbeitet.
Bildungswillige Tischler/innen können an der Flensburger Schule zwischen folgenden Fachrichtungen wählen:
- 1. Holztechnik (mit technischen, betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Aufgaben)
- 2. Raumgestaltung und Innenausbau (mit Aufgabenfeldern der Innenarchitektur) und
- 3. Handwerkliches Gestalten (Gestaltung, Präsentation und Vermarktung einzelner Produkte).
Zum Semesterbeginn 1999 wird zusätzlich die auch für Tischler/innen interessante Fachrichtung
4. Gebäudesystemtechnik
(technisches und organisatorisches Management komplexer Gebäude) angeboten.
Alle Bildungsgänge sind auf einen Zeitraum von zwei Jahren in Vollzeitform angelegt. Doppelqualifikationen in zwei Fachrichtungen können in insgesamt drei Jahren erreicht werden.
Der Informationsaustausch zwischen diesen Fachrichtungen wird durch die im gleichen Gebäude arbeitenden Bildungsgänge Maschinentechnik und Elektrotechnik genauso unterstützt wie durch die Holzbildhauerei.
Zusätzlich wird nach dem ersten Jahr der mittlere Bildungsabschluß und nach bestandener Abschlußprüfung die Fachhochschulreife erworben.
Die REFA-Grundscheine werden in den Ferien vom REFA-Verband angeboten. Die Vorbereitungskurse zur Meisterprüfung erfolgen unterrichtsbegleitend im Wahlpflichtbereich, wobei der fachtheoretische Teil der Meisterprüfung bei Holztechniker/innen anerkannt wird. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, in Kooperation mit dem Meisterprüfungsausschuß, die Schule nach zwei Jahren als Tischlermeister/in und Holztechniker/in zu verlassen.
Die Schule
Mit dem Ziel, das holzverarbeitende Handwerk durch gestalterische Kompetenz und durch hochwertige Fertigung zu unterstützen, wurde die Schule als „Staatlich unterstützte Fachschule für Kunsttischler und Bildschnitzer“ im Jahr 1890 als erste Werkstattschule Deutschlands gegründet.
Auch gegenwärtig prägt diese Zielsetzung die Arbeit an der Schule genauso, wie die durch die Randlage in Deutschland erforderliche Kreativität, mit einem besonderen Weiterbildungsangebot eine bundesweite Nachfrage zu erhalten. „Tradition durch Innovation“ – dieser Leitgedanke erklärt den langjährigen Erfolg beruflicher Erwachsenenbildung für Industrie und Handwerk in Flensburg. Gestärkt wird das pädagogische Konzept durch das Engagement der Schülerschaft und der Ehemaligen für ihre Schule.
Die Gruppengröße wird bewußt niedrig gehalten, um ein intensives Arbeiten und eine individuelle Betreuung zu ermöglichen. Somit ergibt sich eine sehr persönliche Arbeitsatmosphäre in einem überschaubaren Rahmen. Fachbezogene Labore und Werkstätten, in denen auch außerhalb der Unterrichtszeit gearbeitet werden kann, ergänzen das Bildungsangebot. Tagesfahrten und mehrtägige Exkursionen ermöglichen durch Betriebsbesichtigungen, Messe- und Ausstellungsbesuche eine lebendige Auseinandersetzung mit den Erfordernissen der Praxis, die durch Betriebspraktika unterstützt wird. Die Zusammenarbeit mit Skandinaviens bedeutendster Schule für Holztechnik, der Skive Tekniske Skole, eröffnet neue gestalterische und fertigungstechnische Sichtweisen. Durch wechselnde Ausstellungen findet ein reger Austausch zwischen Schule, Fachwelt und Öffentlichkeit statt. Vorträge und Werkberichte in Zusammenarbeit mit Vereinen, Fachverbänden und den ortsansässigen Kammern unterstützen das Bildungsziel der Schule genauso wie die Teilnahme an Wettbewerben mit technischen und gestalterischen Inhalten.
Die Stadt
Deutschlands nördlichste und Schleswig-Holsteins drittgrößte Stadt liegt an einer wunderschönen 34 km langen Förde mit Sandstrand, Steilküste und Buchenwäldern. Die unmittelbare Nachbarschaft zu den skandinavischen Ländern schlägt sich in der ungezwungenen Mentalität der Flensburger nieder. Dänisches und deutsches Kulturgut wirken hier seit Jahrhunderten zusammen. Man ahnt, daß Flensburg vor dem 30jährigen Krieg die reichste Handelsstadt der dänischen Krone war. Alte Höfe, Tore und vor allem Kirchen mit kostbaren Kunstwerken sind sichtbare Erinnerungen an den großzügigen Geist kunstverständiger Kaufleute.
Flensburg bietet viel mehr als die Verkehrssünderkartei.
„Verstehen Sie jetzt, daß ich gerne hier bin?“, fragte die Fränkin den Besucher. „Aber sicher“, antwortet er lächelnd. „Ich war von 1975 bis 1977 selbst Schüler der Schule. Vieles ist neu, aber die Atmosphäre, so scheint mir, ist immer noch die gleiche.“ n
Aufnahmevoraussetzungen
Als schulische Aufnahmevoraussetzung zum Besuch der Fachschule für Technik und Gestaltung ist der Abschluß der zehnten Klasse der Hauptschule nachzuweisen. Falls das zehnte Schuljahr der Hauptschule nicht abgeschlossen wurde, kann bei Abschluß der neunten Klasse die Zulassung zur Fachschule auch dann beantragt werden, wenn der Nachweis des mittleren Bildungsabschlusses nach dem ersten Schuljahr der Fachschule erfolgt. Berufliche Voraussetzungen zur Aufnahme sind der Abschluß eines für die angestrebte Fachrichtung einschlägigen Ausbildungsberufes und anschließend zwei Jahre Berufspraxis.
Der Besuch einer Berufsfachschule kann angerechnet werden. Bei nicht abgeschlossener Berufsausbildung werden sieben Jahre Tätigkeit in einem artverwandten Beruf vorausgesetzt.
Kosten
Schulgeld und Prüfungsgebühren werden nicht erhoben.
Die Kosten für die Lern- und Unterrichtsmittel müssen von den Fachschülerinnen und Fachschülern zum Teil selbst getragen werden. Hierzu gehören auch die Kosten für Exkursionen.
Anmeldung
Bewerbungen sind möglichst frühzeitig schriftlich zu richten an die:
Fachschule für Technik und Gestaltung
Werkkunstschule Flensburg, Schützenkuhle 20-24,
24937 Flensburg
Telefon 04 61/85 25 34, Telefax 04 61/85 29 88
Internet: www.bbz-flensburg.de/fstug.htm
E-Mail: verw_fstug@bbz-flensburg.de
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