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Das Märchen vom verdeckten Mangel

Was von verlängerten Haftungsfristen zu halten ist
Das Märchen vom verdeckten Mangel

Das Märchen vom verdeckten Mangel
Robert Schulze ist Syndikusanwalt beim Fachverband Schreinerhandwerk Bayern
Normalerweise kann der Tischler erleichtert aufatmen, wenn die Gewährleistungszeit vorbei ist. Die Mängelhaftung dauert bei Bauleistungen auf Basis eines BGB-Werkvertrages nach dem Gesetz maximal fünf Jahre, nach der VOB/B vier Jahre ab Abnahme. Doch manchmal, wenn der Schreiner nach Ablauf dieser Mangelhaftungsfrist davon ausgeht, nun seien die Ansprüche des Kunden verjährt, kommt plötzlich ein Schreiben vom Rechtsanwalt des Kunden mit der Berufung auf angeblich verlängerte Haftungsfristen bei verdeckten Mängeln. Doch gut informierte Handwerker wissen es besser.

Wenn der Auftragnehmer feststellen muss, dass die Gewährleistungszeit verstrichen ist, greift er oft in seiner Not zum letzten Strohhalm und behauptet, die Fristen würden sich wegen verdeckter Mängel verlängern. Doch das oft gehörte Schlagwort der Verlängerung der Gewährleistungsfrist bei „verdeckten“ Mängeln ist missverständlich und führt zu Halbwahrheiten, die wie ein Märchen unter den Baubeteiligten weiter überliefert werden.

Zutreffender und juristisch korrekt wäre es, hier von der Haftung für arglistiges Verschweigen von Mängeln zu sprechen. Denn allein das Vorliegen eines verdeckten bzw. erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zu Tage tretenden Mangels begründet an sich noch keinen Anspruch der auch nach Ablauf der Gewährleistung noch durchsetzbar wäre. Hinzu kommen muss immer noch die Arglist als subjektive Komponente beim Auftragnehmer.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist ein derartiges arglistiges Verschweigen eines Mangels dann anzunehmen, wenn der Unternehmer sich bewusst war, dass ein bestimmter Umstand die Entschleidung des Auftraggebers erheblich beeinflusst hat. Der Auftragnehmer wäre dann nach Treu und Glauben verpflichtet, dies dem Bauherrn mitzuteilen.
Diese Voraussetzungen arglistigen Verschweigens brauchen nicht unbedingt beim Unternehmer selbst vorliegen. Es genügt, wenn dies bei einer Hilfsperson der Fall ist.
Arglist oder fehlende Organisation
Von einem besonders augenfälligen Mangel kann unter Umständen auch auf eine mangelhafte Organisation geschlossen werden. Einem arglistigen Unternehmer wird auch gleichgestellt, wer seinen Betrieb fehlerhaft organisiert, da man unterstellt, dass gravierende Mängel bei hinreichender Organisation vorzeitig entdeckt worden wären.
Mit dieser Haftung für grobes Organisationsverschulden trägt die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass am Bau in der Regel arbeitsteilig gearbeitet wird. Daher muss auch ein Schreiner, der einen an ihn vergebenen Auftrag arbeitsteilig ausführen lässt, die organisatorischen Grundvoraussetzungen schaffen, um einschätzen zu können, ob seine Leistung bei Abnahme fehlerfrei ist.
Will der Kunde im Rechtsstreit Erfolg haben, müsste er Tatsachen vortragen, die ein arglistiges Verhalten des Auftragnehmers oder dessen leitenden Mitarbeiters beweisen. Oder Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass der Unternehmer seinen Betrieb so mangelhaft organisiert hat, dass ihm auch gravierende oder besonders augenfällige Mängel entgehen konnten. Diese Beweise lassen sich schwer erbringen. Der Unternehmer müsste erst dann belegen, wie er seinen Betrieb organisiert hat.
Auftraggeber häufig in Beweisnot
Wegen dieser Beweisnot kann der Auftraggeber eine Verlängerung der normalen Gewährleistungsfrist in der Praxis nur in seltenen Fällen erreichen. Die Tatsache, dass Mängel erst nach Ablauf der regulären Gewährleistungsfrist erkennbar werden, spielt nämlich in diesem Zusammenhang keine Rolle. Die verlängerte Haftung ist somit der absolute Ausnahmefall.
Arglistige Täuschung kann beispielsweise die Verwendung unerprobten Materials oder der Einbau anderer als der vereinbarten Baustoffe sein. So hatte in einem jüngst vom BGH entschiedenen Fall der Kunde den Auftrag zur Erstellung einer Verbundfüllung unterhalb der vom Auftragnehmer eingebauten Kunststofffenster erteilt. Für die Verbundfüllung verwendete der Auftragnehmer andere Platten als vereinbart. In dem Fall stand nicht fest, ob die eingebauten Materialien mit den vereinbarten Baustoffen gleichwertig waren. Sechs Jahre nach Abnahme traten an der Verbundfüllung Feuchtigkeitsschäden auf und der Kunde machte nach Ablauf der eigentlichen Gewährleistungsfrist Sachmangelansprüche geltend. Das Gericht entschied hier, dass der Unternehmer sich nicht auf die Verjährung berufen könne, da er den Kunden über den Einbau des Materials arglistig getäuscht habe, weil der dem Kunden die Änderung nicht mitgeteilt habe. Denn der Auftragnehmer musste sich darüber bewusst sein, dass die Verwendung der vereinbarten Materialien für den Auftraggeber von erheblicher Bedeutung ist. Er hätte den Einbau des anderen Materials offenbaren müssen.
Wenn jemand unrichtigen Herstellerangaben vertraut, stellt dies keine Rechtfertigung dar. Dem Auftragnehmer muss trotz anders lautender Herstellerangaben bewusst bleiben, dass mit dem Einbau unerprobter Materialien ein besonderes Risiko verbunden ist.
Bei arglistiger Täuschung spielt auch keine Rolle, ob der Auftragnehmer eine Schädigungsabsicht gegenüber dem Auftraggeber hatte oder ob er einen eigenen Vorteil aus der Verwendung des nicht vereinbarten Baustoffs gezogen hat.
Verjährung innerhalb von zehn Jahren
Nur unter den genannten Voraussetzungen kommt eine verlängerte Haftungsfrist überhaupt in Betracht. Mit der Schuldrechtsreform wurden die Gewährleistungs- und Verjährungsfristen für ab dem nach Jahre 2002 begründete Vertragsverhältnisse geändert. Bis zu diesem Zeitpunkt galt in den beschriebenen Sonderfällen stets die 30-jährige Verjährung. Nach § 199, Abs. 3, Nr. 1 BGB (neue Fassung) verjähren arglistig verschwiegene Mängel nunmehr im Normalfall spätestens nach zehn Jahren von ihrer Entstehung an, ohne Rücksicht auf den Entstehungszeitpunkt allerspätestens nach 30 Jahren. Hat der Auftraggeber aber schon vorher Kenntnis vom Mangel erlangt, tritt die Verjährung innerhalb der Regelverjährungsfrist von drei Jahren ein, und zwar beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Auftraggeber Kenntnis davon erlangt, bei Bauleistungen jedoch nicht vor Ablauf der für diese geltenden „normalen“ gesetzlichen Gewährleistungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme (§ 634a, Abs. 3 i.V.m. § 195 BGB neue Fassung).
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