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Ein Kenianer lernt bayrisch

Die Schulen für Holz und Gestaltung in Garmisch-Partenkirchen aus Sicht eines Afrikaners
Ein Kenianer lernt bayrisch

Hallo, jambo, ich bin Hezborn Omulo. Ich komme aus Kenia, bin 31 Jahre alt und besuche die Meisterschule für Schreiner in Garmisch-Partenkirchen. Die ProWood Stiftung – getragen durch den VDMA – ermöglichte mir ein Stipendium für diese Fortbildung. Dafür bin ich ihr sehr dankbar und möchte meine Erlebnisse und Erfahrungen weitergeben.

In Nairobi (Kenia) wurde ich zum Schreiner ausgebildet und arbeite dort in der SOS-Kinderdorf Berufsschule Nairobi (SOS-Kinderdorf International an der „Technical and Hermann Gmeiner Primary School“) als Lehrer in der Schreinerausbildung. Die Schule bietet auch Ausbildungen zum Elektriker (Ingenieur), Metallbearbeiter, für Ernährung / Hauswirtschaft, Kellner/Koch, Schneider und Textilgestaltung an. Insgesamt besuchen ca. 250 Schüler die Schule, ca. 10 % sind obdachlose Jugendliche und Waisenkinder. Der Besuch kostet 270 bis 400 Euro im Jahr. Schreiner zahlen am wenigsten und die Köche/Kellner am meisten (ca. 150 Euro in 3 Monaten). Wenn man bedenkt, dass ein Brot in Kenia ca. 24 Cent kostet, ist dies für viele Familien nicht finanzierbar. Doch unsere Schule kann ohne das Schulgeld nicht bestehen. Im Vergleich dazu erhalten deutsche Schüler beispielsweise BAföG und müssen in Garmisch kein Schulgeld zahlen.

Ähnlich wie in Deutschland unterrichte ich in Kenia 24 Schulstunden die Fächer Technisches Zeichnen für Schreiner („Architektur“ für Bauzeichner), Mathematik, Fachtheorie und Praxis für Schreiner. Diese Ausbildung dauert drei Jahre und findet nur in der Schule statt. Danach hat man die Möglichkeit, einen eigenen Betrieb aufzubauen, was sich aber fast niemand leisten kann. Häufiger arbeiten die Schüler danach in Schreinerbetrieben, doch das Problem ist, dass auch der Chef oft nicht gut ausgebildet ist und wichtige Maschinen, Vorrichtungen und Materialien fehlen. Deshalb ist die Arbeit nicht effektiv und häufig gefährlich. Außerdem gibt es nur wenige Kunden, die sich solche Möbel leisten können.
Ich bin nach Garmisch gekommen, um zu lernen, wie man die Qualität der handwerklichen Ausführung und die betriebliche Organisation verbessert. Dies will ich an meine Kollegen weitergeben und mehr Ordnung bei der Arbeit, mehr Sauberkeit und Qualität vermitteln. Ich will Projekte besser planen, selbst Vorbild sein, verschiedene Medien und Methoden im Unterricht einsetzen und z. B. regelmäßige Hausaufgaben und mehr Verantwortlichkeiten einführen.
Vielleicht eröffne ich einen eigenen Betrieb, in dem ich dann unsere ehemaligen Schüler anstellen kann. Auch deshalb habe ich im Sommer drei Wochen ein Praktikum in einer einheimischen Schreinerei abgeleistet – und konnte viel Neues über die Organisation eines Betriebes erfahren.
Die Schulen für Holz und Gestaltung in Garmisch-Partenkirchen bieten für mich ein sehr gutes Lernumfeld: Die vier Schulen im Holzbereich (siehe Kasten) ermöglichen vielfältige Grund- und Weiterbildungsmöglichkeiten: Von der Erstausbildung über die Meisterschule für Schreiner bis hin zur Fachakademie für Raum- und Objektdesign. Außerdem kann man sich zum Holzbildhauer ausbilden lassen, wobei man nicht nur mit Holz handwerklich-künstlerisch umzugehen lernt, sondern auch viele andere Materialien fachmännisch anwendet.
An den Schulen für Holz und Gestaltung lernen nur ca. 150 Schüler. Die Atmosphäre ist recht familiär und die Betreuung durch die Lehrer äußerst individuell. Das ist wichtig, wenn es um den Schwerpunkt Gestaltung geht und in hoher Qualität gefertigt werden soll. Auch ist die Schule bestens ausgestattet: Die Maschinenräume sind modern und vielseitig bestückt, die Bildhauer fertigen in atelierartigen, neuen Werkstätten, in der Fachakademie arbeitet jeder in seinem eigenen Arbeitsbereich mit neuen Macs. Mit dieser Grundlage ist es auch möglich, bei wichtigen Wettbewerben Preise zu gewinnen.
Die Schüler kennen sich untereinander und verbringen ihre Freizeit oft gemeinsam in Garmisch-Partenkirchen. Bergseen, Wanderwege und Klettersteige im Sommer oder Langlaufloipen und beste Skipisten im Winter liegen vor der Tür. Die Schüler organisieren auch etliche Schulfeste, Fußballturniere, Faschingsbälle und machen zusammen Musik: Die Schule hat ein reges Schulleben.
Leider reicht dafür die Zeit manchmal nicht aus, öfters etwas zu unternehmen. Große Teile des Unterrichtes laufen in Projekten und dafür wird viel Initiative und Eigenverantwortlichkeit gefordert. Jeder Schüler plant sein Möbel von der ersten Idee über die Konstruktion und Fertigung bis zur Präsentation im Ausstellungsraum.
Gerade haben wir zu viert ein Möbelprojekt abgeschlossen, in dem die komplette Entstehung eines Möbels durchlaufen wird: Wir erstellen eine Marktanalyse, eine Mappe über den Gestaltungsprozess, eine Kalkulation und Arbeitsablaufplanung und arbeiten an einer Homepage unserer fiktiven Firma. Dies alles wird den anderen Schülern bei einer Präsentation vorgestellt, die unsere Ergebnisse natürlich fachlich hinterfragen.
Ganz wichtig ist der Austausch unter den Schülern: Jeder nimmt die Arbeiten der anderen Klassen und Schularten wahr und kann dadurch wichtige Anregungen für die eigene Kreativität und den fachlichen Austausch nutzen.
Das alles in der fremden Sprache zu verstehen und umzusetzen, ist für mich nicht einfach, doch meine Mitschüler sind sehr kooperativ und hilfsbereit. Ich hoffe sehr, dass ich die Meisterprüfung gut abschließen und die vielen Erfahrungen in Kenia gut umsetzen kann. ■

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Vier unter einem Dach

An der Berufsfachschule für Schreiner werden junge Leute zu Schreiner/innen ausgebildet. Diese Lehre beruht auf einer intensiven Vermittlung der gestalterischen und fertigungstechnischen Grundlagen der Möbelschreinerei und dauert drei Jahre in Vollzeitunterricht. Aufnahmevoraussetzung ist ein Hauptschulabschluss und das Bestehen der Aufnahmeprüfung. Der Abschluss entspricht der Gesellenprüfung. Das Materialgeld beträgt 38 Euro/Halbjahr; BAFöG ist möglich. Der Anmeldeschluss ist immer der 1. März.
Die Berufsfachschule für Holzbildhauer vermittelt vielseitiges Wissen und Können für einen handwerklich-gestalterischen Schaffensprozess und legt oft die Basis für eine künstlerische Laufbahn. Aufnahmebedingungen, Unterrichtsform und -zeiten entsprechen der Schreinerausbildung (siehe oben).
An der Meisterschule für Schreiner erhalten die Meisterschüler, neben dem Schwerpunkt Gestaltung, grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten in Technik, Betriebswirtschaft und Mitarbeiterführung, um einen Betrieb selbstständig zu führen oder in leitender Position tätig zu sein. Studienbeginn ist jeweils Mitte Februar und September. Eine abgeschlossene Schreinerlehre ist Voraussetzung. Die Ausbildung dauert drei Semester in Vollzeit und führt zum Meisterbrief. Das Materialgeld beträgt 60 Euro/Halbjahr, Meister-BAFöG ist möglich.
Die Fachakademie für Raum- und Objektdesign vermittelt – in zwei Jahren Vollzeitunterricht – Sicherheit im Gestalten und Entwerfen, Kompetenz im Projektmanagement und die Weiterentwicklung von Führungsqualitäten. Sie wird auf ein Studium einer bayerischen Hochschule (Fachbereich Innenarchitektur/Design) angerechnet. Aufnahmevoraussetzung ist der Meisterbrief eines gestalterischen Handwerks. Beginn im September. Materialgeld usw. wie beim Meister.
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