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Es bleibt spannend

Die Formaldehydemission von Holzwerkstoffen ist in Kalifornien neu geregelt worden
Es bleibt spannend

Es bleibt spannend
Der Autor Harald Schwab ist Fachbereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig und verantwortlich für den Bereich Qualitätsprüfung und -bewertung von Holz und Holzwerkstoffen (Foto: Egger)
Ein Gesetz in Kalifornien soll die Formaldehydemission bei Holzwerkstoffen ab Januar 2009 be-grenzen. Im Gegensatz zu den europäischen sind die neuen kalifornischen Regeln viel detaillierter und strenger. Der Möbelkonzern Ikea musste auf diese neue Regelung reagieren, weil er ein Viertel seines Umsatzes in Nordamerika generiert. Nun verlangt Ikea weltweit von allen Zulieferern bereits die Einhaltung der reduzierten Werte und die damit verbundenen Qualitätssicherungssystems. Welche Auswirkungen wird dies auf den deutschen und europäischen Holzwerkstoffmarkt haben?

Nach wie vor gilt für den Weiterverarbeiter von Holzwerkstoffen in Deutschland, dass er genau darauf achtet, dass die Holzwerkstoffe der Emissionsklasse E1 entsprechen. Am besten lässt er sich dies durch eine Konformitätserklärung des Herstellers oder/und durch ein Zertifikat einer externen Fremdüberwachungsstelle schriftlich bestätigen. In jedem Fall sollte die Platte oder der Plattenabschnitt mit der Herstellererklärung im nachverfolgbaren Zusammenhang stehen. „Es bleibt weiterhin spannend!“ meint unser Autor Harald Schwab und erklärt im Folgenden die Zusammenhänge.

Formaldehyd ist ein farbloser, stechend riechender Stoff, der bei Zimmertemperatur gasförmig vorliegt. Als Gas ist sein Geruch noch in Konzentrationen von 0,05 bis 1 ml/m³ wahrnehmbar. Formaldehyd wird zur Herstellung von Harnstoffharzen und Phenolharzen verwendet, die wiederum bei der Herstellung von Holzwerkstoffen (Spanplatten, MDF, OSB und Sperrholz) eingesetzt werden. Formaldehyd kann bei unsachgemäßer Anwendung Allergien, Haut-, Atemwegs- oder Augenreizungen verursachen. 2004 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO die Substanz Formaldehyd als „krebserregend für den Menschen“ ein, ohne einen neuen Grenzwert dafür vorzuschlagen.
In Deutschland dürfen beschichtete und unbeschichtete Holzwerkstoffe (Spanplatten, Tischlerplatten, Furnierplatten und Faserplatten) nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn die durch den Holzwerkstoff verursachte Ausgleichskonzentration des Formaldehyds in der Luft eines Prüfraums 0,1 ml/m3 (ppm) überschreitet. In Europa hat sich die Emissionsklasse E1 etabliert, die diese Anforderung einhält (siehe DIBt Richtlinie 100 oder EN 13986). Sowohl Hersteller, Händler, Verarbeiter aber auch Endkunden haben mit dieser E1 Klasse in den letzten 10 Jahren leben gelernt. Ein System der freiwilligen oder auch durch die DIBt Richtlinie 100 und EN 13986 bauaufsichtlich geregelte Eigenkontrolle der Hersteller und Fremdkontrolle durch unabhängige Institutionen hatte sich eingespielt. Es gab also trotz der oben genannten IARC Studie kein Grund in Europa etwas an den Grenzwerten für die Formaldehydemission von Holzwerkstoffen zu ändern.
Neue Strenge in Nordamerika
Nordamerika hat sich auf dem Gebiet der Begrenzung von Formaldehydemissionen aus Holzwerkstoffen bis dato wahrlich keinen Namen gemacht. Weder gab es gesetzliche Regelungen die Grenzwerte festlegten, noch ausreichend standardisierte Messmethoden, die die Hersteller in der Qualitätskontrolle bei der Herstellung der Holzwerkstoffe anwenden konnten. Insofern war es kaum verwunderlich, dass bei den europäischen Spezialisten Ende 2007 relativ wenig Aufmerksamkeit erweckt wurde, als die ersten Nachrichten über ein neues Gesetz in Kalifornien bekannt wurden, das die Formaldehydemission bei Holzwerkstoffen begrenzt und ab Januar 2009 wirksam werden sollte.
Das neue Gesetz „Airborne Toxic Control Measure To Reduce Formaldehyde Emissions From Composite Wood Products“, regelt nicht nur die Grenzwerte der Formaldehydemission, sondern fordert auch eine umfassende werkseigene Qualitätskontrolle und eine externe Kontrolle durch so genannte „Third Party Certifiers“. Im Gegensatz zu den europäischen Regeln, sind diese viel detaillierter und strenger. Bei den Grenzwerten der Formaldehydemission gibt das Gesetz zwei „Phasen“ vor. In der ersten Phase, die je nach Holzwerkstoff bis 2010, 2011 oder 2012 gilt, sind die Grenzwerte über den Grenzwerten der E1 Klasse. Das gilt nicht für Sperrholz, hier liegen die Grenzwerte in der Phase 1 bereits unter E1. In der Phase 2 liegen die Grenzwerte – außer bei dünnen MDF – deutlich unter der europäischen Emissionsklasse E1.
Ikea, als der weltweit führende Möbelkonzern, musste auf diese neue Regelung reagieren. Laut eigenen Angaben erwirtschaftet der Konzern 25 % seines Umsatzes in Nordamerika. Kann sich eine Marke wie Ikea auf Dauer erlauben den Kaliforniern oder allen Nordamerikanern Möbel mit einer geringeren Formaldehydemission zu verkaufen als allen anderen Kunden? Ist es logistisch für diesen Konzern überhaupt leistbar beim Einkauf und weltweiten Vertrieb zwischen verschiedenen Emissionsklassen zu unterscheiden? Zwei Fragen die auf den ersten Blick die Entscheidung Ikeas beeinflusst haben. Aber die „Würfel waren schon gefallen, bevor das neue kalifornische Gesetz publik wurde. Ikea hat das erklärte Ziel Emissionen aus den verkauften Möbeln möglichst auf das natürliche Maß zu beschränken. Aus diesem Grund bastelten die Verantwortlichen bei IKEA bereits an eigenen, reduzierten Grenzwerten, bevor Kalifornien die ersten Entwürfe des neuen Gesetzes veröffentlichte. So ist es sicher nur als ein erster Schritt zu sehen, wenn IKEA ab 2009 von allen Zulieferern bereits die Einhaltung der reduzierten Werte der Phase 2 des neuen kalifornischen Gesetzes und des darin beschriebenen Qualitätssicherungssystems verlangt. Zusätzlich müssen alle Zulieferer spätestens ab 2010 eine formelle Zertifizierung durch CARB „California Air Recources Board“ vorweisen.
Das bedeutet für die Hersteller der Holzwerkstoffe, die Formaldehydemission für Produkte, die Ikea zugeliefert werden, auf einen Emissionswert von ca. 50 % bis 60 % des Grenzwertes von E1 zu reduzieren. Das dies nicht einfach mal durch das Drehen an einem der vielen Rädchen einer z. B. Spanplattenanlage zu machen ist, dürfte allen klar sein.
Die Folge werden Preiserhöhungen sein. Dies kommt in Zeiten einer dem Endverbraucher kaum erklärbaren Verknappung des natürlich nachwachsenden Rohstoffes Holz (was auch Auswirkungen auf den Preis hat) sehr ungelegen. Auch sei darauf hingewiesen, dass dies ein Beispiel wie aus dem Schulbuch ist, um die Auswirkung der Globalisierung nachverfolgbar aufzuzeigen. Wenn demnächst also das Bücherregal teurer wird, dann hat dies etwas mit dem derzeit amtierenden kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger zu tun.
Deutscher und europäischer Holzwerkstoffmarkt
Welche Auswirkungen wird dies auf den deutschen und europäischen Holzwerkstoffmarkt haben? Der Europäische Holzwerkstoffverband (EPF) hat im Nachgang zu dem neuen kalifornischen Gesetz und der neuen Ikea-Richtlinie nun auch beschlossen, zukünftig nur noch Holzwerkstoffe mit reduzierten Grenzwerten zu vertreiben. Diese reduzierten Grenzwerte liegen ungefähr bei denen der neuen Ikea-Richtlinie. Das betrifft den größten Teil der europäischen Holzwerkstoffindustrie. Bei den Holzwerkstoffhändlern werden also in naher Zukunft (fast) nur noch Holzwerkstoffe mit reduzierten, unter der E1 Klasse liegenden Grenzwerten zu finden sein (sofern diese aus europäischer Produktion stammen!). ■

Die Fakten

Im Überblick

Zusammengefasst lassen sich zurzeit folgende Eckpunkte festhalten:
  • nach wie vor gilt der deutsche Grenzwert von 0,1 ppm Formaldehydemission als ungefährlich;
  • das neue kalifornische Gesetz gilt ab 1. Januar 2009 und ist ausschließlich auf Kalifornien begrenzt;
  • ob weitere amerikanische Bundesstaaten das Gesetz übernehmen oder eigene Gesetze erarbeiten, ist derzeit noch nicht klar;
  • weltweit gibt es von Kalifornien anerkannte Zertifizierungsstellen, die Holzwerkstoffe als so genannte Third Party Certifier zertifizieren dürfen;
  • Ikea fordert von seinen Zulieferern seit dem 1. September 2008 die Einhaltung niedrigerer Grenzwerte als die der Emissionsklasse E1;
  • Ikea übernimmt das wesentlich strengere Qualitätssicherungssystem der werkseigenen und externen Kontrolle in seine Anforderungen;
  • der europäische Verband der Holzwerkstoffindustrie hat sich auf eine eigene Beschränkung der Formaldehydemission unterhalb der Grenzwerte von E1 geeinigt;
  • die niedrigeren Emissionswerte werden voraussichtlich Auswirkungen auf den Preis der Holzwerkstoffe haben;
  • geplante Änderungen an den deutschen Gesetzesgrundlagen sind derzeit nicht bekannt.
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