„Wir verzeichnen Stornierungen und Aufschübe von Aufträgen, weniger Anfragen und haben teilweise Kurzarbeit angemeldet. Viele Kunden sind verunsichert, was die Zukunft bringt. Da muss man eine gute Balance zwischen Vertrieb und Verständnis finden. Menschlich verstehe ich meine Kunden, unternehmerisch fällt es mir schwer: Der Onlinehandel boomt, Schwarzarbeit floriert, die Baumärkte werden leer gekauft, und kurz vor dem Shutdown verzeichnet der Einzelhandel den umsatzstärksten Tag seit Langem. Das erscheint mir widersprüchlich.
Es wurden vermehrt Spuckschutzteile und Desinfektionsmodule bei uns nachgefragt, die wir auch hergestellt und installiert haben. Dieses ist aber vermutlich ein kurzlebiger Geschäftszweig. Im Moment setzen wir hauptsächlich auf Kundenbindung und Öffentlichkeitsarbeit, um zu zeigen „Wir sind da“. Kunden sind verunsichert, ob und wie wir arbeiten und ob wir überhaupt so arbeiten können, dass es zu keiner Infektion kommen kann.
In der Zukunft werden wir sicher vieles im Bereich „Digitalisierung“ verändern müssen. Der persönliche, direkte Kundenkontakt, der uns natürlich sehr wichtig ist, muss neu geregelt und organisiert werden. Diese Krise sollte uns eine Lehre und eine Erfahrung sein. Wir sind alle in eine Welt hineingeboren worden, die nach dem zweiten Weltkrieg keine vergleichbare Krise durchlebt hat. Das prägt uns sehr. Leider neigt der Mensch aber auch zum Vergessen: Aktionen, wie #supportyourlocals werden derzeit zwar gut angenommen. Ob das aber so bleibt, mag ich bezweifeln.
Dank eines guten Krisenmanagements der Bundesregierung sehe ich aber positiv in unsere handwerkliche Zukunft. Wenn ich ein Jahr nach vorne blicke, dann hoffe ich natürlich zuallererst, dass unsere Tischlerei diese Krise überlebt. Wir bleiben auf jeden Fall dabei: Das Glas ist immer halb voll, bis es wirklich ganz leer ist.
Mir persönlich fehlt der Umgang mit Menschen, Hände schütteln, herzen und in den Arm nehmen. Es ist plötzlich alles so komisch auf Abstand. Zudem erschrecke ich mich über politische Weltgeschehnisse, die von fragwürdigen Oberhäuptern stammen und sehe ganz klar, welch ein Glück wir haben, in Deutschland zu leben. Auch für die Politik ist diese Situation eine gänzlich neue und wir sind bisher mit einem fetten blauen Auge davongekommen. Bisher wurde sehr viel richtig gemacht, auch wenn es einige Branchen sehr hart trifft. Im weltweiten Vergleich geht es uns gut. Das verdanken wir dem Wohlstand in unserem Land, der getragen wird von uns – dem Mittelstand, dem Handwerk. Ich bin überzeugt: Gesunde Unternehmen werden auch gesund durch die Krise kommen.
Als Kreishandwerksmeister wünsche ich mir Investitionsanreize für Gewerbe, Industrie und Privathaushalte seitens der Politik. Das würde das Handwerk für die nächsten zwei Jahre sicher gut unterstützen. Das Handwerk stellt gerade wieder Beweis, dass es auch in dieser schweren Zeit ein anpackender, zuverlässiger Versorger und Dienstleister für die Bevölkerung und Unternehmen ist.“ (cn)
Jörg Klintworth Tischlerei GmbH
21717 Helmste
Coronakrise: Das sagen Kollegen
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