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„Ich bin kein Computer-Freak“

BM-Interview: CNC-Technik in der Ausbildung
“Ich bin kein Computer-Freak”

Was halten Auszubildende von der CNC-Technik? Wer gibt ihnen das nötige Rüstzeug für die neuen Technologien an die Hand? Über Schule und Beruf, aber auch über ganz persönliche Fragen sprachen wir mit Wibke Koch (21), Schreiner-Azubi im 2. Lehrjahr. In ihrem Lehrbetrieb, der Innenholz GmbH in Wiesbaden, gehören computergestützte Arbeitsvorbereitung und CNC-Fertigung zum Alltag.

BM Warum haben Sie sich für den Beruf der Schreinerin entschieden? Die kreativen Möglichkeiten? Das schöne, warme Material?

Wibke Koch Ich wollte auf jeden Fall etwas Handwerkliches machen – Ein Handwerk, das Spaß macht und das mir in der Zukunft etwas bringt.
BM Was erwarten Sie von Ihrem Beruf?
Wibke Koch Ich arbeite 8,5 Stunden am Tag, das ist ein großer Teil meines Lebens. Der Beruf muss wirklich Spaß machen, das ist mir am Wichtigsten, Geld ist nicht entscheidend.
BM Sie machen eine Ausbildung bei der Firma Innenholz, die auf CNC-Fertigung setzt. Vermissen Sie nicht den intensiven Kontakt zum Material?
Wibke Koch Das war das Beste, was mir passieren konnte. Ich habe mir vorher mehrere kleine, puckelige Schreinereien angeschaut. Das kann man gar nicht vergleichen. Hier ist die Technik auf dem neuesten Stand. Mich reizt der Umgang mit Computern und bei “Innenholz” kann ich alles von Grund auf lernen. Aber natürlich arbeite ich nicht nur an den computergesteuerten Maschinen. Ich mache alles: Lackieren, mal ein Übungsstück, Schleifen, Montage …
BM Was reizt Sie speziell an der CNC-Technik?
Wibke Koch Alles wird im Büro gut vorbereitet und an der Maschine kann man gleich loslegen. Alle Einstellungen sind festgelegt, dann geht es schnell und ist präzise. Außerdem muss man mit der Zeit gehen, in dieser Technik liegt einfach die Zukunft.
BM Konnten Sie den Unterschied zu konventionell arbeitenden Schreinereien vorher schon richtig einschätzen?
Wibke Koch Nein. Mich hat die offene Atmosphäre beeindruckt. In dieser Firma gibt es keine verwinkelten Ecken und auch keine verwinkelten Antworten.
BM Bei der Arbeitsprobe in der Gesellenprüfung sind Standardmaschinen und Handarbeit angesagt. Fehlt Ihnen dann nicht die Übung?
Wibke Koch Ich übe natürlich auch Holzverbindungen von Hand. Vor der Zwischenprüfung konnte ich in der Werkstatt ein kleines Schränkchen bauen – mit offenen und halbverdeckten Zinken, Gratleiste, Schlitz und Zapfen. Das kam mir sehr zu Gute.
BM Fertigen Sie auch Aufträge von Anfang bis zum Ende?
Wibke Koch Ja, kleine Sachen. Ansonsten fertige ich Teilaufträge. Ich schaue dann, ob ich damit zurecht komme; wenn nicht, frage ich.
BM Das hört sich gut an.
Wibke Koch Ich setze mich aber auch selbst ganz schön unter Druck. Ich will alles möglichst gut machen und natürlich auch in einer gewissen Zeit.
BM Gibt es Zeitvorgaben?
Wibke Koch Nein, ich mache mir den Druck selber.
BM Das Arbeiten an den computergesteuerten Maschinen lernen Sie nicht im Maschinenkurs.
Wibke Koch Nein, ich werde hier im Betrieb umfassend unterwiesen. Das machen die Kollegen in der Werkstatt, ausgebildete Holztechniker und Schreinermeister. Jeder nimmt sich mal die Zeit.
BM Horizontale Plattensäge, elektronisch gesteuerte Formatkreissäge, CNC-Bearbeitungszentrum, Kantenanleim- und Bearbeitungsautomat, Breitbandschleifmaschine oder Dübelbohr- und Eintreibautomat – Haben Sie alle diese Maschinen im Griff? Dürfen Sie selbstständig an den Maschinen arbeiten?
Wibke Koch Na ja, die Kollegen gucken immer, ob ich alles richtig eingestellt habe. Aber wenn alles in Ordnung ist, kann ich loslegen.
BM Sie sind mit Fachhochschulreife vergleichsweise hochqualifiziert. Würde sich jemand mit Hauptschul-Abschluss in diesem Umfeld nicht schwer tun?
Wibke Koch Ich denke, je älter jemand in der Ausbildung ist, desto mehr Verantwortung wird ihm übertragen und desto höher sind die Anforderungen. Natürlich bin ich Azubi – aber ich darf schon mehr tun, als Straße kehren und Vesper holen.
BM Wird Ihr Gesellenstück auch CNC-bearbeitet sein?
Wibke Koch Ich habe noch kein Stück geplant, aber ich wünsche mir natürlich, dass ich meine Erfahrungen mit computergesteuerten Maschinen auch bei meinem Gesellenstück umsetzen kann – neben den üblichen handwerklichen Anforderungen.
BM Schreiben Sie dann die nötigen Programme selber?
Wibke Koch Bei Fräs- oder Bohrprogrammen bräuchte ich wohl die Hilfe der Kollegen. Aber die Arbeitsvorbereitung, z. B. die Holzliste mit genauen Maßen, die Beschlagliste und dergleichen, mache ich auf alle Fälle mit dem PC-Branchenprogramm im Büro – einen Brettriss in der Werkstatt wird es bei mir nicht mehr geben.
BM Können Sie sich vorstellen, dass sie später nur an der CNC-Maschine stehen?
Wibke Koch Nein, das wäre mir zu einseitig. Ein bisschen Handarbeit muss schon sein. Vielleicht wäre es etwas anderes, wenn ich schon programmieren könnte. Das macht bestimmt auch Spaß.
BM In Ihrem Lehrbetrieb ist auch die Arbeitsvorbereitung computergestützt. Dürfen Sie manchmal ins Büro hineinschnuppern?
Wibke Koch Ja, zwar nicht häufig, nur wenn die Zeit da ist. Ich gebe Material ein und schaue den Kollegen ein wenig über die Schulter.
BM Waren Sie schon vor Ihrer Berufsausbildung mit Computern auf “Du und Du”? Haben Sie zum Beispiel einen Internet-Anschluss?
Wibke Koch Eigentlich nutze ich Computer erst seit zwei, drei Jahren. Aber nicht intensiv, nur ein bisschen Textverarbeitung und Surfen im Internet. Mein Vater hat einen Internetanschluss, den kann ich nutzen, wann ich will.
BM Und das tun Sie auch?
Wibke Koch Ich bin kein Computerfreak. Ich spiele auch nicht am Computer. Die Informationen, die ich brauche, ziehe ich mir herunter. Für mich ist der Computer ein Werkzeug mit ganz praktischem Nutzen.
Besonders viel Ahnung hatte ich nicht, habe ich eigentlich jetzt auch noch nicht. Aber durch meine Arbeit hier lerne ich immer dazu.
BM Haben Sie in der Berufsschule mit CNC-Technik zu tun?
Wibke Koch Wenig, das kann ich dort eigentlich nicht so recht ernst nehmen. Wir haben in der Schule in einem Abstellräumchen eine kleine NC-gesteuerte Handoberfräse für Schulungen, mit der wir unsere Namen schreiben durften – für´s Gesellenstück. Die Maschine hat eine Grundfläche von vielleicht 1 x 0,5 Meter. Ich weiß natürlich nicht, wie es auf mich gewirkt hätte, wenn ich nicht die Maschinen hier in meiner Lehrwerkstatt stehen hätte. Vielleicht hat es den anderen mehr gebracht. Außer mir hat nur noch einer in meiner Klasse die Möglichkeit, an einem Bearbeitungszentrum zu arbeiten. Aber die Technik in der Berufsschule erscheint mir veraltet. Das ist eigentlich nur ein Spielzeug … und die Lehrer tun so, als sei es der letzte Schrei.
BM Alle Lehrer?
Wibke Koch Nein, natürlich nicht alle. Mein Klassenlehrer ist noch jung und hätte natürlich gern den neusten technologischen Stand. Aber es fehlen auch oft die Gelder.
BM Die Schüler werden also nicht wirklich neugierig auf die neue Technik?
Wibke Koch Nein, überhaupt nicht. Es wird kurz gezeigt, wie die Maschine funktioniert und wie man sie bedienen muss. Der, den es interessiert, den interessiert´s halt; der Rest schläft.
BM Gibt es in der Berufsschule CAD-Unterricht?
Wibke Koch Wir hatten im BGJ einen EDV-Kurs. Dort haben wir zum Beispiel Texte formatiert, ein wenig gezeichnet, aber noch keine richtigen Werkzeichnungen, nur Kleinigkeiten. Aber eine gute Einführung war es schon, der Lehrer wollte uns wirklich etwas vermitteln. Allerdings muss ich da auch ein bisschen meckern: Oft war der Server überlastet und soviel Zeit hat man ja auch nicht. Da fehlen anscheinend die Mittel, um ein leistungsfähigeres System zu installieren.
Vieles hängt aber im BGJ auch an den Schülern. Manche interessieren sich nicht richtig. Hier in Wiesbaden kommt jeder ins BGJ rein, ob er nun eine Lehrstelle hat oder nicht. Es sind Leute dabei, die einfach aufhalten. Das ist schade. Manchmal hängen wir tagelang an Sachen, die wir viel schneller abhaken könnten. Klar, muss Rücksicht genommen werden, aber man könnte es auch anders regeln. Zum Beispiel könnte es an der Berufsschule Zusatzangebote auf freiwilliger Basis geben.
BM Das heißt, die Schüler sind nicht richtig motiviert?
Wibke Koch Ja, die haben zum Teil einfach keinen Bock. Es gibt also verschiedene Gründe und die Schuld kann nicht nur bei den Lehrern oder der fehlenden Technik gesucht werden.
BM Sind Sie zufrieden mit Ihrer Ausbildung hier bei der Innenholz GmbH? Welche Kritikpunkte gibt es?
Wibke Koch Na ja, in der Werkstatt ist es sehr eng. Das macht es manchmal kompliziert. Außerdem ist der Leistungsdruck groß; aber das brauche ich, dadurch komme ich weiter.
BM Sind sie der einzige Azubi?
Wibke Koch Zur Zeit ja. Manchmal fehlt es mir ein wenig, mit jemand zu reden, der in der gleichen Situation ist wie ich.
BM Bläst Ihnen als Frau der Wind ins Gesicht?
Wibke Koch Klar werden Sprüche geklopft. Aber das ist nicht ernst gemeint. Und irgendwann hört man drüber weg.
BM Das Ideal vom “lebens-langen Beruf” gehört der Vergangenheit an. Wo soll es bei Ihnen beruflich mal hingehen?
Wibke Koch Das weiß ich noch nicht. So lange bin ich ja noch gar nicht dabei. Seit einem Jahr bin ich hier im Betrieb. Es gibt viele Möglichkeiten, vielleicht gehe ich in die Arbeitsvorbereitung oder in die Kunden-betreuung. Wenn man älter wird, ändern sich auch die Vorstellungen, ich bin offen für vieles. Mag sein, dass ich noch studiere.
BM Wollen Sie Karrieremachen?
Wibke Koch Ja, klar.
BM Eine Führungsposition könnten Sie sich durchaus vorstellen?
Wibke Koch Ich hätte kein Problem damit, wenn sich das so entwickelt. In solch eine Position würde ich schon hineinwachsen. Aber ich habe auch keinen Erfolgdruck. Falls ich Kinder bekomme, dauert es eben länger und der Spaß darf natürlich auch nicht verloren gehen.
Regina Adamczak
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