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„Kooperation muss unkompliziert sein“

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“Kooperation muss unkompliziert sein”

"Kooperation muss unkompliziert sein"
Hat auch Zeit für Kinder: Schreinermeister Johannes Wittich mit seiner jüngsten Kundin Noah
Neugierig sein, Hemmschwellen abbauen, miteinander reden, diesen Rat gibt Schreinermeister Johannes Wittich seinen Kollegen. Sich der Konkurrenz und der Industrie zu erwehren, spiele in kleinen Betrieben gar keine so große Rolle, meint er. Auch wenn man gegen-über vermeintlichen ,Konkurrenten’ offen sei, könne man genügend Arbeit und zufriedene Kunden haben.

BM Viele Selbstständige arbeiten fast rund um die Uhr. Sie gehören nicht dazu?

Wittich Ich arbeite durchschnittlich 45 Stunden pro Woche. Aber ich trenne nicht zwischen Arbeit und Leben. Arbeiten muss Spaß machen und lebendig sein.
BM Und deshalb kooperieren Sie?
Wittich Ich weiß gar nicht, ob das, was ich mache, so außergewöhnlich ist. Ich kooperiere auf verschiedenen Ebenen: Ich nutze CNC- und Breitbandschleifmaschine bei einem Kollegen, andere nutzen unsere Plattensäge oder unser großes Leimholzlager. Wir können anderen Schreinereien Treppen anbieten. Auch Einzelmöbel fertige ich für Kollegen und gebe andererseits Kunden, die unbedingt eine Küche aus weißbeschichteter Spanplatte möchten, an einen anderen ab, der das besser kann. Bei großen Aufträgen übernehme ich die Planung und gebe Bereiche der Fertigung aus Kapazitätsgründen ab oder teile sie mit meinen Werkstatt-Kollegen. Auch der Kostendruck der Werkstatt-Ausstattung teilt sich bei uns durch drei. Weil mir zum Lackieren Lust und Räumlichkeiten fehlen, übernimmt das ebenfalls ein anderer für mich – richtig gut dagegen sind wir bei Öl- und Wachs-Polituren. Fenster machen wir nur, wenn es sich um Spezialanfertigungen handelt. In der Regel gebe ich auch solche Aufträge ab und empfehle jemanden, von dem ich weiß, dass er darauf eingerichtet ist und gute Arbeit macht. Ich habe so viel schöne Arbeit, bei der ich das Material verwenden kann, das ich verwenden will, ich kann mit den Kunden über die Gestaltung sprechen, die Leute zahlen pünktlich. Uns geht’s gut.
BM Das kann zur Zeit nicht jeder sagen. Wie kommt’s?
Wittich Ganz davon abgesehen, dass ich den Eindruck habe, dass viele Kollegen auf hohem Niveau klagen: Das Thema Kooperation ist für mich keine ,Frage der Not in einem enger werdenden Markt’, sondern eine Chance, die mannigfaltigen Ideen in meinem Arbeitsumfeld wahrzunehmen. Zusammenarbeit beginnt, wenn man sich Schwächen eingestehen kann, Unwissen zeigt, fragt und miteinander über Probleme redet. Es kocht doch jeder nur mit Wasser; keiner weiß alles, aber nur wenige wollen das zugeben. Ich könnte mir vorstellen, dass ich auch deshalb genügend Aufträge habe, weil ich interessiert und neugierig bin. Und auch dem Kunden gegenüber Schwächen zeige. Ich gebe offen zu, wenn ich etwas noch nie gemacht habe, aber Lust dazu hätte … und bekomme den Auftrag. Aber wenn ich der Meinung bin, ein anderer kann es besser, dann geht der Kunde mit der Adresse des Kollegen bei mir raus.
Es gibt inzwischen eine Menge ausgefeilter und durchdachter Kooperationsmodelle, die nur zum Teil mit Leben erfüllt sind. Zum Teil scheint mir mehr der Wunsch Vater des Gedankens, die Wellenlängen übereinstimmen und man ins Gespräch kommt.
BM Wie sieht denn die ideale Kooperation Ihrer Meinung nach aus?
Wittich Kooperation bedeutet Kommunikation. Aber Kommunikation ist auch in Zeiten von Handy, Fax und E-Mail und Internet immer weiter in den Hintergrund getreten und nicht stärker geworden. Es geht ja nicht darum, eine Information schnell zu übermitteln, sondern darum, miteinander zu reden. Das ist ganz einfach und macht Spaß.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, den anderen kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Auch das Vertrauen und das Wissen, dass die Qualität stimmt, die ich ja meinen Kunden gegenüber verantworten möchte. Ich habe einfach Lust, unkompliziert zu kooperieren und verzichte gerne auf 20 Seiten Anhang mit detaillierter Beschreibung. Ein anderes Beispiel: Erst neulich rief mich ein Kollege an, weil er ein kurzfristiges Darlehen in Höhe von 5000 Euro brauchte. Schön, wenn man da vorübergehend einspringen kann.
Ich organisiere zusammen mit Kollegen auch Fortbildungen zu Themen, die uns interessant erscheinen – sei es nun Glas, Finanzierung und Finanzmanagement oder einfach ein Erste-Hilfe-Kurs. Dabei geht es um Weiterbildung genauso wie um einen offenen Austausch.
Dieser Austausch braucht nicht unbedingt unternehmerischen Sinn machen. Ich bin auch ein wenig ‚wunderfitzig’, so sagt man hier: Ich schaue mir oft andere Werkstätten an, nicht nur Schreinereien. So entstehen interessante Bekanntschaften. Ich kenne Glasbläser, Drechsler, Gartenbauer, Bildhauer. Mir geht es dabei um den mensch-lichen Austausch. Vieles ist ganz unspektakulär, aber es erweitert unser Spektrum.
BM Vieles von dem, was Sie sagen, klingt ganz schön abgehoben.
Wittich Na, das haben Sie aber nett ausgedrückt … Sie meinen idealistisch und ganzheitlich schwebend? Ist es aber nicht. Natürlich arbeite ich auch, um Geld zu verdienen. Wir haben eine Menge Stress, die Aufträge müssen pünktlich raus und ich muss Rechnungen schreiben, um einigermaßen liquide zu bleiben.
Jedoch spielt dieses ,sich der Konkurrenz und der Industrie erwehren zu müssen’, in kleinen Schreinereien gar keine so große Rolle. Die Vorstellung, man grabe sich gegenseitig das Wasser ab, ist falsch. Auch wenn man gegenüber vermeintlichen ,Konkurrenten’ offen ist, kann man genügend Arbeit und zufriedene Kunden haben. Ich kann den Kollegen nur den Tipp geben, neugierig zu sein, Hemmschwellen abzubauen, miteinander zu reden, die eigene Wichtigkeit zurück zu nehmen und Schwächen offen zu zeigen. o
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