Normalerweise verbindet man mit einem Schaukelstuhl entweder die strickende Großmutter am wärmenden Kachelofen oder den heftig ruckelnden Gesundheitsfanatiker auf einem Designmonster aus dem Sanitätshaus. Anders der Schaukelstuhl „Legless“, mit dem die Hamburger Studenten nicht nur ein modernes, in seiner Schlichtheit ergreifend zeitloses Design, sondern auch eine Neudefinition des uralten Themas „Schaukeln und Wohlfühlen“ gelang.
Die Eingangsvoraussetzung für den Werdegang von „Legless“ – so haben die Studierenden den Schaukelstuhl genannt – ist ein wesentlicher Ausbildungsinhalt der Fachschule für Holztechnik in Hamburg. In einem gemeinsamen Projekt sollen alle Schüler ein Möbel entwerfen, zur Serienreife hin entwickeln und anschließend auch produzieren. Das Thema Sitzmöbel haben die Schüler selbst gewählt. Die Entscheidung dafür war also keine Vorgabe des Dozenten bzw. der Schule. Indirekt hat die Schule allerdings die Themenfindung durch ihr Inventar beeinflusst. Ein bequemer Stuhl erhöht doch sehr die Aufmerksamkeit, was sich bei einem Schulbesuch als vorteilhaft darstellt. Unter der Prämisse „Aktives Schaukeln“ entwickelte die Klasse auf Basis einer unter ergonomischen Aspekten erarbeiteten Sitzform ihren Schaukelstuhl. Dabei entstanden im gesamten Entwicklungsverlauf zahlreiche Prototypen, bei denen immer wieder Schaukelradius, Sitzhöhe und die Ausformung der Lehne korrigiert wurden. Bei der Konstruktion haben sich schnell die Vorteile einer Rahmenbauweise im Hinblick auf Gewicht und Materialeinsatz herausgestellt. So stand der Umsetzung nichts mehr im Wege. Die Rahmen sind aus Multiplex gefertigt worden, welche dann mit Biegesperrholz belegt wurden. Alle Verleimarbeiten, wie auch die Furnierbeschichtungen sind in einem Vakuumsack gefertigt worden. Die geölte Oberfläche soll in diesem Zusammenhang die der Natur entnommenen organischen Formen unterstreichen. Dieser Stuhl aus Holz besticht zum einen durch seine Form, zum anderen durch seine Leichtigkeit. Mit gerade mal 10 kg ist er trotz seiner Größe fast federleicht. Parallel zu dem Kleinserienmöbel „Legless“ haben sich einige Schüler mit einem anderen Herstellungsverfahren beschäftigt. So wurde das von dem schweizerischen Gestaltungsbüro entwickelte Fertigungssystem „Zipshape“ anhand der Form des „Legless“ weiter entwickelt und realisiert.
Auf der Möbelmesse 2009 in Köln – wo die Studenten ihr Kleinserienprojekt präsentierten – gelang der Klasse FH 07 ein Riesen-Coup: Sie konnten sich vor dem Ansturm kaum retten. Die Angebote für die zehn eigens für die Messe produzierten Stühle häuften sich so, dass die Objekte – der Gerechtigkeit halber – versteigert und nicht verkauft wurden. Die Nominierung des Stuhls unter den 25 besten Designs für den „Interior Innovation Award Cologne ’09“ gab weiteren Grund sich zu freuen. ■
Fachschule für Holztechnik
22081 Hamburg
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