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Leichte Möbel – schwer in Ordnung?

Verbrauchermeinung zu Leichtbau-Möbeln
Leichte Möbel – schwer in Ordnung?

Hat der Verbraucher die schweren Möbel leid, oder haben’s Light-Möbel noch schwer? Und welches Gewicht besitzt die Leichtigkeit von Wohnmöbeln nun eigentlich im Kundenurteil? Diese schwerwiegenden Fragen legt unser Autor Professor Martin Stosch auf die Goldwaage. Die sehr interessanten Erkenntnisse sind Ergebnis einer in dieser Form bislang einmaligen Befragung von Endverbrauchern, das nach dem Verfahren der Conjoint-Analyse durchgeführt wurde.

Die zugrunde liegende Datenerhebung wurde in Kooperation eines deutschen Marken-Möbelherstellers mit zwei Laboren des Fachbereichs Produktion und Wirtschaft an der Fachhochschule Lippe und Höxter (Labor für Möbelbau, Prof. Dipl.-Ing. Martin Stosch und Labor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, Prof. Dr. Ingo Kracht) initiiert und im Rahmen einer Diplomarbeit im Studiengang Holztechnik von Dipl.-Ing. Roman Hagen erfolgreich durchgeführt. Als Methode der Erforschung des eingangs hinterfragten Verbraucherverhaltens wurde das Verbundmessungs-Verfahren der so genannten Conjoint-Analyse gewählt. Die Stärke der Conjoint-Analyse liegt an der Ähnlichkeit der Datenerhebungssituation mit der realen Komplexität einer Kaufentscheidung, der ja ebenfalls immer ein verbundenes Kundenurteil zugrunde liegt (vgl. CONsider JOINTly). Aus den gewonnenen Daten lässt sich im Nachgang mit Hilfe statistischer Verfahren einerseits die relative Wichtigkeit der Merkmale für die Präferenzbildung ermitteln und andererseits der exakte Beitrag jeder einzelnen Merkmalsausprägung für eine positive Kaufentscheidung mit einem so genannten Teilnutzenwert bemessen. Die Grafik oben auf dieser Seite zeigt die hier gewählten Merkmale und ihre Ausprägungen, links daneben sind die Visualisierungen der vier unterschiedlichen Designstile zu sehen.

Alle Messergebnisse beziehen sich auf die Kundenmeinung zu Wohnmöbeln im mittleren Marktsegment. Bevor die Ergebnisse vorgestellt werden, muss darauf hingewiesen werden, dass die Verarbeitungs- und Materialqualität als wohl wichtigstes Entscheidungskriterium beim Wohnmöbelkauf aus Praktikabilitätsgründen nicht (bzw. nur mittelbar über das Möbelgewicht) in die Messungen eingegangen ist. Demnach liegen – wie in der Grafik auf der rechten Seite oben dargestellt – die Relevanzwerte (Wichtigkeiten bei der Präferenzbildung) für das Design bei über 45 % und für den Preis bei über 30 %. Damit liegen sie weit vor den Werten der drei weiteren Merkmale Gewicht, Marke und Service, die sich recht einheitlich bei etwa 8 % wieder finden.
Dies mag zunächst für alle Leichtbauengagierten ernüchternd klingen, ist es aber „bei Lichte betrachtet“ gar nicht. Immerhin bringt es der „Neueinsteiger“ Gewicht in den „Relevanzcharts“ auf Anhieb in die Regionen der „Evergreens“ Marke und Service. Betrachtet man die Investitionssummen, die für den Aufbau und die Pflege einer Möbelmarke notwendig sind, sowie die erheblichen Kosten, die mit einem umfassenden Transport- und Montageservice einhergehen, dann lässt sich die Attraktivität eines Angebotes vergleichsweise zum Nulltarif durch die Erweiterung der Kommunikationspolitik auf den Aspekt des Gewichts steigern: eine doch erfreuliche Perspektive, oder? Die Grafik auf der rechten Seite unten schließlich zeigt den konkreten Beitrag der einzelnen Merkmalsausprägungen in Form der ermittelten Teilnutzenwerte. Betrachtet man die Ausprägungen des Merkmals Design, so zeigt sich, dass der Stil Modern mit einem übergroßen positiven Teilnutzenwert, der Stil Avantgarde immerhin noch mit einem kleineren positiven Teilnutzenwert in den Gesamtnutzenwert eingeht, die Stile Landhaus und Funktional jedoch sehr negativ zu Buche schlagen.
Das Ergebnis ist in dieser Deutlichkeit sicherlich überraschend. Beim Merkmal Preis überrascht dagegen keinesfalls die grundsätzliche Tendenz, kleiner Preis – hoher Teilnutzenwert bzw. hoher Preis – geringer Teilnutzenwert. Bemerkenswert ist hier einerseits die riesige Spanne zwischen beiden Maxima und andererseits die Positionierung in die Mitte. So besitzt in den Augen der Verbraucher der mittlere Preis (599,- Euro) immer noch einen deutlich positiven Teilnutzenwert. Die Mehrheit der Probanden empfindet diese Preisgestaltung offensichtlich als interessante Offerte, was hier gar nicht nachdrücklich genug herausgestellt werden kann.
Bezüglich des Merkmals Marke schneiden beide Markenhersteller, die italienische Edelmarke wie auch der deutsche Markenmöbelhersteller, mit einem als gleich anzusehenden positiven Wert ab, wogegen die dritte Alternative, der osteuropäische No-Name-Hersteller einen deutlichen Minuswert verbucht.
Der Transport- und Montageservice steht mit dem dritthöchsten positiven Teilnutzenwert relativ hoch im Kurs. Mitnahme und Selbstmontage sind wohl doch eher ein akzeptiertes Übel und werden von der Mehrheit der Verbraucher im mittleren Marktsegment keinesfalls als willkommene, heimwerkerische Herausforderung angesehen. Von besonderem Interesse ist natürlich die Betrachtung der Werte für die drei Ausprägungen zum Merkmal Gewicht. Das heute übliche Möbelschwergewicht, hier repräsentiert durch den Werkstoff MDF (660 kg/m³), wird vom Verbraucher gerade noch toleriert. Der Teilnutzenwert nahe Null zeigt, dass von einem derartigen Möbelgewicht kein negativer Nutzenbeitrag für das Kaufangebot ausgeht, aber eben auch kein positiver Effekt! Ganz anders von der Leichtbauvariante, hier repräsentiert durch die an sich klassische Stäbchenplatte (440 kg/m³): Die Produktmerkmalsausprägung Leichtbau kann mit dem vierthöchsten Teilnutzenwert in unmittelbarer Nähe zum Full-Serviceangebot und zum aktuellen Gestaltungsstil gemessen werden. Das ist ein deutliches Votum und es zeigt die hohe Akzeptanz, die eine „Schlankheitskur“ im Möbelbau in den Augen der Verbraucher besitzen würde. Gleichzeitig gibt es aber wohl auch (noch) eine gewisse „Schmerzgrenze“, und die scheint bei der Extra-Leichtbauvariante, hier repräsentiert durch eine Papierwabenplatte in Sandwichkonstruktion (Expansionswabenfüllung mit 3 mm Decks sowie schmalen internen Rahmen aus Fichte mit einer Rohdichte von ges. 300 kg/m³) überschritten zu sein. Dieses extra-leichte Möbelgewicht scheint die kulturell verwurzelte Sichtweise „schwere Ware = gute Ware“ zu sehr zu strapazieren und provoziert eine messbare Ablehnung, die im negativen Teilnutzenwert deutlich zum Ausdruck kommt.
Echte Wabenplatten-Fans brauchen nun keinesfalls vorschnell den Kopf in den Sand stecken. Betrachtet man die Rohdichte der neuen Leichtbauwerkstoffe in Abhängigkeit zur Plattenstärke, so zeigen die einzelnen Kurvenverläufe im momentan interessanten Verarbeitungsbereich (25 bis 55 mm Stärke) kurioser Weise mehr oder weniger deutliches Untergewicht gegenüber der klassischen Stäbchenplatte als „Messlatte“. Dieser erste Eindruck täuscht jedoch zumindest in Bezug auf die Wabenplatte. Konstatiert man, dass die Wabenplatten wohl in den nächsten Jahren (der „Assimilation“ des Leichtbaus) vor allem im Post-Frame-Verfahren entlang der Außenkanten mit mehr oder weniger breiten Riegeln aus Spanplatte ausgestattet sein werden, ist auch das Gewicht höher anzusetzen, als die reine Werkstoffrohdichte.
Ausgehend von einem durchschnittlichen Möbelbauteil mit einer Fläche von 800 x 400 mm lassen sich entsprechende Vergleichswerte bei unterschiedlichen Riegelbreiten ableiten. Die resultierende Möbel-Leichtigkeit läge nach den Erkenntnissen der Conjoint-Analyse im positiv gewichteten Leichtbau-Akzeptanzbereich des Verbrauchers. Führt man sich noch einmal die eingangs gestellte Frage nach der Relevanz des Möbelgewichtes für die Kaufentscheidung des Verbrauches vor Augen, so kann eine nachgelagerte, aber dennoch respektable Wichtigkeit bescheinigt werden, die unter gewissen Umständen durchaus ein besonderes Kundenbegeisterungspotenzial birgt. Nimmt man die eindeutige Gewichtspräferenz des Kunden im Bereich zwischen 500 und 350 kg/m³ so ist eine sofortige „Abmagerungskur“ im Möbelbau das Gebot der Stunde. Aber bitte: Das Alles gilt nur, wenn die Ansprüche des Verbrauchers an die Verarbeitungs- und Materialqualität, das Design und einen gewissen Service wie Preis erfüllt werden und wenn über eine geeignete Kommunikationspolitik ein entsprechendes Vertrauen in den Marken-Möbelhersteller aufgebaut wurde.
No-Names traut der Verbraucher (in der Nach-Geiz-ist-geil-Ära) eben nur dem „billigen Jakob“ zu! Also, einfach alles nur leichter zu bauen, wäre leichtfertig, denn das Kundenurteil ist stets ein verbundenes Urteil (Conjoint). Und genau diese Tatsache sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. ■
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