1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Materialfehler: Wer haftet?

Gewährleistung
Materialfehler: Wer haftet?

Bauhandwerker haften für Fehler verwendeter Materialien, also für Umstände und Ursachen, für die sie eigentlich nichts können. Wichtig sind deshalb ihre eigenen Gewährleistungsansprüche gegenüber ihren Zulieferanten. Strittig sind bei Materialfehlern vor allem die Ein- und Ausbaukosten, die oft weit über den Kosten des eigentlichen Materialersatzes liegen.

Diese bestehen, beginnend mit der Lieferung durch den Lieferanten, fünf Jahre lang, wenn der Baustoff entsprechend seiner üblichen Verwendung für ein Bauwerk verwendet wurde und der Baustoff dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat (§ 438 BGB).

Da der Endkunde wiederum Mängel fünf Jahre lang geltend machen kann, riskiert der Handwerker z. B. durch lange Zwischenlagerung der Baustoffe, bei später Mängelrüge des Kunden, den Lieferanten nicht mehr in Regress nehmen zu können.
Soweit keine Verwendung des Materials in einem Bauwerk stattfindet, verbleibt es gegenüber dem Lieferanten bei der allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren (ab Ablieferung). Lieferanten versuchen zuweilen, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kürzere Fristen zu vereinbaren. Dagegen kann man argumentieren, dass dies gegen gesetzliche Vorgaben verstößt (§ 309 Nr. 8.b.ff BGB), die nach dem Bundesgerichtshof (BGH) auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern gelten (vgl. Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009).
Sofern die Lieferung für Bauhandwerker und Lieferant ein Handelsgeschäft ist, also beide als Kaufmann im Handelsregister eingetragen sind oder dies nach den gesetzlichen Vorgaben zumindest sein müssten, besteht für den Handwerker als Käufer die Pflicht, gelieferte Ware unverzüglich auf Mängel zu prüfen und gegebenenfalls etwaig erkennbare Mängel zu rügen. Sonst gilt das gelieferte Material rechtlich als genehmigt, mit der Folge, dass der Handwerker gegenüber dem Lieferanten keine Gewährleistung mehr geltend machen kann. Diese Prüfungspflichten können im Einzelfall sehr weit gehen. So sind zumindest bei größeren Liefermengen Stichproben und im Extremfall sogar eine Probeverarbeitung nötig.
Das Kernproblem: Ein- und Ausbaukosten
Das eigentliche Hauptproblem in den Fällen fehlerhafter Materiallieferungen ist jedoch weniger der Regressanspruch auf reine Ersatzlieferung bezüglich des mangelhaften Materials. Die Juristen streiten vielmehr darüber, wer für die oft erheblichen Kosten des Ausbaus der bereits montierten mangelhaften Materialien und für die Kosten des Wiedereinbaus der Ersatzlieferung aufzukommen hat.
Je nachdem, welche Paragraphen anzuwenden sind, müsste man dem Zulieferer Verschulden nachweisen, was schwierig sein kann, insbesondere, wenn es sich nicht um den Hersteller, sondern nur um einen Zwischenhändler handelt. Leichter wäre es für den Handwerker, wenn er diese Kosten auch ohne Verschuldensnachweis aus reiner Mängelhaftung vom Zulieferer verlangen könnte.
Hierzu hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Grundsatzentscheidungen Stellung genommen.
Ausbau fehlerhaften Materials
Die Frage, ob der Lieferant die Kosten des Ausbaus eines von ihm gelieferten, mangelhaften Materials auch ohne Verschulden zu tragen hat, hat der BGH bislang offen gelassen und lässt derzeit zuerst Vorfragen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) klären.
So hat der BGH (BGH, Beschluss vom 14.01.2009, Az. VIII ZR 70/08) hinsichtlich der Kosten für den Ausbau des durch einen Verbraucher im Baumarkt gekauften und selbst montierten fehlerhaften Materials zumindest nicht ausgeschlossen, dass der verschuldensunabhängige Anspruch des Käufers gegenüber dem Zulieferer auf Neulieferung mangelfreier Materialien auch eine vertragliche Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers hinsichtlich der mangelhaften Sache enthalte. Der BGH hat zumindest für diesen Fall, in dem der Käufer ein Verbraucher war, bislang nicht verneint, dass neben der Pflicht zur Rücknahme dieses Materials auch das notwendigerweise vorgelagerte Herausreißen mangelhaften Parkettbodens in den Bereich der Nacherfüllungspflicht fallen könnte. Den Verkäufer, also den Zulieferer träfe dann mehr als nur die Pflicht zur Übereignung einer mangelfreien Kaufsache. Vielmehr würde er dann die Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands schulden.
Das BGB sieht allerdings das Recht des Verkäufers vor, die Nacherfüllung wegen absoluter Unverhältnismäßigkeit der dafür erforderlichen Kosten zu verweigern. Diese läge nach deutscher Rechtsprechung jedenfalls dann vor, wenn die Kosten der Demontage 150 Prozent des Kaufpreises erreichen.
Zwischenzeitlich hat der BGH die angesprochenen Fragen dem EuGH vorgelegt, da bei Verbraucherbeteiligung ein Verstoß gegen die EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorliegen könnte. Eine Entscheidung des EuGH steht aus1.
Ob der BGH bei dieser Gelegenheit auch die Rechtslage der Bauhandwerker als Materialeinkäufer, die ja zweifelsohne dabei nicht als Verbraucher agieren, mitentscheidet, ist nicht sicher.
Sollte sich der Zulieferer mangelhaften Materials im Sinne der genannten absoluten Unverhältnismäßigkeit darauf berufen können, dass etwaige Ansprüche des Handwerkers nicht vom normalen Nacherfüllungsanspruch gedeckt sind oder gelangt die Rechtsprechung künftig zu dem Ergebnis, dass der verschuldensunabhängige Nacherfüllungsanspruch die Ausbaukosten nicht abdeckt, so bleibt dem Bauhandwerker nichts anderes übrig, als etwaige Ansprüche auf den so genannten „Schadenersatzanspruch statt der Leistung“ (§§ 280 Abs. 1, Satz 3, 281 BGB) zu stützen. Das Problem hieran ist, dass Anspruchsvoraussetzung der Nachweis eines Verschuldens des Verkäufers ist.
Dieses Verschulden wird zunächst vom Gesetz zu Lasten des Verkäufers vermutet. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Daher dürfte es dem Verkäufer in der Regel gelingen, nachzuweisen, dass ihn an dem Fehler kein Verschulden trifft, wenn es sich lediglich um einen Zwischenhändler und nicht um den ursprünglichen Hersteller des fehlerhaften Materials handelt.
In der Fachliteratur wird diskutiert, ob ein Zwischenhändler, der seine eingangs erläuterte Prüfungs- und/oder Rügepflicht (§ 377 HGB) gegenüber seinem eigenem Zulieferer verletzt hat, ein Verschulden trifft bzw. ob er sich aus der Verantwortung stehlen kann2. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt allerdings derzeit noch nicht vor. Stets muss in diesen Fällen bei einem beiderseitigem Handelsgeschäft aber auch der Handwerker seine Prüfungs- und Rügepflichten beachtet haben. Nur selten werden diese weniger streng sein als die des Lieferanten gegenüber dem eigenen Zulieferer.
Kosten des Wiedereinbaus
Auch hinsichtlich der Kosten, die für die Neuverlegung bzw. Neumontage des ersatzweise gelieferten fehlerfreien Materials entstehen, stellt sich die Frage nach einer hinreichenden Anspruchsgrundlage für den Bauhandwerker.
Der (verschuldensunabhängige) reine Nacherfüllungsanspruch des Verkäufers deckt diese Ansprüche nach dem BGH (BGH, Urteil vom 15.07.2008, Az. VIII ZR 211/07) nicht ab, da sich der Nacherfüllungsanspruch letztendlich nur auf die ursprüngliche kaufvertragliche Pflicht bezieht, welche nur die Übereignung fehlerfreien Materials, nicht aber dessen Einbau beinhaltete.
Demnach bleibt diesbezüglich dem Bauhandwerker in jedem Fall nur der mühsame Weg über den verschuldensabhängigen Anspruch auf Schadenersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB) bzw. auf Aufwendungsersatz (§ 284 BGB).
Fazit
Wer bei Materialfehlern den Zulieferer für Ein- und/oder Ausbaukosten in Regress nehmen will, hat bessere Chancen, wenn der Zulieferer zugleich der Hersteller ist, da diesem leichter Verschulden nachgewiesen werden kann. In allen anderen Fällen können der Nachweis und die rechtliche Durchsetzung problematisch werden. Dann sollte man im Interesse guter dauerhafter Geschäftsbeziehungen mit dem Lieferanten einen Kompromiss aushandeln. ■
1Der BGH legt sich aber noch nicht fest. Vielmehr hat er dem EuGH die Frage vorgelegt, ob für den Fall, dass nach deutschem Recht ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Ausbau bestünde, dieser Anspruch nach deutschem Recht wegen absoluter Unverhältnismäßigkeit zugunsten des Lieferanten einschränkbar sei oder ob die Einschränkung gegen die EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verstoße, wenn der Käufer Verbraucher ist.
Nur wenn der EuGH zu dem Ergebnis kommt, dass generell eine solche auf Unverhältnismäßigkeit gestützte Einschränkung europarechtswidrig wäre, müssten sich die Richter mit der Ausgangsfrage befassen, ob überhaupt ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Ersatz der Ausbaukosten in Frage kommt.
2vgl. Leupertz in BauR 10/2006, S. 1648; Anm.: Dieser Autor ist inzwischen Richter am BGH in dem für Baurecht, nicht für Kaufrecht zuständigen VII. Senat
Tipp: Nehmen Sie Material- anlieferungen so schnell wie möglich unter die Lupe!
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de