1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Niemand darf benachteiligt werden

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz in Kraft: Müssen Schreinerbetriebe handeln?
Niemand darf benachteiligt werden

Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter, sexuelle Identität: Gründe für Diskriminierung gibt es viele. Seit 18. August 2006 gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Experten befürchten negative Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftsleben. Doch es gibt auch zurückhaltendere Stimmen: „Man muss abwarten, wie sich die neuen Regelungen konkret auswirken. Solange keine gefestigte Rechtsprechung vorliegt, sind voreilige Überreaktionen unangebracht. Nur grundlegende Fehler sollte man vermeiden“, so Rechtsanwalt Robert Schulze.

Ausgangspunkt der gesetzgeberischen Aktivitäten sind EU-Vorgaben. Diese hat der deutsche Gesetzgeber in deutscher Gründlichkeit übererfüllt, das heißt, er nimmt deutlichere Einschnitte vor, als zur Erfüllung der EU-Richtlinien nötig gewesen wären.

Das AGG verbietet im Bereich Arbeit und Beruf sowie im privaten Wirtschaftsverkehr Benachteiligungen wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Für Unternehmer wirkt sich das AGG insbesondere im Arbeitsrecht aus. Dort erstreckt sich der Benachteiligungsschutz auch auf das Merkmal „Weltanschauung“. Das AGG schützt Beschäftigte. Es findet auch Anwendung auf Lehrlinge, Stellenbewerber und ausgeschiedene Arbeitnehmer. Unterbunden werden auch Belästigungen, beispielsweise Mobbing, einschließlich sexueller Belästigungen.
Unzulässig ist eine Benachteiligung beispielsweise auch im Bewerbungsverfahren bzw. bei der Einstellung, beim beruflichen Aufstieg (Beförderung), bei Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, auch hinsichtlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen oder bei der Berufsbildung.
Das Verbot der Benachteiligung gilt für Arbeitgeber, Vorgesetzte und andere Mitarbeiter. Der Chef muss auch Benachteiligungen durch andere Mitarbeiter unterbinden, nötigenfalls durch Umsetzung – Ab- mahnung oder Kündigung. Zudem müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten vor Benachteiligung durch Dritte, z. B. Kunden und Vertragspartner wie Lieferanten schützen.
Generell muss damit gerechnet werden, dass gewiefte Arbeitnehmer-Anwälte die Neuerungen als Verhandlungsmasse in arbeitsrechtlichen Streitfällen einsetzen. Arbeitgeber sollten deshalb einige Grundregeln beachten, um sich vor Haftungsrisiken zu schützen.
Eine unterschiedliche Behandlung ist ausnahmsweise erlaubt, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
Ausdrücklich zulässig ist eine unterschiedliche Behandlung, wenn sie durch besondere berufliche Anforderungen begründet ist. Die Suche nach einem „jugendlichen Liebhaber“ für ein Theaterstück beispielsweise bedeutet wegen der sachlich gerechtfertigten Anforderungen der Rolle weder eine Alters- noch eine Frauendiskriminierung.
Zulässig sind auch unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind.
Beweislage gelockert
Beschäftigte haben ein Beschwerderecht und können gegebenenfalls ihre Leistung verweigern oder Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend machen. Die Mitarbeiter müssen im Streitfall lediglich Indizien vortragen und Beweise stellen, die eine Beeinträchtigung vermuten lassen. Der Arbeitgeber hat dann das Problem, das Gegenteil beweisen zu müssen. Er muss also nachweisen können, dass entweder gar keine Beeinträchtigung vorliegt, ein Rechtfertigungsgrund gegeben ist oder dass ihn kein Verschulden trifft.
Der Arbeitgeber muss eine Beschwerdestelle im Betrieb festlegen. Dies kann der Betriebsinhaber, ein leitender Mitarbeiter oder auch der Betriebsrat sein. Sind Beschwerden berechtigt, ist Abhilfe zu schaffen. Auch diese Maßnahmen sollten schriftlich festgehalten werden.
Vorsicht bei Stellenanzeigen
Nicht neu ist die Pflicht, Stellen geschlechtsneutral auszuschreiben. Doch auch die anderen Diskriminierungsmerkmale müssen nun beachtet werden. Eine Ausschreibung mit dem Hinweis auf ein „junges Team“ könnte beispielsweise altersdiskriminierend wirken. Die Auswahl von Bewerbern sollte dokumentiert werden. So sollte bereits vor den Vorstellungsgesprächen das Anforderungsprofil schriftlich niedergelegt sein und beispielsweise anhand von Checklisten aufgrund rein fachlicher und vor allem diskriminierungsfreier Kriterien die Personalauswahl getroffen werden. Auch hier bietet es sich an, aus Nachweisgründen Personalgespräche in Gegenwart von Zeugen zu führen.
Die Unterlagen, zumindest das Anforderungsprofil sowie die Stellenanzeige, sollten mindestens bis zu zwei Monate nach Zugang der letzten Absage aufbewahrt werden. Denn mögliche Ansprüche muss ein abgelehnter Bewerber innerhalb von zwei Monaten ab Zugang der Absage geltend machen. Wer jedem Risiko aus dem Weg gehen will, dem bleibt aus Nachweisgründen nichts anderes übrig, als die Absage per Einwurfeinschreiben. Die dadurch entstehenden Kosten sind gegenüber dem Risiko, den Zugang nicht beweisen zu können, abzuwägen. Die Absage sollte man außer bei Schwerbehinderten nicht inhaltlich begründen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Intern sollte man rein fachliche, diskriminierungsfreie Gründe in den Akten dokumentiert haben.
Wichtig: Aushangpflichtig
In jedem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, das AGG, den Wortlaut des § 61 b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) zur Klagefrist und Informationen über die Beschwerdestelle am „Schwarzen Brett“ auszuhängen oder durch ein Rundschreiben bekannt zu geben. Alle Mitarbeiter sind über die Unzulässigkeit von Benachteiligungen zu unterrichten und über die Problematik der Benachteiligung aufzuklären.
Die Unterrichtung der Mitarbeiter über die Unzulässigkeit von Benachteiligungen kann – vor allem in kleineren Betrieben – durch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber erfolgen, es kann aber auch eine Betriebsversammlung einberufen werden. Zudem sieht das Gesetz die Möglichkeit interner oder externer Schulung der Mitarbeiter vor. Hier ist zu erwarten, dass kommerzielle Schulungsanbieter Profit aus dem AGG schlagen werden. In jedem Falle sollte der Arbeitgeber die von ihm eingeleiteten Maßnahmen dokumentieren.
BM bleibt am Ball
Wie gesagt: Solange keine gefestigte Rechtsprechung vorliegt, sind voreilige Reaktionen unangebracht. Sobald aber erste Entwicklungen in der Rechtsprechung erkennbar sind, wird der BM seine Leser über die neuen Entscheidungen und geeignete Maßnahmen informieren.
Im BM Club unter www.bm-online.de finden BM Abonnenten den Gesetzestext und weitere Infos. ■
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de