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BM-Serie Glasschäden, Teil 3: Thermische Glasbrüche

BM-Serie Glasschäden, Teil 3: Thermische Glasbrüche
Ursachen und Erkennungsmerkmale

Glasbruch entsteht immer dann, wenn die einwirkenden Spannungen die Materialfestigkeit überschreiten. Kein Glasbruch kann ohne äußere Einwirkungen entstehen. Bei thermisch verursachten Glasbrüchen muss es somit zu großer Teilerwärmung innerhalb der Scheibenfläche kommen. Bei gleichmäßiger ganzflächiger Erwärmung, wie es bei der ESG-/TVG-Herstellung der Fall ist, kann kein Glasbruch entstehen.

 

Ekkehard Wagner

Bereits im 20. Jahrhundert wurden diverse umfangreiche Untersuchungen an Glas durchgeführt, um die Zusammenhänge zwischen Belastbarkeit, Größe der Beschädigungen und Temperaturbelastung von Flachglas festzustellen. Eine sehr gute Untersuchung wurde 1977 von Dieter Stahn in den glastechnischen Berichten veröffentlicht: „Wärmespannungen in großflächigen Verglasungen“, wo insbesondere die Zusammenhänge von thermisch verursachtem Glasbruch veröffentlicht wurden.

Es gibt eine Vielzahl an Ursachen, die unterschiedliche thermische Spannungen im Glas hervorrufen. Einige davon, die überwiegend auftreten, sind unter anderem:

  • Teilbeschattung/Schlagschatten bei stärker absorbierendem Glas
  • innen liegende Verdunklungsanlage direkt am Glas
  • raumseitiges Bemalen, Bekleben, Innenabdeckung oder Scheibendekoration
  • dunkle Gegenstände raumseitig direkt an der Verglasung wie z. B. Sessel, Kissen, Fernseher, Pflanzen u. a.

Gerade bei den heute eingesetzten hochwärmedämmenden Dreifach-Isolierglaseinheiten besteht eine erhöhte Gefahr des Glasbruchs, wenn diese raumseitig direkt am Glas durch Gegenstände abgedeckt werden. Die kurzwellige Wärmestrahlung der Sonne geht relativ ungehindert durch Glas und Beschichtung hindurch. Im Raum erwärmt diese Strahlung alle Gegenstände, auf die sie trifft. Warme Oberflächen geben nun eine wesentlich langwelligere Wärmestrahlung ab, die von der Wärmedämmbeschichtung des Glases kaum mehr hindurchgelassen wird. Es kommt zum Wärmestau hinter der Verglasung, zum schnellen örtlichen Aufschaukeln der Glastemperatur und durch diese teilflächige Erwärmung zu starken Spannungen und damit zum Glasbruch. Aber nicht nur raumseitige, sondern auch außenseitige Beklebung oder teilflächige Abdeckung kann diesen Glasbruch verursachen. Darüber hinaus kann auch die mittlere Glasscheibe, sofern aus Floatglas ausgeführt, aufgrund ihrer deutlich stärkeren Erwärmung in selteneren Fällen thermisch verursachten Glasbruch aufweisen.

Deshalb ist dieser thermisch verursachte Glasbruch immer wieder bei den heute verwendeten hochwärmedämmenden Dreifach-Isolierverglasungen anzutreffen und beschäftigt immer öfter die Sachverständigen.

Die Erkennungsmerkmale von thermisch verursachtem Glasbruch sind, anders als bei mechanisch verursachtem Glasbruch, immer eindeutig feststellbar:

  • immer rechtwinkliger Einlauf von der Kante weg
  • immer rechtwinkliger Durchlauf in der Glasdicke
  • häufig mehrfacher Richtungswechsel
  • häufig Häkchenbildung am Rissende
  • bei größeren Glasdicken (≥=3 mm) Wallner’sche Linien am ersten Richtungswechsel
  • auffallend oft in der Winterjahreshälfte
  • sehr häufig auf der raumseitigen Scheibe auftretend
  • nie aus der Verglasungsecke herauslaufend

Daraus folgt ganz eindeutig: die Kante muss bei Glasbruch immer betrachtet werden.

Belastbarkeit von nicht vorgespanntem Glas

Es besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen der Belastbarkeit von Glas und den im Glas, auf der Oberfläche oder an der Kante vorhandenen Störstellen. Dies können Einschlüsse, Versetzungen im Glasgemenge, aber auch Beschädigungen wie z. B. tiefe Kratzer oder Ausmuschelungen sein. Die Tabelle oben zeigt diese Zusammenhänge für die Glaskante.

Grundsätzlich muss bei Glasbruch also immer auch die Kante betrachtet werden, um genau ermitteln zu können, ob es auch tatsächlich ein rein thermisch verursachter Glasbruch ist. Ein exakt rechtwinkliger Einlauf zur Kante und zur Oberfläche zeigt dies. Bei Überlagerungen von mechanischer und thermischer Belastung kann es durchaus vorkommen, dass sich ein „Hybridsprung“ zeigt, der nur eine dieser beiden Eigenschaften zeigt. Somit handelt es sich nicht um einen reinen thermisch verursachten Glasbruch.

Es wäre aber zu einfach, bei thermischem Glasbruch immer die Kante als Ursache vorzuschieben, denn Glas muss nun mal geschnitten und gebrochen werden, was zwangsläufig eine gewisse Schädigung der Kante darstellt. Ohne dies geht es nun mal nicht. Deshalb weiß man seit Jahrzehnten, dass normal bearbeitete Gläser Temperaturdifferenzen bis zu 40 °C innerhalb der Glasfläche aushalten und erst bei höheren Temperaturunterschieden durch die dabei immer stärker werdenden Spannungen zu Bruch gehen.

Relativ geringe Temperaturunterschiede nahe 40 °C und langsame Erwärmung führen meist zu geringer Bruchspannung und wenig Sprüngen. Starke bis sehr starke thermische Glasbrüche, meist mit sehr schneller Aufheizung verbunden, zeigen hingegen eine größere Anzahl von Bruchoberflächen, da hier deutlich mehr Energie zur Bildung von Bruchoberflächen vorhanden ist. Diese vielen Bruchoberflächen können jedoch nur dann entstehen, wenn die Glaskante auch höhere Spannungen aushält. Derart stark aufgefächerte Glasbrüche auf eine schlechte Glaskante zurückführen zu wollen, ist deshalb unrealistisch und zeugt von der geringen Erfahrung des beurteilenden Sachverständigen. Mit Hinweis auf eine schlechte Kante, insbesondere auf „Mikroeinläufe“, kann ein Glasbruch sehr einfach abgetan und scheinbar erklärt werden. Dies zeigt aber nur die Unkenntnis des beurteilenden „Sachverständigen“.

War aber nun die Kante auch wirklich schuld am Glasbruch oder war der Auslöser nicht doch der durch den Nutzer verursachte hohe Temperaturunterschied innerhalb der Glasfläche? Ursächlich kann es nicht die Glaskante gewesen sein, sondern immer nur die einwirkende Spannung. Wenn diese nun durch Gegenstände raumseitig direkt hinter der Verglasung verursacht wurde, ist es vielfach belanglos, wie gut oder schlecht die Kante war, denn beispielsweise ein direkt am Glas anliegender Sessel oder ein Kissen verursachen sehr schnell Glasbruch – bei guter und bei schlechter Glaskante. Ohne diesen anliegenden Gegenstand wäre kein Glasbruch entstanden. Wichtig ist deshalb beim Einsatz der hochwärmedämmenden Isoliergläser immer, die oben genannten Ursachen zu vermeiden, die eine solche Teilerwärmung an den raumseitigen Glasscheiben auslösen können. Dann kann erst gar kein thermisch verursachter Glasbruch entstehen.


Die Glasschäden-Serie im Überblick


Der Autor

Ekkehard Wagner ist Glasbruchexperte, Sachverständiger, Fachbuchautor und Lehrbeauftragter und war seit 1976 in der Glasbranche in den Bereichen Anwendungstechnik, Beratung, Vertrieb und Geschäftsführung tätig. Seit 2019 befindet er sich im Ruhestand („Unruhestand“).


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