Im vergangenen Jahr hat sich sehr viel in der Schreinerei mit Sitz im oberschwäbischen Dürmentingen getan: Schreinermeister Bruno Kettnaker (57) hat kräftig in Maschinen und Software – und damit in die Zukunft seines Betriebes investiert.
Fokus auf Möbel- und Innenausbau
Erste wichtige Weichenstellungen hat der Schreinermeister schon vor vielen Jahren vorgenommen: Er setzte den Fokus der Schreinerei, die er 1995 von seinem Vater als Fensterbaubetrieb mit drei Mitarbeitern übernahm, zunehmend auf den Möbel- und Innenausbau.
Heute beschäftigt er lediglich einen Gesellen (43), der bereits viele Jahre im Betrieb ist und dort auch schon seine Ausbildung absolviert hat. Zudem unterstützt ihn seine Frau Gudrun, die ebenfalls Schreinerin und Gestalterin im Handwerk ist. Sie kümmert sich ums Büro, die Internetseite oder auch Werbegestaltung.
Die Schreinerei arbeitet größtenteils (zu rund 80 %) mit Architekten zusammen, die Häuser inklusive anspruchsvoller Inneneinrichtung aus einem Guss planen. Privatkundschaft ergibt sich fast ausschließlich über die persönliche Empfehlung zufriedener Kunden.
Die 1996 neu gebaute Halle bietet reichlich Platz. Kettnaker beherrscht die Massivholz-, Furnier- und Plattenbearbeitung gleichermaßen. Hinzu kommt die Be- und Verarbeitung von sensiblen Materialien wie Fenix oder Corian. Das muss die Schreinerei auch, denn Bruno Kettnaker versteht sich als Problemlöser und Impulsgeber auch bei sehr anspruchsvollen Möbel- und Innenausbauten.
Bis vor gut einem Jahr hat er das fertigungstechnisch ausschließlich mit Standard-Schreinereimaschinen bewältigt. Wenn spezielle CNC- oder Kantenbearbeitungen erforderlich waren, hat er dies von Kollegen machen lassen. Allerdings hatte er hier schon immer das Anliegen, unabhängig zu sein und alle Bearbeitungen im eigenen Betrieb durchführen zu können. So dachte er bereits vor 15 Jahren über die Investition in CNC-Technologie nach. Allerdings war ihm das damals noch deutlich zu teuer.
Neue digitale Durchgängigkeit
Bruno Kettnaker weiß, was er will – und ebenso, was er nicht will: „Viele Kollegen kaufen heute nur noch zu und montieren. Das möchte ich auf keinen Fall. Ich setze auf Eigenfertigung, damit ich die vorhandenen Softwaretools besser nutzen, schneller produzieren und auch die Qualität selber bestimmen kann.“
Um das konsequent in die Tat umzusetzen, hat der Schreinermeister letztes Jahr in ein 5-Achs-Bearbeitungszentrum (Venture 115 M) und eine voll gesteuerte Kantenanleimmaschine (KDF 440 Edition) von Homag investiert. Zudem hat er softwaremäßig sämtliche erforderlichen Voraussetzungen geschaffen, die neue Technologie auch effizient nutzen zu können.
Software aus einer Hand
Der Schreinermeister setzt bereits seit mehr als 25 Jahren auf Software der OS Datensysteme GmbH. 1993 startete er mit der Branchensoftware, fünf Jahre später mit der 2D-Version des CAD-Programms Spirit. Heute hat er softwaremäßig alles aus dem Portfolio des Ettlinger Softwarehauses an Bord, was für die durchgängige und effiziente Planung von Möbeln und Innenausbauten bis hin zur Produktion auf der CNC erforderlich ist: OSD-Spirit 3D, CAD-Stücklisteneingabe, Korpusgenerator OSD-Corpus+, CNC-Generator sowie die Raumplanungs- und Visualisierungssoftware OSD-RoomConCeption. Hinzu kommen die Zeitwirtschaft OSD-MDE, Grobkapazitäts-Planung, Kalkulation, Kundenauftragsabwicklung, Korrespondenz sowie die Zuschnittoptimierung.
Digital von Anfang an
Der digitale Workflow beginnt allerdings bereits auf der Baustelle: Vor gut einem Jahr hat Bruno Kettnaker rund 6500 Euro in das 3D-Aufmaß 3D Disto von Leica (mit Kamera etc.) investiert. Wenn er vom Kundenobjekt zurück ins Büro kommt, übernimmt er die exakten Aufmaßdaten direkt in OSD-Spirit 3D. Auch bei der Montage der Möbel und Innenausbauten ist das System eine gute Hilfe, denn es projiziert z. B. Hilfslinien, Abstände oder Bohrbilder hochpräzise an die Wände und sorgt dadurch für eine erhebliche Erleichterung bei der Arbeit. Kettnaker freut sich: „Die Investition war bereits mit dem ersten Auftrag zur Hälfte bezahlt.“
Die Zeichnungen erstellt Bruno Kettnaker mit OSD-Spirit 3D und dem Korpusgenerator OSD-Corpus+. Der Korpusgenerator ermöglicht dabei die besonders schnelle und unkomplizierte Konstruktion im Standardbereich. Das 3D-CAD kennt in Bezug auf die freie Konstruktion keine Grenzen. Auch lassen sich damit Teile aus dem Korpusgenerator editieren und beliebig bearbeiten.
In Kombination profitiert Bruno Kettnaker von den jeweiligen Stärken der Programme. Die fertigen Konstruktionen werden schließlich in die Stückliste geschrieben. Für die Visualisierung nutzt Kettnaker die Software OSD-RoomConCeption. Damit lassen sich beispielsweise fertig geplante Schränke in der echten Raumsituation sehr gut darstellen. Bruno Kettnaker: „Alles, was mit OSD-Corpus+ und OSD-Spirit 3D geplant wird, wird natürlich auch zu 100 Prozent in der Kalkulation berücksichtigt.“
Zeichnung wird CNC-Programm
Basis für die Erstellung der Fertigungsdaten ist die OSD-Stückliste, in der sich die Daten aus dem Korpusgenerator und dem 3D-CAD treffen. Aus ihr heraus werden dann die Fertigungsdaten auch für das CNC-Bearbeitungszentrum erstellt.
Hier kommt nun der OSD-CNC-Generator ins Spiel. Er „bedient“ sich der Stücklistendaten und erstellt die CNC-Programme. Diese werden schließlich in einem speziellen Ordner im Firmennetzwerk abgelegt und stehen dann für die CNC-Bearbeitung zur Verfügung. Die Programme sind fix und fertig, eine Nachbearbeitung oder Modifizierung an der Maschinensteuerung ist nicht erforderlich.
Dort wird zunächst über die eindeutige Vorgangsnummer das entsprechende CNC-Programm geöffnet. Hat der Maschinenbediener dann die Sauger positioniert und das Werkstück aufgelegt, kann die Bearbeitung unmittelbar gestartet werden. Bruno Kettnaker hat auch hier schon eine weitere Optimierung geplant: In Zukunft möchte er mit Barcode-Etiketten arbeiten, die dann sowohl an der CNC wie auch an der voll gesteuerten Kantenanleimmaschine eine noch zügigere Bearbeitung ermöglichen.
Sein Fazit: „Als Einstieg für den Umgang mit dem CNC-Generator habe ich eine zweitägige Schulung bei OS Datensysteme absolviert. Das würde ich jedem Anwender empfehlen, um die Programmfeatures beherrschen zu lernen. Und dann geht es darum, an der CNC-Maschine bei der täglichen Arbeit die erforderliche Sicherheit zu bekommen.“
Von neuer Durchgängigkeit profitieren
Nebenher lässt sich so ein Workflow nicht realisieren. Doch wer sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzt, profitiert langfristig von einem sehr hohen Grad an Durchgängigkeit auch bei sehr komplexen Bauteilen.
Für Bruno Kettnaker rechnen sich die Investitionen auf vielfältige Weise. Nicht nur, dass er nun tatsächlich ohne Umwege vom CAD auf die Maschine unterwegs ist. „Wir sind heute deutlich genauer, flexibler und schneller unterwegs. Zudem können wir Projekte realisieren , die vormals gar nicht machbar gewesen wären. Durch die neuen Möglichkeiten haben wir auch bereits einige interessante Folgeaufträge zu unserem allerersten CNC-Projekt bekommen. Das war ein Tresen, der quasi keinen einzigen rechten Winkel hatte und nur mit 5-Achs-Technologie hinzubekommen war. Wir sind damit ins kalte Wasser gesprungen, aber es hat alles super geklappt.“ Die Fertigung solch komplexer Bauteile hätte ohne den integrierten 3D-Modeler in OSD-Spirit 3D gar nicht so umgesetzt werden können. Mit ihm lassen sich beliebige Plattenbearbeitungen bis hin zu Schifterschnitten direkt als CNC-Programm realisieren.
Gut gerüstet für die Zukunft
Bruno Kettnaker hat mit den beschriebenen Investitionen den Weg dafür geebnet, auch künftig sehr anspruchsvolle Projekte komplett aus eigener Produktion und mit nur einem Mitarbeiter zu realisieren. Die 5-Achs-CNC-Technologie eröffnet dabei nochmals neue Möglichkeiten. Konsequent hat der umtriebige Schreinermeister seinen kompletten Datenworkflow – beginnend beim 3D-Aufmaß – auf Durchgängigkeit getrimmt und profitiert heute von vielfältigen Nutzeffekten.
Das ist mir aufgefallen
Schnell auf Drehzahl gekommen
Es ist bemerkenswert, in welchem Tempo und vor allem mit welcher Konsequenz Bruno Kettnaker es geschafft hat, 3D-CAD, CAM und CNC in seinem Betrieb einzuführen. Auch das Investitionsvolumen ist für einen Zweimann-Betrieb beträchtlich.
Der Schreinermeister hat damit die Weichen für die Zukunft gestellt und sich fertigungstechnisch ganz neue Möglichkeiten erschlossen. Im Gespräch deutet Kettnaker an, über die Investition in eine liegende Plattensäge nachzudenken: „Aber eins nach dem anderen, Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden“.
Mehr zum Thema Vernetzte Werkstatt