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Fensterlüftung im Wohnungsbau

Anforderungen, Planung und praktische Umsetzung
Fensterlüftung im Wohnungsbau

Neue luftdichte Baukonstruktionen und ein geändertes Lüftungsverhalten führten in den letzten Jahren zu einer höheren Feuchtebelastung im Innenraum und damit zu Diskussionen über den notwendigen Luftwechsel sowie die Grenzen der manuellen Lüftung. So wird durch die neue DIN 1946-6:2009-12 „Raumlufttechnik–Teil 6: Lüftung von Wohnungen“ mindestens ein nutzerunabhängiger Luftwechsel zum Feuchteschutz gefordert. Diese Anforderung kann mittels Fensterlüfter, d. h. Lüftungselementen, die im oder am Fenster integriert sind, erfüllt werden. Die Planung und Umsetzung von Lüftungskonzepten wird dadurch in Zukunft einen höheren Stellenwert bekommen.

Raumlufthygiene und Feuchteschutz sind heute mehr denn je in der öffentlichen Diskussion. Studien des Instituts für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken (IEMB) zeigen, dass bis zu 22 % der deutschen Wohnungen Feuchteschäden aufweisen und unzureichend belüftete Wohnungen ein um 60 bis 70 % erhöhtes Risiko für Feuchte- und Schimmelpilzschäden haben. Da die Mehrzahl dieser Wohneinheiten nur mittels Fenstern belüftet wird, ist die klassische Fensterlüftung zunehmend in die Kritik geraten.

Warum Lüften?
Eine ausreichende Lüftung der Wohnräume ist aus gesundheitlichen und baulichen Gründen zwingend notwendig. Der hygienisch erforderliche Frischluftbedarf zur Abführung der Schad- und Geruchsstoffe beträgt ca. 30 m3/h pro Person (CO2-Grenzwert 0,1 %, Pettenkoferzahl). Zusätzliche Belastungen durch offene Verbrennungsstätten (Kaminofen) und Emissionen von Geräten wie Computern, Druckern, Hausgeräten sind zu beachten.
Die „baulich notwendige Lüftung“ muss die anfallende Luftfeuchte aus dem Innenraum transportieren. Entsprechend fordert auch die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 in § 6: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ DIN 4108-2 geht bei der Festlegung des Mindestwärmeschutzes im Bereich von Wärmebrücken von einer ausreichenden Belüftung der Räume aus. Nicht zuletzt durch die Anforderungen dieser Regelwerke kommt der Sicherstellung einer ausreichenden Belüftung eine erhebliche Bedeutung zu.
Klassische Fensterlüftung
Bislang konnten Fenster mit manueller Öffnung die Funktion der bedarfs- und klimagerechten Lüftung übernehmen. Die Zusammenhänge der „natürlichen“ Fensterlüftung und der möglichen Volumenströme wurden schon 1982 durch das ift Rosenheim in einem Forschungsprojekt untersucht und sind im Wesentlichen abhängig von folgenden Faktoren:
  • Öffnungsflächen (Größe, Form, Lage verschiedener Öffnungsflächen zueinander).
  • Treibenden physikalischen Kräften (wind- und thermisch bedingte Druckunterschiede).
  • Raumbezogene Faktoren (Größe, Wärmequellen, Einrichtung usw.).
Die Lüftungsgewohnheiten, die bisher eine bedarfsgerechte Lüftung sicher stellten, werden durch gesellschaftliche Entwicklungen (z. B. vermehrte Singlehaushalte und Berufstätigkeit aller Bewohner) abgelöst, so dass eine Fensterlüftung durch Fenster mit manuellen Öffnungsfunktionen immer seltener die Mindestlüftung sicherstellen kann.
In Verbindung mit den normativ geforderten luftdichten Baukonstruktionen führte dies in den letzten Jahren zu einer höheren Feuchtebelastung im Innenraum. Nutzungsempfehlungen zum richtigen Lüften und die Diskussion über Anzahl und Dauer der Stoßlüftung haben sich in der Wohnpraxis nicht ausreichend bewährt.
Anforderungen Fensterlüftung
Intensive Diskussionen über weitere Energieeinsparpotenziale, notwendige Luftwechsel sowie die Notwendigkeit einer nutzerunabhängigen Lüftung (Bild 1) führten schließlich zur Überarbeitung der DIN 1946-6: „Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen“. So fordert die „neue“ DIN 1946-6:2009, dass ein Mindestluftvolumenstrom zur Sicherstellung der Lüftung zum Feuchteschutz ohne Nutzereinfluss möglich sein muss. DIN 1946-6 definiert vier Lüftungsstufen mit den nötigen Außenluftvolumenströmen:
  • 1. Lüftung zum Feuchteschutz: Lüftung, die in Abhängigkeit des Wärmeschutzniveaus unter üblichen Feuchtelasten und Raumtemperaturen Schimmelpilz- und Feuchteschäden vermeiden soll.
  • 2. Mindestlüftung: Lüftung, die unter üblichen Feuchte- und Schadstofflasten Mindestanforderungen an die Raumluftqualität erfüllt bzw. eine „reduzierte Nutzung“ berücksichtigt.
  • 3. Grundlüftung: Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes sowie der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse bei planmäßiger Nutzung einer Nutzungseinheit.
  • 4. Intensivlüftung: Zeitweilig notwendige erhöhte Lüftung zum Abbau von Lastspitzen (Lastbetrieb).
Bei freier bzw. „natürlicher“ Lüftung (d. h. nicht ventilatorgestützter Lüftung) muss mindestens die „Lüftung zum Feuchteschutz“ nutzerunabhängig sichergestellt werden. Das manuell öffenbare Fenster dient dazu, die verbleibenden Lüftungsstufen zu ermöglichen.
Ob ein Lüftungskonzept notwendig ist, ergibt sich aus dem Vergleich des wirksamen Infiltrationsvolumenstroms (Undichtigkeiten der Gebäudehülle) qinf mit dem notwendigen Gesamt-Außenluftvolumenstrom zum Feuchteschutz qFL. Wenn qFL > qinf sind lüftungstechnische Maßnahmen festzulegen, d. h. der Infiltrationsluftwechsel allein reicht nicht aus.
Nutzerunabhängige Lüftung mit Fenstern
Eine Weiterentwicklung der „Fensterlüftung“ ist notwendig, um die Vorgaben der DIN 1946-6 nach einem Mindestluftwechsel für den Feuchteschutz umzusetzen, denn dies können die „klassischen“ manuellen Öffnungsfunktionen (Dreh, Drehkipp etc.) nicht mehr leisten.
Eine technische Umsetzung ist durch motorische Öffnungsmechaniken, neue Beschlagsfunktionen oder dezentrale, ins Fenster integrierte Lüftungssysteme (so genannte „Fensterlüfter“) möglich, die im Weiteren ausführlicher beschrieben werden (Bild 2).
Fensterlüfter eignen sich zwar auch für die Nachrüstung, werden aber im Wesentlichen beim Austausch der Fenster im Rahmen der energetischen Gebäudemodernisierung sowie im Bereich des Neubaus erfolgen. Gerade bei Modernisierungen kann durch ein Lüftungskonzept mit Fensterlüftern den Bedenken von Bauherrn hinsichtlich Tauwasser und Schimmelpilzbildung begegnet werden. Die Vorbehalte haben in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass ein Fenstertausch gar nicht erst angegangen wurde.
In Verbindung mit einer zentralen ventilatorgetriebenen Abluftanlage dienen Fensterlüfter auch als notwendige Außenluftdurchlässe. Zur Ermittlung der Leistungseigenschaften von Fensterlüftern hat das ift Rosenheim gemeinsam mit Unternehmen der Branche die ift-Richtlinie LU-01/1 „Fensterlüfter; Teil 1: Leistungseigenschaften“ erarbeitet, die eine ganzheitliche Bewertung von Lüftungseinrichtungen ermöglicht.
Diese Richtlinie gilt für dezentrale Lüftungselemente, die in das Fenster integriert sind oder in direktem Zusammenhang mit dem Fenster stehen und die manuell, automatisch oder sensorisch geregelt sein können. Hierzu zählen:
  • Luftdurchlässe bzw. Überströmöffnungen,
  • Fensterbanklüfter,
  • Aufsatzelemente,
  • Fensterfalzlüfter,
  • beschlagsgeregelte Lüfter,
  • ventilatorbetriebene Lüftungsgeräte, mit oder ohne Wärmerückgewinnung.
Für die Planung und Auslegung von Fensterlüftern ist die Kenntnis und die Ermittlung der lüftungstechnischen Eigenschaften von zentraler Bedeutung (Bild 3). Hierzu wurden Verfahren entwickelt, die in der ift-Richtlinie LU-01/1 beschrieben werden. Für den Einsatz in der Praxis und die Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit sind weitere Eigenschaften wichtig, für die die Richtlinie Empfehlungen für folgende Anforderungen gibt:
  • Luftdurchlässigkeit,
  • Schlagregendichtheit,
  • Akustische Eigenschaften (Luftschalldämmung, Eigengeräusche),
  • Thermodynamische Prüfung,
  • Prüfung der Frostschutzsicherheit und Tauwasserbildung im Fensterlüfter,
  • Filter und Insektenschutz,
  • Interne Leckage,
  • Regelung,
  • Einbruchhemmung,
  • Energieverbrauch und Wärmetechnische Eigenschaften, U-Wert,
  • Dauerhaftigkeit, Handhabung, Einbau, Instandhaltung und Wartung.
Planung und Auslegung von Fensterlüftern
Der Fensterbauer muss die Vorgaben der DIN 1946-6 bei der Instandsetzung/Modernisierung eines bestehenden Gebäudes beachten, wenn mehr als 1/3 der Fenster ausgetauscht werden. Um zu entscheiden, ob für das Gebäude oder die Wohnung eine Planung und Umsetzung einer lüftungstechnischen Maßnahme (LtM) erforderlich ist, wird der Infiltrationsvolumenstrom mit dem notwendigen Luftvolumenstrom für die „Feuchteschutzlüftung“ verglichen. Der Infiltrationsvolumenstrom ergibt sich aufgrund der vorhandenen „Undichtheiten“ der Gebäudehülle. Ein praktischer Ansatz für die Abschätzung zeigt Tabelle 1 (aus ift-Richtlinie LU-02/1).
Ist eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig, so muss der erforderliche Luftvolumenstrom ermittelt werden. Für freie Lüftung ist mindestens die Lüftung zum Feuchteschutz unerlässlich.
In Abhängigkeit des Wärmeschutzniveaus und der Fläche der Wohnung ergeben sich Luftwechselraten zwischen 0,3 h–1 und 0,1 h–1. Die genaue Höhe des notwendigen Luftvolumenstroms ergibt sich aus einem detaillierten Berechnungsverfahren. Hierzu ist eine Berechnung in Abhängigkeit der Wohnfläche und auf Basis einer „raumweisen“ Betrachtung relevant. Das Maximum der beiden Berechnungen ist für die Dimensionierung der Fensterlüfter anzusetzen.
Um eine aufwändige Berechnung nach DIN 1946 zu vermeiden und dem Fensterbauer einfache Verfahren zur Verfügung zu stellen, hat das ift Rosenheim mit der Hochschule Rosenheim und Projektpartnern aus der Industrie ein Forschungsprojekt durchgeführt, deren Ergebnisse in den ift-Richtlinien LU-02/1 zusammengefasst wurden. Weiterhin stehen für die Auslegung der Fensterlüfter und der Bestimmung des Schalldämmwertes von Fenster und Fensterlüfter zwei Rechentools kostenlos auf der Website www.ift-rosenheim.de zur Verfügung.
Zur Umsetzung von lüftungstechnischen Maßnahmen mit Fensterlüftern wird im letzten Quartal 2010 eine Schulungsmaßnahme angeboten. Im Rahmen des Seminars wird der Umgang mit den beiden Rechentools sowie der Richtlinie vermittelt.
Planungsbeispiel Fensterlüfter
In einem Mehrfamilienhaus werden im Rahmen einer Komplettmodernisierung die Fenster getauscht, bei der auch eine nutzerunabhängige Lüftung zur Sicherstellung des Feuchteschutzes mit-hilfe von Fensterlüftern umgesetzt werden soll. Pro Wohneinheit sind sieben Fenster vorhanden (Bild 4 und Tabelle 2).
Im Rahmen des Fensteraustauschs können in der Nutzungseinheit 7 Fensterlüfter integriert werden. Der erforderliche Luftvolumenstrom pro Fensterlüfter ergibt sich entsprechend zu 37 m3/h / 7 = 5,3 m3/h. Dieser Luftvolumenstrom ist bei einem Differenzdruck von 2 Pa zu erbringen.
Weitere Diagramme befinden sich in der ift-Richtlinie LU-02/1. Da vereinfachte Planungsverfahren so ausgelegt sind, dass sie im Regelfall auf der sicheren Seite liegen, wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens auch ein Rechentool erarbeitet, mit dem eine detaillierte Berechnung des notwendigen Luftvolumenstroms für freie Lüftung nach DIN 1946-6 möglich ist.
Für die Dimensionierung von Überströmöffnungen in der Wohnung konnte im Rahmen des Forschungsvorhabens gezeigt werden, dass der untere Luftspalt zwischen Türblatt und Fußboden in der Regel ausreichend ist. Für eine Feuchteschutzlüftung reicht ein Türspalt von 3 bis 8 mm aus. Detaillierte Werte können der ift-Richtlinie LU-02/1 entnommen werden.
Fazit
Die gesetzlich geforderte Reduzierung des baulichen Energieverbrauchs bedingt auch eine effizientere Lüftung, so dass der nutzerunabhängigen Lüftung in der Zukunft ein erhöhter Stellenwert zukommen wird. Eine geplante Lüftung mittels Fensterlüfter oder automatischer Öffnungsfunktionen bietet darüber hinaus die Möglichkeit, das Risiko für Tauwasser und Schimmelpilzbildung deutlich zu reduzieren. Die oft vorherrschenden Bedenken von Bauherren gegenüber einer Modernisierung von Fenstern können damit abgebaut werden.
Die ift-Richtlinie LU-02/1 „Einsatzempfehlungen für Fensterlüfter“ gibt zur Umsetzung praxisnahe Hilfestellungen. ■
ift Rosenheim
83026 Rosenheim
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