Fenster, Fassaden und Haustüren werden in technischer und gestalterischer Hinsicht sehr stark vom Baustoff „Glas“ geprägt. Ein wichtiger technischer und sicherheitsrelevanter Aspekt ist die mechanische Sicherheit, insbesondere die Vermeidung von Glasbrüchen infolge von Wind- und Klimalasten. Durch die baurechtliche Einführung des europäischen Eurocodes 1 „Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-4“ und die „DIN 18008 Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln – Teil 1 und 2“ wurde die Glasbemessung in Deutschland deutlich komplexer.
Ebenso wurde die Nachweiserleichterung für Glasflächen unter 1,6 m2 mit der neuen DIN 18008-2:2020 ersatzlos gestrichen. Diese Erleichterung ermöglichte, bei Einhaltung gewisser Randbedingungen auf den Nachweis komplett zu verzichten. Nach braurechtlicher Sichtweise kann somit für jede Verglasung ein entsprechender statischer Nachweis gefordert werden. Eine Berechnung durch diverse Softwareprogramme ohne erforderliche Qualifikation zur Erstellung von Standsicherheitsnachweisen gilt im baurechtlichen Sinn nicht als Nachweis, sondern als „Vorbemessung“, die durch einen Statiker zu prüfen ist.
Geprüfte und freigegebene Typenstatik
Um für Hersteller von Fenstern und Isolierglas sowie für Verarbeiter, Händler und Montagebetriebe eine Glasdimensionierung als baurechtlichen Standsicherheitsnachweis zu ermöglichen, wurde eine vom DIBt geprüfte und freigegebene Typenstatik erstellt. Das Projekt wurde gemeinsam vom ift Rosenheim, Bundesverband Flachglas (BF), Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV), Verband Fenster + Fassade (VFF) und Tischler Schreiner Deutschland (TSD) initiiert. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Franz Feldmeier (TH Rosenheim) wurde ein Diagrammverfahren für 39 typische Glasaufbauten entwickelt, das durch die praxisorientierte Festlegung von Randbedingungen (Vereinfachungen) ein schnelles und einfaches „Ablesen“ der zulässigen Abmessungen für verschiedene Aufbauten aus den Diagrammen ermöglicht. In diesem Zuge wurden angepasste Modifikationsbeiwerte kmod vorgeschlagen und vom DIBt für die Verwendung im Nachweisverfahren nach DIN 18008 freigegeben. Mit diesen „neuen“ kmod-Werten ist auch der Nachweis von kleinformatigen Isoliergläsern möglich, die ansonsten wegen zu hoher Klimalasten mit den „alten“ kmod-Werten nicht nachweisbar wären.
Durch die Prüfung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) können die Bemessungsdiagramme (Anlage 2 der ift-Richtlinie) in Verbindung mit einer korrekten Bestimmung der Windlaststufen (Anlage 1 der ift-Richtlinie) durch den Anwender als Typenstatik genutzt werden. Gemäß einer Stellungnahme der Kanzlei für Baurecht SMNG gilt die vom DIBt geprüfte und anerkannte Typenprüfung (s. a. § 66 Abs. 4 Satz 2 der MBO) als bautechnischer Nachweis, der keiner weiteren Überprüfung mehr bedarf. Statische Nachweise sind nach der VOB/C (siehe auch die jeweilige ATV) „Besondere Leistungen“, die nur dann zu den vertraglichen Leistungen gehören, wenn sie in der Leistungsbeschreibung erwähnt sind. Diese können vom Auftragnehmer angeboten und entsprechend geltend gemacht werden. Ein entsprechender Anspruch auf Vergütung sollte daher immer geprüft werden.
Richtlinie VE-15/1 im ift-Shop erhältlich
Die Typenstatik mit den 39 Bemessungsdiagrammen ist als ift-Richtlinie VE-15/1 „Mehrscheiben-Isolierglas – geprüfte Typenstatiken nach DIN 18008“ im ift-Shop (www.ift-rosenheim.de/shop/) verfügbar. Ein Bundle (gedruckte Fassung und editierbare PDF-Datei der Richtlinie sowie eine digitale Anleitung) ermöglicht die einfache Nutzung und Zusendung der Bemessungsdiagramme an Planer, Architekten, Bauherren, Baubehörden oder Statiker. (sk/Quelle: ift Rosenheim)