Das Pult war etwa seit dem frühen Mittelalter meistens für kirchliche Zwecke im Gebrauch. In den Kirchen diente es vor den Chorstühlen und an den Plätzen der Geistlichen zum Auflegen der liturgischen Andachtsbücher. Bekannt war auch das transportable Pult zum Vorlesen der Evangelien. Grund genug, das Pult als Thema einer Projektarbeit an der Fachschule für Holztechnik, Detmold, auszuschreiben.
Es gibt Situationen, in denen es erforderlich ist, Informationen oder Botschaften in freier Rede und stehend zu vermitteln. In § 33 der Geschäftsordnung des Bundestages heißt es: „Die Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag …“ Fakt ist allerdings, dass nur ein geringer Teil der Politiker frei spricht, was 1999 zu einer parteiübergreifenden Initiative führte, welche die freie Rede stärken sollte. Dass es im Bundestag nicht an einem Rednerpult an zentraler Stelle mangelt, ist allgemein bekannt. Andere Gründe werden hier eine Rolle spielen.
Aber stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Saal, in dem schon 200 Personen auf Sie warten. Sie wollen oder müssen vor Kollegen einen Vortrag halten. Sie haben Ihre Notizen in der Hand, gehen auf die Bühne und vor Ihnen steht kein Rednerpult – nichts, wo Sie die Notizen ablegen könnten, nichts, woran Sie sich festhalten können, und auch nichts, was Sie vor neugierigen Blicken schützt.
Ein Rednerpult gibt Sicherheit – bietet die Chance, die erste Unsicherheit zu überwinden. Sie haben etwas vor sich, dass Ihnen eindeutig einen Platz zuweist und der gerade entdeckte Fleck auf der Hose oder dem Sakko wird vorübergehend unsichtbar. Sie haben etwas, wo Sie die Hände zwischenzeitlich ruhen lassen können – das gibt Sicherheit. Ein Mikrofon ist gut positioniert und trägt Ihre zu Beginn etwas leise Stimme auch in die hinteren Reihen. Ihre Unterlagen können in angemessener Höhe abgelegt werden und liefern Ihnen von Zeit zu Zeit – mehr oder weniger unauffällig – die nötigen Stichworte für Ihre Botschaft.
Ein gut gestaltetes Pult hilft, in die vielleicht ungewohnte Rolle des Redners hinein zu wachsen. Damit wird deutlich, wie wichtig ein Möbel sein kann – als Unterstützung für die freie „gestandene Rede“.
Unter dieser Prämisse wurden an der Fachschule Holztechnik Detmold mehrere Rednerpulte für unterschiedlichste Anforderungsprofile entworfen und gefertigt. Dabei wurden die Prototypen dieses Meisterprojektes im Auftrag verschiedenster Endkunden wie Städte, Hotels, Vereine, Unternehmen sowie Schulen oder Banken für ihre Präsentationszwecke gestaltet. Und so erhielt dieses Projekt mit den realen Auftraggebern einen wichtigen Praxisbezug.
Die Pulte mussten verschiedenste Anforderungen erfüllen, wie sicht- oder unsichtbare Höhenverstellungen, Anschlüsse für Mikrofon und Leselampe, mobile, zerlegbare Varianten, solche mit Städtewappen und Firmenlogos oder mit konkreten Materialvorgaben, die sich aus der Inneneinrichtung der Vortragsräume ergaben.
Mit Begeisterung begannen die Studierenden mit verschiedensten Ideen und Entwürfen, diskutierten miteinander und jede Gruppe einigte sich auf ein Entwurfskonzept. Gemeinschaftlich wurde so ein Rednerpult entwickelt, das den Anforderungen der Kunden entsprach. Akribisch erfolgte dann die Arbeitsvorbereitung, Materialbeschaffung und die Fertigung, die mit der Oberflächenbehandlung abschloss.
Zum Abschluss wurde die Pulte – in Kooperation mit der IHK Lippe – zwei Monate der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Präsident der IHK, Dr. Hannes Frank, stellte im Rahmen seiner Rede zur Ausstellungseröffnung den Zusammenhang zwischen Kommunikation und den Rednerpulten der angehenden Holztechniker und Tischlermeister mit schlichten Worten her: Trotz aller Vielfalt im Multimediabereich bleibe die freie, gestandene Rede an einem gut gestalteten Rednerpult für die Übermittlung von Informationen unerlässlich. (Michael Eckert) ■
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