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Füllt die Lücke zwischen Werkstatt und Büro

Betriebsassistent im Handwerk
Füllt die Lücke zwischen Werkstatt und Büro

Füllt die Lücke zwischen Werkstatt und Büro
Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Berufsabschluss „Betriebsassistent im Handwerk“ 1) führen die Handwerkskammern Baden-Württembergs seit Anfang der 90er Jahre durch, zuerst als Fortbildungsmöglichkeit für Gesellen und Facharbeiter aller Berufe, später auch als Zusatzqualifikation für Abiturienten im Vollzug einer Handwerkslehre. Inzwischen bieten Handwerkskammern anderer Bundesländer ebenfalls diesen Bildungsgang an, so in den Bundesländern Brandenburg (HwK Cottbus, Frankfurt/Oder), Niedersachsen (HwK Hildesheim, Osnabrück), Nordrhein-Westfalen (HwK Dortmund, Düsseldorf, Münster), Rheinland-Pfalz (HwK Koblenz), Saarland (HwK Saarbrücken), Sachsen (HwK Dresden), Sachsen-Anhalt (HwK Halle/Saale) und Thüringen (HwK Erfurt, Gera, Suhl). Deren Bildungskonzepte lassen indes in ihrer Struktur zum Teil deutliche Unterschiede erkennen.

Folgt man der Statistik der beruflichen Fortbildungsprüfungen des Deutschen Handwerkskammertages der letzten drei Jahre, dann wurden 1996 und 1997 ausschließlich in Baden-Württemberg Prüfungen zum „Betriebsassistenten im Handwerk“ abgenommen, 1998 bereits in drei Bundesländern (in Klammern die Zahl der Teilnehmer): in Baden-Württemberg (434), Niedersachsen (26) und Brandenburg (8). Mithin nahmen 1998 an dieser Prüfung bereits 468 Bewerber/-innen teil (nach 308 im Jahr zuvor), davon zuletzt 172 Frauen (36,8 %). Die Bestehensquote lag bei 95,5 %, die der weiblichen Prüflinge sogar bei 97,7 %.

Qualifikationsziele und Ausbildungswege
Dieses Bildungsangebot zielt darauf ab, leistungsorientierten Nachwuchskräften vor allem fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Erfahrungen der handwerklichen Betriebspraxis zu vermitteln, sie vorzubereiten, qualifizierte Tätigkeiten auch im kaufmännischen Bereich eines Handwerksbetriebs weitgehend selbstständig auszuüben: im Ein- und Verkauf, im Rechnungswesen, im Kundendienst, in der Lagerverwaltung bzw. Personalabteilung. Die Absolventen dieser Qualifizierungsmaßnahme sollen zudem darauf eingestellt sein, schon in jungen Jahren Führungsaufgaben in Handwerksbetrieben zu übernehmen. Nicht zuletzt soll dem Handwerk ein technisch wie kaufmännisch gleich gut ausgebildeter Nachwuchs für das mittlere Management gesichert, „die Lücke zwischen Werkstatt und Büro“, zwischen Technik und Verwaltung geschlossen werden, denn neben der technischen Kompetenz gewinnt zunehmend die betriebswirtschaftliche an Bedeutung. Dieser neu entwickelte Ausbildungsweg wird – wie angedeutet – in variierenden Modellen angeboten. Folglich weichen die Bezeichnungen einzelner Lern-bereiche und Fächer, die Ausbildungsinhalte sowie der zeitliche Umfang der Bildungsmaßnahme voneinander ab. Mit Nachdruck wird betont, dass verbindliche Informationen über Zielgruppe(n), Zulassungsbedingungen, Ausbildungsberufe (Fachrichtungen), aktuelle Ausbildungsorte, Organisationsformen, Unterrichtszeiten, Inhalte und Bestehen der Prüfung bei jener Handwerkskammer einzuholen sind, bei der die Prüfung abgelegt werden soll. Auskünfte erteilen im Rahmen der ausbildungsbegleitenden Zusatzqualifikation für Lehrlinge auch die mit den Handwerkskammern kooperierenden berufsbildenden Schulen.
Dieser Beitrag beschreibt zu-nächst die beiden Grundmodelle der genannten Bildungsmaßnahme am Beispiel Baden-Württembergs, skizziert dann die davon abweichenden Ausgestaltungen einzelner Handwerkskammern in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen.
Fortbildungsmaßnahme für Gesellen/Facharbeiter
In Baden-Württemberg wird für die Zulassung zur Prüfung eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehre) in einem Handwerksberuf nach § 31 Handwerksordnung (HwO) gefordert, alternativ die Abschlussprüfung in einem anerkannten gewerblich-technischen Ausbildungsberuf nach § 34 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Vereinzelt verlangen Kammern über die Berufsausbildung hinaus eine mindestens einjährige Praxis in einem Handwerksbetrieb, nachzuweisen bis zum Lehrgangsende. Bewerber/-innen ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung können zur Prüfung zugelassen werden, wenn sie „durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft machen, dass sie Erfahrungen und Kenntnisse erworben haben, die eine Zulassung zur Prüfung rechtfertigen“. Schließlich muss der Prüfling regelmäßig am Zusatzunterricht „Management im Handwerksbetrieb“ teilgenommen haben. Analog zur Gliederung der Prüfung vermitteln die in Vollzeit- und/ oder Teilzeitformangebotenen Vorbereitungslehrgänge Grundlagenkenntnisse in diesen vier Fächern: Betriebswirtschaftslehre, Rechnungswesen, Recht und EDV (Computerschein A)2). Themenschwerpunkte sind im Fach „Betriebswirtschaftslehre“ betriebswirtschaftliche Aufgaben im Handwerksbetrieb, Betriebs- und Arbeitsorganisation, finanzwirtschaftliche Grundfragen, Personalwesen; im Fach „Rechnungswesen“ Buchhaltung und Bilanz, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Kostenrechnung; im Fach „Recht“ (Rechts- und Sozialwesen) Bürgerliches Recht, Mahn- und Zwangsvollstreckungsverfahrens-recht, Handwerks-, Gewerbe-, Handels-, Arbeits-, Sozial- sowie Privatversicherungsrecht; im Fach „EDV“ Grundlagen der Datenverarbeitung, Betriebssysteme, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenverwaltung.
Die hier vorgestellte Fortbildungsmaßnahme für Gesellen und Facharbeiter endet mit einer Prüfung, die in den drei zuerst genannten Fächern schriftlich durchgeführt wird, und – falls Gegenstand der Prüfung – im Fach „EDV“ schriftlich und praktisch. Eine mündliche Prüfung kann die schriftliche ergänzen, sofern sie für das Bestehen der Prüfung ausschlaggebend wird. Die Prüfung ist bestanden, wenn in jedem Fach mindestens ausreichende Leistungen erbracht wurden.
Ausbildungsbegleitende Zusatzqualifikation für Abiturienten
Wer sich in Baden-Württemberg über das Abiturientenmodell zum Betriebsassistenten im Handwerk qualifizieren will, muss neben dem Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags die allgemeine bzw. die fachgebundene Hochschulreife nachweisen, in Ausnahmefällen die Fachhochschulreife, ferner hat der Ausbildungsbetrieb sein Einverständnis mit der Teilnahme des Lehrlings an der integrierten Zusatzausbildung zu erklären.
Dieses zielgruppenbezogene, auf Abiturienten zugeschnittene Qualifizierungsangebot verknüpft die klassische duale Berufsausbildung in einem gewerblich-technischen Beruf mit einer parallelen, kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen und fremdsprachlichen Zusatzausbildung. Die Vorteile liegen für den angesprochenen Personenkreis darin, dass er nach 3 bis 3 ½ Jahren mehrfach qualifiziert ist und die erworbenen Zusatzqualifikationen für alle Handwerksberufe nutzbar sind. Indem die Qualifizierungsmaßnahme Weiterbildung bereits in die reguläre Berufsausbildung integriert ist, erfüllt sie die vielfach erhobene Forderung, das Ausbildungsangebot für begabte Jugendliche durch aufstiegsorientierte Zusatzqualifikationen zu steigern, Erstausbildung und Aufstiegsfortbildung stärker miteinander zu verbinden. Die Bildungsmaßnahme stellt speziell für Abiturienten eine Alternative zum Hochschulstudium dar.
Der berufsübergreifende Lernbereich, der die Kenntnisse für die Fortbildungsprüfung zum Betriebsassistenten vermittelt, heißt „Management im Handwerksbetrieb“. Er umfasst einschließlich der EDV-Inhalte etwa 360 Unterrichtsstunden, das Fach „Fremdsprache“ (Technisches Englisch/ Wirtschaftsenglisch oder Technisches Französisch/Wirtschaftsfranzösisch) circa 240 Stunden. Die betriebswirtschaftlichen und die berufsrelevanten fremdsprachlichen Kenntnisse werden im Rahmen des Berufsschulunterrichts der Abiturientenklasse anstelle der allgemeinbildenden Unterrichtsfächer wie Deutsch, Religion, Wirtschafts- und Sozialkunde (Gemeinschaftskunde) ver-mittelt. Die Prüfung im Lernbereich „Management im Handwerksbetrieb“ ist bestanden, wenn im Fach „Rechnungswesen“ sowie in zwei weiteren Prüfungsfächern jeweils mindestens ausreichende Leistungen erbracht wurden, außerdem die Leistungen im rechnerischen Durchschnitt aller Prüfungsfächer mindestens ausreichend waren.
Am Ende dieser integrierten Ausbildung haben Abiturienten die folgenden Prüfungen abzulegen: die Gesellenprüfung im erlernten Handwerk vor dem zuständigen Gesellenprüfungsausschuss der Innung oder der Handwerkskammer, die Prüfung im Lernbereich „Management im Handwerksbetrieb“ und im Fach „EDV“ vor dem zuständigen Fortbildungsprüfungsausschuss der Kammer. Über die Sprachprüfung – eine interne Prüfung der Berufsschule – wird bei erfolgreicher Teilnahme ein Zertifikat ausgestellt.
Besonderheiten einzelner Qualifizierungsmodelle
In Nordrhein-Westfalen gilt als Zielgruppe für die ausbildungsparallele Zusatzqualifikation ausschließlich der Handwerkslehrling mit (Fach-) Hochschulreife. Ein Spezifikum in NRW ist, dass sich die Vermittlung der berufsübergreifenden, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse im Ausbildungsgang „Betriebsassistent im Handwerk“ an der Fortbildungsmaßnahme „Fachkauffrau/Fachkaufmann Handwerkswirtschaft“ orientiert, allerdings mit einem höheren Gesamtstundenanteil: mit je 120 Stunden die Fächer „Betriebswirtschaftslehre“, „Rechnungswe-sen“, „Kommunikation und Verkaufstechnik“, mit je 80 Stunden das Fach „Vertrags-, Arbeits- und Sozialrecht“. Die Fremdsprache ist in der Regel Wirtschaftsenglisch mit 240 Unterrichtsstunden. Im Schuljahr 1999/2000 nehmen in NRW an diesem Bildungsgang Lehrlinge aus 27 Ausbildungsberufen an ausgewählten gewerblichen Schulen des Landes teil.
Eine andere Variante stellt das in Rheinland-Pfalz von der Handwerkskammer Koblenz praktizierte Modell dar. Ursprünglich als Abiturientenmodell konzipiert, wurde es später um begabte Real- und Hauptschüler erweitert. Die Zusatzqualifikation wird für die Fachrichtungen Holz-, Bau-, Fertigungs-, Fahrzeug-, Haus-/Energie- sowie Haus-/ Elektrotechnik angeboten. Sie beginnt im allgemeinen nach dem ersten Lehrjahr und dauert 2 ½ Jahre. Die Ausbildungsinhalte umfassen entsprechend der Fachrichtung 350 Stunden fachbezogenen Unterricht, 230 Stunden Betriebswirtschaftslehre einschließlich EDV, ferner 120 Stunden Berufs- und Arbeitspädagogik (auf Antrag Befreiung von Teil IV der Meisterprüfung möglich, nicht dagegen von Teil III). Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn in den Lernbereichen „Technik“, „BWL“ sowie „Berufs- und Arbeitspädagogik“ mindestens ausreichende Leistungen erzielt wurden.
Die Handwerkskammern in Thüringen bieten die Ausbildung zum „Betriebsassistenten im Handwerk“ Abiturienten in zwei Organisationsformen an: Die „gewerkereine“ Klasse, z. B. für Kraftfahrzeugmechaniker, und die „offene“ Klasse, in der Abiturienten verschiedener Berufe zusammengefasst sind. In der ersten Form erhalten die Teilnehmer den theoretischen Fachunterricht und die Zusatzqualifikation an zwei Tagen in der Woche, in der zweiten Form die Zusatzqualifikation an einem Wochentag, die theoretische Fachausbildung regional an der für sie zuständigen Berufsschule. Die Fächer „Management im Handwerksbetrieb“, „Technisches Englisch/Wirtschaftsenglisch“ (keine Prüfung in diesem Fach) und „PC-Anwender“ werden anstelle der allgemeinbildenden Fächer ohne eine Erweiterung der Stundenzahl unterrichtet. Weil „Wirtschafts- und Sozialkunde“ in der Berufsausbildung ein prüfungsrelevantes Fach ist, sind auch die angehenden Betriebsassistenten in diesem Fach zu prüfen.
Berechtigungen nach bestandenen Prüfungen
Wer alle Prüfungen bestanden hat, darf den Titel „Betriebsassistent im Handwerk“ führen. Über die erfolgreich abgelegte Prüfung stellt die Handwerkskammer entsprechende Zeugnisse und eine Urkunde aus. Absolventen dieser Qualifizierungsmaßnahme werden auf Antrag von Teil III der Meisterprüfung (Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse) befreit (Ausnahme HwK Koblenz). Überdies erfüllen sie die Zulassungsvoraussetzungen für den Studiengang „Betriebswirt des Handwerks“.
Dr. Hans Winter
  • 1) Im Text wird wegen der leichteren Lesbarkeit zur Kennzeichnung von Berufspositionen mit einer Ausnahme (Fachkauffrau/Fachkaufman Handwerkswirtschaft) nur die männliche Form eingesetzt, beispielsweise „Betriebsassistent“. Sie impliziert stets auch die weibliche Form, hier „Betriebsassistentin“.
  • 2) Wer den Computerschein A schon besitzt, kann auf Antrag vom Prüfungsfach „EDV“ befreit werden. Fordert eine Handwerkskammer bereits in den Zulassungsbedingungen den erfolgreichen Abschluss der Fortbildungsprüfung „Computerschein A“, dann ist bei dieser Kammer die EDV weder Ausbildungs- noch Prüfungsfach der Bildungsmaßnahme „Betriebsassistent im Handwerk“.
Weiterführende Literatur
Winter, H.: Berufsperspektiven im Handwerk – Qualifizierungsangebote, Fortbildungsprüfungen, Förderprogramme, 24 DM, F. H. Kleffmann Verlag, Bochum 1999
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