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„Nicht nur der Lack allein …“

BM-Interview: Verarbeiter-Richtlinien sichern Qualität
„Nicht nur der Lack allein …“

Frühschäden an Holzfenstern, die auf defekten Oberflächenschutz zurückzuführen sind, sind in jüngster Zeit spürbar zurückgegangen. Außenbauteile aus Holz gewinnen wieder mehr Vertrauen. Dies ist allerdings nicht allein die Folge besserer oder neuer Beschichtungssysteme. Vielmehr zeichnet sich ein Gleichgewicht in der Verantwortung zwischen den Verarbeitern und den Lackherstellern ab. Über die Hintergründe dieser Entwicklung erhielten wir im Hause Sikkens aufschlussreiche Informationen.

Die Holzfenster-Branche verharrte allzu lange in der Meinung, dass Schäden an konstruktiven Rahmen in der Außenanwendung – vornehmlich Fenster und außen-liegende Türen – durch Fehler oder Schwächen der Holzschutz- und Lackmittel entstehen. Jedoch gilt es ebenso, die konstruktiven und ausführungstechnischen Voraussetzungen für die nachfolgende Oberflächenbehandlung den teilweise veränderten Anforderungen anzupassen. Das folgende Gespräch mit Detlef Schulze, technischer Leiter bei der Firma Sikkens, aufgezeichnet von Dipl.-Ing. Jürgen Estrich, Institut für Betriebs- und Arbeitstechnik des Tischlerhandwerks Hannover (iBAT), bringt viele altbekannte Zusammenhänge, aber auch neue Erkenntnisse ans Tageslicht.

BM Der Holzfensterbau blickt auf seine kritischste, fast schicksalshafte Phase zurück. Gemeint ist der dras-tische Rückgang der Marktanteile. Was steht wirklich dahinter?
Schulze Diese brennend interessierende Frage lässt sich leider nicht mit einem Satz beantworten. Unsere Technik ist heute in allen Zweigen hochentwickelt, sodass eine fest umris-sene Aufgabe schnell und zuverlässig gelöst werden kann. Der Holzfensterbau ist hingegen in besonders viele, differenzierte Teilgebiete zerstreut. Ihre Kernfrage: „Warum das einst dominierende Holzfenster seine positive Einschätzung mehr und mehr verliert“, ist entsprechend schwer im Sinne von Patent-rezepten zu klären.
BM Während der Werkstoff Holz in allen Bereichen der Aus-bautechnik besonders in den letzten, für das Holzfenster besonders kritischen Jahre, geradezu Triumphe feiert, scheint Holz in der Außenanwendung vor der Konkurrenz von Nichtholz-Materialien zu kapitulieren. Liegt hier nicht der Verdacht nahe, dass der Oberflächenschutz versagt hat?
Schulze In der zurückliegenden, vielfach unsachlich geführten Diskussion, wurde die Schutzfunktion von Lack auf Holz regelrecht strapaziert. Das Wunschdenken der Holzverarbeiter, Rahmen oder Holzteile mit einem Lack so zu versorgen, dass im Nutzungszeitraum von 40 bis 50 Jahren kein Pflege-anstrich erforderlich wird, ist illusorisch. Der erfolgreich gestaltete Wettbewerbskampf darf deshalb nicht an unerfüll-baren Gewährleistungs-Zusicherungen orientiert werden. Stattdessen muss die Langzeit-Erhaltung der Rahmensubstanz, und damit die Gebrauchstauglichkeit auf Zeit, im Mittelpunkt der Aufwertungsbemühungen stehen.
BM Für Nicht-Chemiker, z. B. für Holzverarbeiter, stellt sich die Frage, warum ein PVC-Profil biologisch nicht abbaubar ist – also „ewig“ hält, während eine Lackschicht, die schließlich auch aus Chemie besteht, nicht ebenso „ewig“ eine Dicke von 120 mµ oder mehr behält. So dilettantisch diese Frage anmutet: Im Wettbewerbs-Vergleich spielt sie unterschwellig eine große Rolle.
Schulze Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Die Oberfläche eines PVC-Hart-Profiles wird durch mechanische und atmosphärische Einwirkungen genauso belastet, wie eine Lackschicht außen. Beim PVC-Rahmen wird jedoch ein homogenes, kompaktes Material, also eine Werkstoffmasse, eingesetzt. Genau wie Aluminium ist die Feuchteaufnahme bei Hart-PVC gleich Null. Vergleicht man diese werkstoff-spezifische Eigenschaft mit dem hygroskopischen Trägermaterial Holz, so werden die Anforderungen an das Sys-tem „Lack auf Holz“ erkennbar. Unter dem Lackfilm ist je nach Temperaturschwankung und Feuchteeinwirkung ständig Bewegung.
BM Ist es nicht möglich, diese – wie Sie es nennen „Bewegung“ im Holzuntergrund – durch den Lack-Schutzfilm zu minimieren oder gar völlig auf Null zu stellen?
Schulze Verringern: Ja. Völlig beseitigen: Nein. An dieser Stelle teilen sich die Aufgaben und Verantwortungen zwischen Lack und Holzbearbeitung. Bezogen auf unsere Zuständigkeit haben wir die gar nicht leichte Aufgabe zu lösen, das Holzprofil so zu schützen, dass keine Feuchtigkeit eindringt, und vor allen Dingen die Maßhaltigkeit optimal erreicht wird. Mit einem dicken „Lackpanzer“ käme man dieser Forderung zwar etwas näher. Lackschichten auf Holz-Außenflächen müssen jedoch dampfdurchlässig sein, Lack auf Holz muss also zwei konträre Eigenschaften verbinden: Schutz gegen offenes Wasser, UV-Strahlen, Temperaturen und alle Einwirkungen. Gleichzeitig aber auch Dampfdruckoffenheit.
BM Sie haben inzwischen Lack-systeme entwickelt, die den erwähnten, gegensätzlichen Anforderungen optimal gerecht werden: Sie sind gleichzeitig elastisch genug, um Bewegungen aufzufangen, und obendrein umweltfreundlich, schadstoffarm mit wässrigen Lösemitteln ausgestattet. Andere bzw. höhere Eigenschaften lassen sich nach dem Stand der Technik 2000, einem Lack für die Holzbeschichtung außen, nicht mitgeben. Wie muss sich der Beitrag der anderen Seite – gemeint ist die Holzkonstruktion und -verarbeitung – gestalten?
Schulze Im Wesentlichen konzentriert sich die gemein-same Aufwertungsarbeit auf zwei Probleme: Die erwähnte, werkstoff-bedingte Bewegung unter der Lackschicht muss auf ein Mindestmaß verringertwerden. Holz und Lack sind gleichsam gefordert. Zweitens muss das Eindringen von offenem oder diffundierendem Wasser als Maßnahme des „Konstruktiven Holzschutzes“ zuverlässig verhindert werden.
BM Eigentlich handelt es sich bei diesen zwei Fragen um längst bekannte Aufgaben. Oder sind die Konstrukteure und Hersteller von Holz-Außenbauteilen hierbei überfordert?
Schulze Es hatte in der Vergangenheit leider den Anschein, als wolle man jegliche Schuld an Früh- und Lackschäden uns Chemikern zuordnen. Wir haben unseren Verarbeitern immer wieder – wie sich heute zeigt mit großem Erfolg – gesagt, dass ein noch so hochwertiger Lack kein falsch konstruiertes Fenster, und kein schlecht bearbeitetes Bauteil aufwerten oder gar retten kann. Einerlei, ob die elementarsten Regeln unter der Massenproduktion, oder unter dem Wettbewerbs- und Preisdruck unter-gehen: Wenn das Holz-Außenbauteil seine frühere, berechtigte Wertschätzung zurückerlangen will, dann müssen die verarbeitungstechnischen Voraussetzungen unseren Lacksystemen sorgfältig zugeordnet werden.
BM Speziell beim Umgang mit Holz scheint es doch erhebliche Unsicherheiten zu geben. Woran liegt das?
Schulze Zu dieser Frage bekommen wir vor allem von älteren Kollegen zu hören, dass es Probleme, Fehler und Schäden heutiger Art früher nicht gab. Die von Ihnen erwähnte Unsicherheit hat sich im Fensterbau, wie in kaum einem anderen Ausbaubereich, aus besonders vielen, unterschiedlichsten Faktoren multipliziert. Das fängt beim Werkstoff in seiner Urform an: Immer neue Holzarten, aber auch altüberlieferte Hölzer wie Kiefer, Fichte, Eiche usw., müssen veränderte Einwirkungen und Belastungen berücksichtigen. Unverändert geblieben – wenn auch vielfach vergessen – ist die Holzpflege. Dazu gehört seit eh und je die Kontrolle und Steuerung der Holzfeuchte. Wenn eine Holzkantel mit 18 – 20% in die spanende Bearbeitung eingeht, und während dem Fertigungsdurchlauf auf 10 % heruntertrocknet (weil die Werkstattluft speziell in der Heizperiode zu trocken ist), ist der Frühschaden bereits vorprogrammiert.
BM Sie erwähnten unter anderem den konstruktiven Holzschutz als Voraussetzung für eine Langzeitfunktion. Gibt es auch hierbei irgendwelche Unsicherheiten oder Schwachpunkte?
Schulze Die Holzfenster heutiger Bauart – in Deutschland nach DIN 68121 – sind in ihrer grundsätzlichen Konstruktion zeitgemäß und auf die zu erwartenden Einflüsse und Belastungen ausgerichtet. Wir meinen damit u. a. die Dämm- und Dichtfunktionen. Bei der Bearbeitung verlassen sich die Betriebe jedoch zu sehr auf den hohen Mechanisierungsgrad. Mit der Werkzeugabstimmung und mit dem Einsatz von Werkzeugsätzen sind jedoch nicht alle Probleme automatisch gelöst. Wir fordern von unseren Verarbeitern die Erfüllung von genau festgelegten verarbeitungstechnischen Richtlinien. Dazu gehört das normgerechte Verleimen, die erwähnte Kontrolle einer konstanten Holzfeuchte, das Versiegeln der V-Brüstungsfuge, und natürlich die genaue Einstellung der Lacktype bzw. des Oberflächen-Systems auf die Holzart, die zu erwartenden Belastungen und den Zustand des Holzuntergrundes.
BM Es ist verständlich und begrüßenswert, dass Sikkens als erfahrenes Unternehmen in der Lackherstellung und -entwicklung, die Initiative ergriffen hat. Seit vielen Jahren werden Ihre Kunden in hauseigenen Labor- und Verarbeitungseinrichtungen geschult. Die überwältigende Nachfrage zeigt, dass man die Bedeutung einer fachgerechten Lack-Applikation erkennt. Sikkens geht inzwischen einen Schritt weiter und weitet die lackier-technische Unterweisung auf die Konstruktion und Holzverarbeitung – aber auch auf die Planung – aus. Der Erfolg wird erkennbar. Vielen Dank für dieses Gespräch.
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