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Wir sollten unsere Fenstermonteure nicht unterschätzen«

Experten im Gespräch: ÖNORM B 5320 vs. RAL-Montageleitfaden
Wir sollten unsere Fenstermonteure nicht unterschätzen«

Die Montage von Fenstern und Haustüren ist keine triviale Angelegenheit. Um den Monteuren bei der fachgerechten Ausführung unter die Arme zu greifen, wurden Richtlinien erstellt. Österreich hat seit März 2015 eine knapp gehaltene Norm (ÖNORM B 5320 „Einbau von Fenstern und Türen in Wänden“), während in Deutschland der „Leitfaden zur Montage“ immer dicker wird. Ein Fachgespräch zwischen Peter Schober von der Holzforschung Austria und Ralf Spiekers, Tischler Schreiner Deutschland, beleuchtet die Unterschiede der Herangehensweisen.

Ralf Spiekers: Guten Tag, Herr Schober. Ehrlich gesagt, bei mir stand das Telefon einige Tage nicht still. Die Österreicher haben in der neuen schlanken ÖNORM B 5320 mit nur 30 Seiten einiges geregelt. Deutschland braucht dazu im Leitfaden zur Montage 299 Seiten, was deutlich umfangreicher ist als die ÖNORM, so die öfter gehörte Meinung. Dass der Leitfaden in DIN A5 gedruckt ist, reicht als Argument nicht wirklich.

Peter Schober: Vor dem Beginn der Neukonzeption der ÖNORM haben wir uns einige Ziele gesetzt, um die Akzeptanz in der Branche und bei den Monteuren zu erhöhen. Eines davon lautete, maximal 20 Seiten, heute haben wir 19 Seiten Text inklusive Deckblatt und Inhaltsverzeichnis und drei Anhänge – einen für Materialien und zwei für die Prüfung. Also für den Praktiker 17 Seiten, mit denen er sich auseinandersetzen muss.
Spiekers: Kürze allein ist für mich kein Kriterium guter Dokumente. Man darf nicht vergessen: Im Leitfaden sind eine Reihe von Abbildungen und Lösungen enthalten. Damit unterscheidet er sich von der DIN. Das Beiblatt 2 der DIN 4108 hat nur schematische Maße zum Wärmeschutz, sodass kaum zusätzliche Informationen enthalten sind. Der Leitfaden hingegen zeigt Musterlösungen und Isothermen.
Schober: Das war auch bei uns eine lange Diskussion, da die alte Norm schon einige Beispiele enthalten hat. Wir haben uns aber für eine reine Anforderungsnorm und keinen Konstruktionskatalog entschieden. Der Nachteil von Beispielen ist, dass diese nie vollständig sind, anderen Ausführungen als den gezeigten die Akzeptanz fehlt und unnötige Diskussionen und zudem Neuentwicklungen gänzlich fehlen (müssen).
Spiekers: Die einfachste Zusammenfassung zum Leistungsumfang Fenstereinbau findet sich in der ATV DIN 18355 Tischlerarbeiten. Hier sind Außenbauteile – wie das Fenster – mit korrosionsgeschützten Elementen so zu befestigen und aufzulagern, dass die Kräfte sicher in den Baukörper übertragen und Bewegungen aus den Bauteilen aufgenommen werden. Die Fensteranschlüsse sind außen umlaufend, dauerhaft und schlagregendicht auszuführen, die Fensteranschlussfuge ist mit Dämmstoffen vollständig auszufüllen und die Anschlussfugen sind innenseitig dauerhaft luftundurchlässig abzudichten. Mehr braucht es eigentlich nicht. Nur das „Wie“ ist damit nicht geklärt. Hier liegt die Stärke des Leitfadens.
Schober: Dieser Leistungsumfang wurde in der ÖNORM als Standard-Fenstereinbau definiert und umfasst das Befestigen des Fensters, das Füllen der Fuge und den inneren und äußeren Anschluss. Dafür dürfen auch Regel- und Standarddetails oder fachgerechte Einbaudetails von Systemherstellern verwendet werden. Dadurch ist es auch gelungen, eine der wesentlichen Forderungen der Branche zu erfüllen, nämlich eine Gewerketrennung zu erreichen. Damit ist der zu erbringende Mindestleistungsumfang festgelegt und das Gewerk Fenstereinbau kann dem Bauherrn übergeben werden. Darüber hinausgehend wurde der objektspezifische Fenstereinbau geregelt, der einen Planer fordert, der sich mit den spezifischen Gegebenheiten und Anforderungen auseinandersetzt und die Gewerke koordinieren muss. Hier darf auch vom Standard abgewichen und andere Ausführungen geplant werden.
Spiekers: Immer wenn man literarisch kurz wird, ist Abstraktion gefragt. Häufig werden nur Schutzziele formuliert. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die ÖNORM schreibt, Eigengewicht, Windlasten etc. müssen sicher in den Wandbildner/tragenden Baukörper abgetragen werden. „Sicher“ ist natürlich relativ. Diese Formulierung nützt nicht viel, wenn man konkret wissen will, ob in einer bestimmten Wand auf der Baustelle das gewählte Befestigungsmittel für eine bestimmte Fenstergröße bzw. Öffnungsart ausreichend ist. Dazu muss man sowohl die Kräfte kennen, die aus dem Fenster abgetragen werden, als auch die Möglichkeiten der Befestigungsmittel. Gerade in weicher werdenden Wänden wird das immer mehr zum Thema.
Schober: Ich glaube, wir sollten unsere Fenstermonteure nicht unterschätzen. Jeder, der ein Fenster im Bau vertragen hat, weiß, wie schwer dieses ist, kennt die üblicherweise auftretenden Kräfte und die kritischen Wandmaterialien sind auch hinlänglich bekannt. Da hilft vor Ort eine umfassende Anleitung zur Berechnung, so gut und richtig sie ist, auch nicht weiter. Wir setzen hier viel stärker auf Sensibilisierung. Der Monteur soll das Risiko erkennen und dann einen Planer (Experten) zu Rate ziehen, der dann z. B. auf die RAL zurückgreifen kann. Das wollen wir durch konsequente Schulung erreichen. Die gesamte Fenster-, Bau- und Montagebranche zieht hier an einem Strang.
Spiekers: Die Sensibilisierung ist ein guter Ansatz, finde ich. Anforderungen zu erkennen, sind wichtig. Normer neigen dazu, Anforderungen festzulegen. Ob das immer glücklich ist, sollte hinterfragt werden. Auch hier ein Beispiel aus der ÖNORM: Diese fordert für die Fenster und Außentüren gemäß Bauproduktenverordnung eine CE-Kennzeichnung. Grundsätzlich ist die Idee, pauschal die CE-Kennzeichnung zu fordern, richtig. Aber die Ausnahmetatbestände, die die EU-Verordnung auch bietet, sind damit eingeschränkt.
Schober: Sie haben schon recht, nur mit Anforderungen kann man nicht alles erschlagen. Aber es ist zentrale Aufgabe von Normen, die notwendigen Anforderungen möglichst exakt zu beschreiben. Der Markt bietet genug Instrumente, um gute und korrekte Lösungen zu finden, wie z. B. die RAL-Richtlinie und wir lassen das in der Norm auch explizit zu. Natürlich gelten auch in Österreich die (wenigen) Ausnahmebestimmungen, die die Bauproduktenverordnung zulässt. Darüber hinaus sind im Anwendungsbereich auch weiter Ausnahmen getroffen worden, wie bei der Reparatur beziehungsweise Rekonstruktion bestehender Fenster im gesamten Bereich des Denkmalschutzes und wenn Anforderungen an den Brandschutz vorliegen.
Spiekers: Herr Schober, gilt eigentlich in Österreich noch die Grundregel, innen dichter als außen?
Schober: Die Norm fordert „nur“, dass der Fensteranschluss geeignet sein muss, eine schädliche Kondensatbildung infolge von Diffusion zu verhindern. Und weiter heißt es, dass das feuchtetechnische Verhalten der angrenzenden Baustoffe für das Dampfdiffusionsverhalten ebenfalls maßgeblich ist. Bei dampfdiffusionsoffenen Wänden ist die Gefahr von schädlicher Kondensatbildung infolge von Diffusion im Anschluss gering. Unter diesen Rahmenbedingungen sind rauminnenseitig dampfdiffusionsdichtere Anschlüsse nicht erforderlich. Das heißt: „Innen dichter als außen“ ist nicht mehr zwingend erforderlich, aber weiterhin zulässig.
Spiekers: Viele Anrufe und Fragen aus der Beratung zielen in Richtung Blower-Door-Verfahren nach EN 13829. Hier wird leider auch immer wieder die Gebäudedichtheit mit der Luftdichtheitsklasse der Fenster verwechselt. Aber zurück zum Bauanschluss: Wie luftdicht muss ein Fensteranschluss denn sein?
Schober: Eine luftdichte Anschlussausführung ist immer herzustellen. Wir sprechen von einer ausreichenden Luftdichtheit, wenn die längenbezogene Fugendurchlässigkeit a ≤ 0,1 m3/[m.h.(daPa)2/3] gegeben ist. Im Labor können wir das gemäß ÖNORM B 5320, vor Ort gemäß ÖNORM B 5321 messen. Die Blower-Door-Messung gemäß EN 13829 ist aber nicht zur quantitativen und qualitativen Beurteilung der Luftdichtheit des Fenster- und Bauanschlusses geeignet, nachdem die Messung keine Aussage über die längenbezogene Luftdurchlässigkeit zulässt und die Prüfdrücke wesentlich geringer angesetzt sind. Die Blower-Door-Messung ist zur Leckageortung gut und sinnvoll, aber im Zweifelsfall ist die längenbezogene Fugendurchlässigkeit zu ermitteln.
Spiekers: Lassen Sie mich mal abschließend einen Schwenk zum Thema Befestigung machen. Aus Handwerkssicht ist ein sympathischer Passus in der ÖNORM unter Abschnitt 5.6 Befestigung formuliert. „Sofern vom Fensterhersteller nicht anders angegeben, gilt ein maximaler Befestigungsabstand von 700 mm. Der Abstand zu den Ecken darf 100 bis 200 mm betragen.“ Diese grundlegende Auffassung teilen wir – geeignete Wandbildner vorausgesetzt. Mal selbstkritisch an uns formuliert: Hier ist noch Bedarf im Leitfaden, keine unnötigen Hürden und Nachweise zu kreieren.
Schober: Wir haben versucht, im Bereich des Standard-Fenstereinbaus auch nachweisfreie Regelungen festzuschreiben und hoffen, dass wir damit 80 bis 90 % der Einbausituationen abdecken können. Für den zugegebenermaßen wichtigen Rest sieht unsere ÖNORM entsprechende Nachweise vor oder fordert überhaupt einen objektspezifischen Fenstereinbau mit entsprechender Planung und Koordinierung der beteiligten Gewerke.
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