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Von einem, der auszog, neue Kunden zu gewinnen

Ein Marketing-Projekt und seine Folgen
Von einem, der auszog, neue Kunden zu gewinnen

Die Marketing-Story von Schreinermeister Josef Ernst aus dem schwäbischen Ort Neuler – das ist die Geschichte von einem kleinen Betrieb, der es leid war, sich unter Wert zu verkaufen und auszog, mit konsequenter Ausrichtung auf den Kunden an vernünftige und lukrative Aufträge zu kommen. Unterstützung fand er dabei in einem individuellen Workshop-Programm des Baden-Württembergischen Handwerkstags.

Auf einer Hochebene, von lauschigen Bachtälern umgeben, ein alter Ortskern mit dörflichem Charakter, nette Neubaugebiete mit großen Grundstücken, 3000 Seelen – das ist Neuler, eine Gemeinde im Ostalbkreis, östlich von Stuttgart gelegen. Ein landschaftliches Idyll, in dem automatisch auch das Handwerk noch goldensten Boden hat? Nicht ganz: „Ohne die Aufträge, die wir durch unser ganz spezielles, persönliches Marketing seit eineinhalb Jahren konsequent akquirieren, würden auch wir gerade schwere Zeiten erleben“, so Josef Ernst, Schreinermeister und Inhaber des gleichnamigen Betriebs mit insgesamt sechs Mitarbeitern. 1992 hat der heute 42-Jährige die Möbel- und Ausbauschreinerei von seinem Vater übernommen. Schon lange lag der Schwerpunkt der Tätigkeiten auf individuellen Arbeiten für Küche und Bad sowie Maßanfertigungen für den Wohnbereich. Ein sehr persönlicher Umgang mit den Kunden – in der Mehrzahl Privatleute – und Qualitätsarbeit von der Beratung bis zur Termineinhaltung war schon immer Ehren-sache. Selbstredend war der moderne Familienbetrieb auch mit zeitgemäßer Werbung wie einer eigenen Homepage und gelegentlichen Anzeigenschaltungen aktiv. Und über die Problematik, sich als kleinen Betrieb im Markt richtig zu positionieren, hatte sich der Inhaber auch schon oft seine Gedanken gemacht. Trotzdem entschloss sich Josef Ernst 1999 – obwohl die Geschäfte nicht schlecht liefen und er eigentlich gerade mit dem Neubau eines Ausstellungsraums alle Hände voll zu tun hatte – bei einem Pilotprojekt des Baden-Württembergischen Handwerkstags (BWHT) als einer der Ersten mit zu machen. Eher zufällig hatte der seminar- und vortragserfahrene Schreinermeister eine Informationsveranstaltung des BWHT bei der Kreishandwerkerschaft besucht, bei der der völlig neue Ansatz dieses Handwerksmarketing-Programms vorgestellt wurde: pragmatische Wissensvermittlung statt abgehobener Theorie, echte Problemlösungen und handfeste Durchführungsunterstützung vor Ort im Betrieb sowie Begleitung der Betriebe bis zum selbst gesteckten Ziel. „Irgendwie“, erinnert sich Josef Ernst, „hatte ich das Gefühl, ich verpasse etwas wirklich Wich-tiges für meinen Betrieb, wenn ich diese Chance auslasse.“ Eine Entscheidung, die Ernst jetzt – drei Jahre später – auch rational als „goldrichtig“ einstuft und die ihn optimal auf die heute schweren Marktverhältnisse vorbereitet hat.

Nicht nur reden – machen
Der pragmatische Ansatz spiegelte sich in der Struktur des Projekts wider. „Informationsseminare, Workshops und Inten-sivseminare, sowie Beratung und Umsetzungshilfe vor Ort haben wir zu einem wirksamen Paket geschnürt.“, umreißt Andrea Eigel das Spektrum. Die 36-jährige Handwerksmarketing-Expertin, Geschäftsführerin der Marketing-Agentur Kaleidoskop Marketing-Service GmbH, hat in zwei Workshops der ersten Projektphase 20 Teilnehmer beraten und begleitet – unter ihnen Josef Ernst. Im Vordergrund stand dabei, für jeden Betrieb individuell eine umfassende Herangehensweise statt beliebiger Einzelmaßnahmen zu entwickeln und zu verwirklichen. Dass Marketing weit mehr bedeutet als Werbung, gehörte zu den ersten wichtigen Einsichten der Teilnehmer. Marketing wurde vorgestellt als ein Erfolgsinstrument, das die konsequente Ausrichtung des gesamten Betriebs auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden bedeutet – vom ersten Kontakt über die Auftragsdurchführung bis zur Pflege der Kontakte über den Auftrag hinaus sowie der generellen Darstellung in der Öffentlichkeit. „Ich habe dabei erkannt,“, so Josef Ernst, „dass in dieser Sichtweise eine Riesenchance auch für kleine Betriebe steckt, die nicht über Millionen-Werbebudgets verfügen – und dass es unsere vorhandenen Stärken wie der sehr persönliche Kundenkontakt und unsere Zuverlässigkeit sind, die wir bewusst ausbauen und betonen müssen.“
Grundlagenarbeit: Zeitlich machbar – inhaltlich fruchtbar
Die Seminare mit Workshop-charakter fanden an sieben Tagen über das Jahr verteilt statt. Neben der praxisnahen Theorie nahm dabei der Erfahrungsaustausch und vor allem die konkrete Entwicklungsarbeit für Strategie- und Maßnahmenfindung den größten Raum ein. Andrea Eigel: „Im Seminar haben wir beispielsweise eine Checkliste für eine Betriebs-analyse, die auf kleine Betriebe zugeschnitten ist, erstellt und sie vor Ort in den Betrieben erarbeitet.“ Ebenso entstanden direkt verwendbare Fragebögen zur Analyse von Kundenzufriedenheit und zur Mitarbeiterbefragung. So wurden die Teilnehmer mit auf sie zugeschnittenen Analyse-Werkzeugen ausgestattet – sowohl bei der Strategiefindung wie bei der kontinuierlichen Kontrolle und Optimierung ihres Marketings. Den Kundenfragebogen setzte Josef Ernst sofort ein – und hatte ein weiteres Aha-Erlebnis: „Trotz Urlaubszeit hatten wir dabei einen gigantischen Rücklauf von 78 Prozent. Besonders motiviert hat mich, dass unsere Kunden wegen den pfiffigen Designleistungen, unserer hochwertigen, pünktlichen Arbeit und weil sie uns vertrauen zu uns kommen – und dass dabei der Preis zweitrangig ist.“ Das war eine Erkenntnis, die Josef Ernst bei seinen weiteren Planungen die Sicherheit gab, auf dem richtigen Weg zu sein.
Umsetzung: Genau nachgefragt – konkreten Plan entwickelt
Zweites Element des BWHT-Programms war die individuelle Vor-Ort-Betreuung und -Begleitung der Teilnehmer. An zwei Tagen legte Andrea Eigel mit ihren Betriebsinhabern die konkrete Marketing-Strategie fest. Dazu gehörte die Betriebsanalyse im Ist-Soll-Vergleich, die Mitarbeiterbefragung, die Entwicklung von Zielgruppen- und Leis-tungsprofilen sowie die konkrete Maßnahmenplanung. Diesen Beratungsteil hat Josef Ernst als weichenstellend empfunden: „Statt nach Schema F wie bei allen anderen Seminaren, die ich bis dahin mitgemacht habe, haben wir hier gemeinsam eine Strategie entwickelt, die den Möglichkeiten und Voraussetzungen meines Betriebs genau entsprechen.“ Auch langfristig wirken diese zwei Tage nach. „Wir haben damals unsere Ziele genau fixiert. Bis heute fällt es mir dadurch sehr leicht zu entscheiden, was wir an Aktivitäten in welchem Zeitraum angehen und was wir besser lassen.“
Maßnahmen – machbar und mit Weitblick
Noch im Jahr 2000, also während der Workshop-Laufzeit, packte Josef Ernst zwei Maßnahmen an, die ihm besonders am Herzen lagen. Zum einen setzte er das Erscheinungsbild der Firma – nicht im üblichen Schreinerbraun, sondern in dynamischem Rot – konsequent um. Von der Arbeitskleidung der Mitarbeiter über Fahrzeugbeschriftung aller Firmenautos, von Geschäftsdrucksachen bis Firmengebäude-Beschilderungen ist nun das ganze Ernst-Outfit auf Linie. Diese Maßnahme hat ihm ein positives Echo von Kunden, aber auch von anderen Handwerkskollegen eingebracht, die die Schreinerei Ernst mittlerweile als regionalen Vorreiter in Sachen Handwerksmarketing wahrnehmen. Das zweite wichtige Vor-haben betraf den Showroom, der parallel fertig gestellt wurde. „In einem eigenen Ausstellungsraum wollte ich endlich unsere Arbeiten in ihrer Gesamtwirkung darstellen können, ohne dabei außer Haus Referenzkunden anfahren zu müssen“, erinnert sich Josef Ernst. „Allerdings hatte ich, bis mich Frau Eigel darauf aufmerksam machte, noch keine großen Vorstellungen, wie ich den Showroom langfristig vermarkten und ihn für meine Unternehmensziele nutzen könnte.“
Einfach – aber genial und wirkungsvoll
Die Einweihung des Showrooms wurde unter großer Kundenresonanz im Frühjahr 2001 mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Doch das war nur der Startschuss. Weil der Ausstellungsraum keine Attrappe, sondern ein voll eingerichtetes Appartement im Dachgeschoss des Firmengebäudes ist – inklusive Bad, Wohnbereich und voll funktionstüchtiger Küche – entwickelten der Schreinermeister und seine Beraterin eine ebenso einfache wie geniale Idee. Warum nicht ausgewählte Interessenten (also potentielle Kunden) und Kunden regelmäßig zu Koch-Events in „die gute Stube“ einladen? Überschaubarer Aufwand und maximaler persön-licher Kontakt – das passte zum Stil von Josef Ernst genauso wie zu den Möglichkeiten seines Kleinbetriebs. 2001 probte Josef Ernst diese Maßnahme mit zwei Testveranstaltungen. Die wiederum waren so erfolgreich, dass er für 2002 sieben Kochabende plante. Zwischen sechs und zwölf Personen – Stammkunden wie Interessierte, die noch nie bei ihm gekauft hatten – lud er zu den unterschiedlichen kulinarischen Themenabenden ein. Gegen einen Unkostenbeitrag zwischen 13 und 20 Euro (Josef Ernst: „Was nichts kostet, taugt auch nichts – auch das habe ich im Workshop gelernt.“) versammelte man sich in der maßgeschneiderten Showroom-Küche. Bei „Brot und Wein“ erwartete die (potenziellen) Kunden ein Brotbackabend regionaler und internationaler Spezialitäten mit anschließender Weinprobe. Auch beim „Überraschungsmenü“ und beim „Kochen mit Dampf“ gehörte es zum Programm, dass Schreinermeister, Meisterfrau und Gäste gemeinsam die Ärmel hochkrempelten und unter kundiger Anleitung das zubereiteten, was anschließend genüsslich an der festlich dekorierten Tafel (denn das Auge isst mit) verspeist wurde. Die Resonanz auf diese Veranstaltungsreihe war so überwältigend, dass Josef Ernst noch weitere fünf Kochabende zusätzlich anbieten musste, um die Nachfrage zu befriedigen.
Direktmarketing wie aus dem Lehrbuch
Josef Ernst ist von dieser Marketingmaßnahme begeistert und überzeugt – und das hatte seine Gründe: „Zum einen erreiche ich mit diesen Kochabenden auch Zielgruppen, die gegen klassische Werbung wie Anzeigen oder Anschreiben komplett resistent sind – zum Beispiel Selbständige und Freiberufler, die ich jetzt schon an mehreren Abenden bei mir begrüßt habe und die auch 2003 wieder mit dabei sein werden“, berichtet der Schreinermeister. Und weiter: „Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten – aber aus jedem der zwölf Kochabende 2002 ist ein Auftrag mit beträchtlichem Volumen für mich entstanden.“ Dabei verkauft Josef Ernst an diesen Abenden seine Leistungen überhaupt nicht explizit. Durch die Atmosphäre und die Veranstaltung als solche erreicht Ernst aber genau das, was in seinen Augen das Wichtigste ist, um Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen: „Ich glaube, dass Kunden dort am liebsten kaufen, wo sie sich wohlfühlen, sich verstanden, ernst genommen und aufgehoben fühlen. Und das können wir als kleiner Betrieb bieten und durch solche Kochabende natürlich eins zu eins vermitteln.“
Marketing ist „Taten sprechen lassen“
Natürlich ist dem Schreinermeister klar, dass er sein sympathisches werbliches Versprechen dort halten muss, wo es zu Sache geht – bei der Auftragsdurchführung. Deshalb arbeitet er kontinuierlich und langfristig daran, auf allen Betriebsebenen noch kundenfreundlicher zu werden. Im Januar 2003 besuchten seine Mitarbeiter ein Marketing-Seminar, das ihnen kundenorientiertes Verhalten praxisnah näher brachte. Ernst erhofft sich davon auch, dass das Team in Zukunft noch mehr eigene Ideen entwickelt und in den Betrieb einbringt. Auch in seinem Leistungsspektrum gibt es Bewegung. Ernst baut seine Komplettleistungs-Palette laufend weiter aus. So kann er sich den Kunden mit Lösungen aus einer Hand präsentieren – und das wiederum bringt zwei Vorteile: Zum einen hat der Auftraggeber mit nur einem Ansprechpartner deutlich weniger Aufwand. Zum anderen stellt Ernst damit sicher, dass Fehlleistungen anderer Gewerke die Freude seiner Kunden an seinen Schreinerleistungen nicht schmälern. „Wir gehen heute sogar soweit,“ erklärt Ernst, „bis hinunter zum Stromplan für den Elektriker alles in unserem Haus vorzubereiten.“
Auch in Zukunft heißt es: dranbleiben!
Durch den Workshop hat der 42-Jährige eine Menge anderer Handwerksmeister auch aus anderen Gewerken kennen gelernt. Regelmäßig trifft sich dieser Kreis zum Erfahrungsaustausch. Speziell mit einem Malermeister aus der Region zieht Josef Ernst seither auch marketingtechnisch an einem Strang. Für 2003 planen die beiden, auf mehreren Messen und Regionalausstellungen präsent zu sein und damit den Wirkungskreis auch räumlich auszudehnen. Ebenfalls für das neue Jahr hat sich Ernst vorgenommen, mehr Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Denn natürlich gibt es auch 2003 weitere Kochabende – dieses Jahr unter Länderthemen von italienisch bis asiatisch – und nun wird die Gästeliste um örtliche Journalisten erweitert. Hat sich also dieser Marketing-Workshop ausgezahlt? Josef Ernst: „Unbedingt! Vor zweiJahren haben wir gemeinsam mit Andrea Eigel die Grundlagen geschaffen. Sie sind so solide, dass wir auf dieser Basis alleine Kurs halten können. Allerdings werde ich mir immer wieder professionellen Marke-tingrat einholen, wenn es Zeit für neue Impulse ist!“
Matthias Eigel, Kaleidoskop Marketing-Service GmbH
Marketing-Grundlagen auf CD-ROM
Statt einer rein statistischen Auswertung entstand aus dem BWHT-Projekt ein Medium, das den Beteiligten und anderen Handwerksbetrieben konkrete Unterstützung in der täglichen Marketing-Arbeit liefert: Eine CD-ROM, in der die theoretischen Marketing-Grundlagen verständlich und prägnant formuliert sind sowie um direkt verwendbare Umsetzungsbegleiter ergänzt werden. Jeder Themenblock enthält interaktive Checklisten, realisierte Anwendungsbeispiele sowie Audio-Erfahrungsberichte von Betrieben, die den Marketing-Weg bereits beschreiten. Die 20 gängigsten kommunikativen Marketing-Maßnahmen – von Anzeigen- und Angebotsgestaltung über Internet-Auftritt und Mitarbeitergespräch bis hin zu Werbebriefen und -geschenken – sind so aufbereitet, dass gerade kleine und mittlere Betriebe direkt „loslegen“ können.
Kaleidoskop Marketing-Service GmbH, 70192 Stuttgart
Tel 07 11/164 23-0, Fax ~/164 23-12
www.kaleidoskop.de
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