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Mit Herz, Hand und Verstand

Schreinerlehre am Gymnasium Landschulheim Marquartstein
Mit Herz, Hand und Verstand

Basierend auf seiner reformpädagogischen Geschichte hat das handwerkliche Arbeiten eine lange Tradition am Gymnasium Landschulheim Marquartstein im Chiemgau. Seit fast 20 Jahren gibt es dort die Möglichkeit, begleitend zum Gymnasialunterricht eine Schreinerlehre zu absolvieren und diese mit der Gesellenprüfung abzuschließen.

BM-Redakteur Heinz Fink

An allen verfügbaren Werkbänken und Arbeitsplätzen wird fleißig gearbeitet. Hier werden Zinken angerissen und gesägt, dort das Handstück eines Bogens ausgearbeitet. Die Fensterbretter und Regale sind gesäumt von fast fertigen Übungsstücken und Möbelmodellen im Maßstab 1:1. Auch im Maschinenraum geht es geschäftig zu. Dort werden Rahmenteile gedübelt und bereits bekantete Platten in die große Breitbandschleifmaschine geschoben … fast wähnt man sich in einer Berufsschule oder der Ausbildungswerkstatt einer größeren Schreinerei, wären da nicht einige deutlich zu junge Schüler unter den Azubis. Doch es ist die Schreinerwerkstatt des Gymnasiums Landschulheim Marquartstein im bayrischen Chiemgau. Neben dem Werkunterricht für die Unterstufenschüler und Projektarbeiten im Bereich Holz der höheren Jahrgänge, findet hier eine auf fünf Jahre verteilte Schreinerausbildung parallel zum Schulunterricht statt und führt so zum Abitur und zum Gesellenbrief. Das in Bayern einmalige Pilotprojekt hat seit 2004 mehr als 30 Absolventen mit dieser Doppelqualifikation hervorgebracht.

Ganzheitliches Lernen

Erste Kontakte mit dem Werkstoff Holz haben die Schüler bereits im Werkunterricht der fünften Klasse und eventuell später im Wahlfach Holz. Wer sich für eine Schreinerausbildung entscheidet, muss sich in der siebten Klasse bis Weihnachten schriftlich bewerben. Entscheidend sind neben dem obligatorischen Probeschreinern, gute schulische Leistungen und ein hohes Maß an Selbstständigkeit, um der Doppelbelastung standhalten zu können. Die anschließende Schreinerausbildung beginnt mit der achten und dauert bis zur zwölften Klasse. Dazu wurde der übliche, auf drei Jahre angelegte Ausbildungsplan in Kooperation mit der HWK Oberbayern und unter der aktiven Mitarbeit von Schreinermeister Miche Huber, Ausbilder in Marquartstein, angepasst.

Integrierter Unterricht

Ab der achten Klasse besuchen die Azubis an zwei unterrichtsfreien Nachmittagen den Werkstattunterricht und erlernen die Grundfertigkeiten des Schreinerns. Der fachtheoretische Teil der Ausbildung ist in den Unterrichtsplan des Gymnasiums integriert und wird von Tobias Leineweber, Gymnasiallehrer und selbst gelernter Schreiner, erteilt. Zusätzlichen CAD-Unterricht erhalten die Schüler von Berufsschullehrer Markus Schütz. In der zehnten Klasse legen die Marquartsteiner Schreinerazubis zusammen mit den Auszubildenden der Traunsteiner Schreinerinnung an der dortigen Berufsschule die Zwischenprüfung ab. Auch die Gesellenprüfung am Ende der zwölften Klasse wird nach abgelegter Abiturprüfung in diesem Rahmen abgehalten. Den Gesellenbrief gibts allerdings nur bei bestandener Abiturprüfung!

Praxisnahe Ausbildung

Zusätzlich zum Werkstattunterricht absolvieren die Azubis die notwendigen Maschinenkurse, davon den TSM 1 in der eigenen Werkstatt, Teil zwei und drei sowie den Oberflächenkurs und die Ausbildung zur CNC-Fachkraft überbetrieblich im Bildungszentrum der HWK in Traunstein. Darüber hinaus absolvieren alle Azubis in jedem Lehrjahr in den Ferien fünf Wochen Praktika, davon eine in den Ferien, in Schreinereibetrieben der Umgebung. Aber auch die Ausbildung in der eigenen Werkstatt ist sehr praxisnah angelegt, darauf legt Schreinermeister Miche Huber besonderen Wert. So werden Möbel wie Tische, Bänke oder Regale fürs Gymnasium und das schuleigene Internat und Tagesheim gefertigt, aber auch in Zusammenarbeit mit der Töpferei der Schule ein Wegweisersystem erstellt. Auch Aufträge von außen werden angenommen wie ein Kugelbahnspiel in massiver Fichte für eine nahegelegene Grundschule oder eine Bank in Lärche mit strahlenförmiger Rückenlehne für eine therapeutische Einrichtung in der Region.

Engagierter Ausbilder

Lediglich drei Azubis pro Lehrjahr kann Miche Huber in seiner Werkstatt aufnehmen, die Nachfrage nach einer Lehrstelle ist weit größer. Von den derzeit 15 Auszubildenden sind sieben weiblich. Schreinergesellen werden wohl die wenigsten seiner Azubis bleiben, so Miche Huber, was ihn aber nicht zu grämen scheint und er nennt sie „mein ganzer Stolz“ – 31 waren es in den vergangenen knapp zwei Jahrzehnten.

Gut ein Drittel davon hat fachnah studiert, etwa an der Fakultät Holztechnik und Bau der Technischen Hochschule im nahegelegenen Rosenheim. Die anderen finden ihren weiteren Weg in allerlei anderen Studiengängen, keiner von ihnen habe jedoch die Entscheidung, die schulbegleitende Schreinerlehre gemacht zu haben, bereut, sagt Miche Huber. In zwei Jahren gehe er in Rente, doch bis ein Nachfolger gefunden ist steht er seinen Jungs und Mädels bei auf dem Weg zum Schreiner und zur Schreinerin mit Abitur.


Gymnasium Landschulheim Marquartstein

Die Idee, Schule und Handwerk miteinander zu verbinden, geht auf den Schulgründer Hermann Harless (1887-1961) zurück, der damit einen frühen reformpädagogischen Weg verfolgte.

Das staatliche Gymnasium Landschulheim Marquartstein bietet einen sprachlichen und einen technologisch-naturwissenschaftlichen Zweig an. Neben dem gymnasialen Fächerkanon erlernen die Kinder und Jugendlichen auch handwerkliche Fähigkeiten. So gehören traditionell vier Werkstätten zur Schule, eine Schreinerei, Töpferei, Elektrowerkstatt und eine Gärtnerei mit eigenen Gewächshäusern. Eine Besonderheit bildet das Angebot, dass die Jugendlichen auf dem Weg zum Abitur parallel eine Schreinerlehre absolvieren können.

www.lsh-marquartstein.de

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