Inspiriert durch die schulische Auseinandersetzung mit Leichtbauwerkstoffen im Rahmen seiner Weiterbildung zum Holztechniker an der Fachschule für Technik und Gestaltung in Flensburg, aber auch durch Eigeninteresse an den daraus entstehenden Möglichkeiten für den Fahrzeuginnenausbau, entwickelte Jan-Paul Klemm einen Adapter zur Befestigung handelsüblicher Konstruktionsbeschläge in Leichtbauplatten. Ziel ist, die Nutzung von Leichtbaumaterialien zugänglicher zu machen und das geringe Gewicht von Leichtbaumaterialien zu nutzen. Dem Aspekt der Ressourcenschonung kommt dabei besondere Bedeutung zu, da die Möglichkeit besteht, mit weniger, anderen oder recycelten Ressourcen und Material zu arbeiten. Die Facharbeit zeigt exemplarisch die Erstellung eines Adapters für ein Topfscharnier der Firma Blum in einer Leichtbauplatte der Firma Pyrus Panels am Beispiel einer Möbeltür für den Fahrzeuginnenausbau. Durch den Adapter kann auf Spezialbeschläge verzichtet und herkömmliche Möbelbeschläge in Leichtbaumaterialien verwendet werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der entworfene Adapter in geringer Stückzahl von Betrieben selbst gefertigt werden kann, um nicht von limitierten Produktlösungen der Industrie abhängig zu sein.
Konsequente Problemanalyse
Der Entwicklung des Konzeptes und eines daraus entstehenden Prototypen ging eine eingehende Analyse und detaillierte Problembeschreibung der Befestigung von Beschlägen in Leichtbauplatten voraus, von der aus nach Lösungen gesucht werden konnte. Die Analyse wurde am Beispiel der dreischichtigen Lisocore Leichtbauplatten von Pyrus Panels durchgeführt. Als Topfscharnier wurde das Blum Clip Top Blumotion 110° Inserta Scharnier gewählt, welches eine 35-mm-Topfbohrung und zwei 8-mm-Bohrungen zur Befestigung der werkzeuglosen Spreizdübel benötigt. Um eine stabile Befestigung des Scharniers gewährleisten zu können, muss daher an mindestens den beiden Befestigungspunkten der Spreizdübel ausreichend Vollmaterial in die Mittellage der Leichtbauplatte eingebracht werden. Idealerweise sollte auch der Topf formschlüssig fest in der Platte sitzen, um spätere Beanspruchungen wie auftretende Hebel- oder Auszugskräfte aufnehmen zu können.
Leichtbau im Camperausbau
Gerade in Campingfahrzeugen kommt es auf leichte Materialien an, um trotz Ausbau im zulässigen Gesamtgewicht zu bleiben. Dabei spielen auch Faktoren wie die Feuchtebeständigkeit (Kondenswasser) und eine Standarddicke von 19 mm inklusive Beschichtung eine Rolle. Zum Einsatz kam die melaminharzbeschichtete Leichtbauplatte Lisocore von Pyrus Panels, die das Gewicht gegenüber handelsüblichen Spanplatten mit einer Rohdichte von 350 kg/m3 annähernd halbiert.
Die Arbeit von Jan-Paul Klemm befasst sich auch mit der Untersuchung von handelsüblichen Leichtbaubeschlägen, wie Kaltschmelz- oder Klebedübel. Der Nachteil, sie eignen sich eher für die großtechnische Produktion und befestigen das Topfband nur an zwei Punkten ohne den Topf zusätzlich zu stützen – darüber hinaus kann durch die offene Bohrung Feuchtigkeit ins Platteninnere geraten.
Befestigungsbeschlag neu gedacht
Der zu entwickelnde Adapter sollte daher alle drei Bohrungen für das Topfband aufnehmen und die Montagebohrungen bereits eingebracht sein, sodass nur noch die Aufnahmetasche in der Leichtbauplatte eingebracht werden muss. Der Adapter sollte auf die Plattenstärke von 19 mm angepasst sein, auf beiden Deckschichten Klebefläche finden und rundum geschlossen sein, um den Eintritt von Kleber in die Montagebohrung zu verhindern. Er sollte flächenbündig eingelassen werden und möglichst wenig sichtbar sein.
Neben dem verwendeten Material für den Adapter – nach Versuchen mit Fichte-Vollholz, Birke- und Buche-MPX kam Buche-MPX mit HPL-Beschichtung zum Einsatz – ist auch der verwendete Kleber von Bedeutung. Nach Versuchen mit Heißkleber und Weißleim entschied sich Jan-Paul Klemm für den Einsatz von PU-Kleber (Ponal), da dieser eine hohe Festigkeit aufweist, aufschäumt, die Fugen abdichtet und sich gut im Hohlraum der Platte verteilt.
Digitale Datenerstellung
Der Fertigung des Adapters ging eine grundlegende CAD-Planung voraus, für die Jan-Paul Klemm Auto-Cad nutzte. Nach der Übergabe der Kontur von AutoCAD an IMAwinCAD wurde je ein Programm für den Adapter und eins für die Taschenfräsung in der Platte erstellt. In seiner Endform weist der Adapter auf der Sichtseite einen umlaufend überstehenden Rand von etwa 1 mm auf, der zusätzliche Klebefläche bietet und den sauberen, flächenbündigen Sitz im Falz der Aufnahmetasche gewährleistet.
Variable CNC-Fertigung
Für die Herstellung der Adapter auf dem CNC-Bearbeitungszentrum war die Reihenfolge der Bearbeitungen entscheidend, da diese einmal umgespannt werden mussten um die Ober- und Unterseite zu fräsen bzw. zu bohren. Im ersten Arbeitsgang wurden – per Vakuum gespannt – die Bohrungen eingebracht und im zweiten Schritt die Werkstücke umgedreht durch Klebeband auf einer Opferplatte fixiert und die Kontur des Adapters und die des überstehenden Randes gefräst. Für die Bearbeitung der Konturen 1 und 2 im Türblatt wurde je eine Freiformtaschen gefräst.
Alternativ untersuchte Jan-Paul Klemm die Herstellung der Taschenfräsungen mittels der CNC-Handoberfräse Origin von Shaper. Da diese nur SVG-Daten (Scalable Vector Graphics) verarbeiten kann, wurden die CAD-Daten mittels Fusion 360 umgewandelt. Die Taschen mussten hier in mehreren Zustellungen gefräst werden, um die Maschine nicht zu überlasten – diese Art der Bearbeitung stellt aber eine mögliche Alternative zum CNC-Bearbeitungszentrum dar.
Fazit
In seiner von den Lehrkräften Hendrik Toben und Benjamin Ehrhardt betreuten Facharbeit hat Jan-Paul Klemm mit seinem Adapter eine funktionsfähige Alternative zu herkömmlichen Beschlagsbefestigungen im Leichtbau erarbeitet, die im jetzigen Entwicklungsstadium bereits genutzt werden kann. Das Konzept dieses speziellen Adapters kann jedoch auch auf viele weitere Konstruktionsbeschläge, wie Topfbänder anderer Hersteller oder auch Verbindungsmittel übertragen werden, sodass auf diese Weise die Fertigung kompletter Möbel mit diesem System möglich ist. (hf/Quelle: Facharbeit von Jan-Paul Klemm)
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