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Von der Natur inspiriert

Fertigung eines Sitzmöbels als Meisterstück
Von der Natur inspiriert

Einer planungs- und fertigungstechnischen Herausforderung der besonderen Art stellte sich Simon Hölscher bei der Herstellung seines Meisterstückes. Sein einer geöffneten Blüte gleichender Sessel aus Eiche ist in alle Richtungen rund, schräg und dreidimensional geformt. Wir geben hier einen Einblick in die komplexe Entstehung des Stückes.

BM-Redakteur Heinz Fink

Unter dem Titel „Vom Hörsaal an die Hobelbank …“ hatten wir vor gut zwei Jahren (siehe BM 03/2021, S. 111 ff.) über Simon Hölscher berichtetet, der auf sein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Sozialen Arbeit noch eine Tischlerlehre folgen ließ. Neben dem Aufbau der Sozialwerkstatt eines privaten Jugendhilfeträgers bei Kiel besuchte er in den darauffolgenden Jahren berufsbegleitend die Meisterschule der HWK Flensburg, die er im Sommer 2022 mit der Meisterprüfung abschloss.

Dabei entstand, ähnlich seinem Gesellenstück – einem Schreibtisch in Eiche und Mineralwerkstoff im skandinavischen Design –, ein organisch geformter Sessel, dessen Sitzfläche an eine geöffnete Blüte erinnert. Wie schon beim Entwurf seines Gesellenstückes, gingen auch der Entwicklung seines Meisterstückes viele Überlegungen, Handskizzen und CAD-Kontruktionszeichnungen voraus, um das schlichte aber dennoch komplexe Sitzmöbel planerisch zu erfassen. Und auch in der anschließenden Fertigung wie dem extensiven Einsatz von Oberfräse und Schablonen – ergänzt durch moderne CNC-Technik – finden sich Parallelen.

Handwerk und Technik verbinden

Mit seinem Sessel „blossom“ wollte Simon Hölscher weg von den Themen üblicher Meisterprüfungsprojekte wie Schränke oder Sideboards und ein Möbel entwickeln, das klassische Handwerkstechniken mit den Möglichkeiten moderner, digitaler Planungstools verbindet. So wurden erste Ideen, um sich der Form und Proportion anzunähern, ganz traditionell in Form von Handskizzen zu Papier gebracht und diese anschließend im CAD (SketchUp) dreimensional präzisiert. Neben der besseren räumlichen Visualisierung, lieferte das CAD-Programm auch die exakten Längenmaße der Teile und die notwendigen Konturen für die zahlreichen Verleim- und Frässchablonen.

Aufgehender Blütenkelch

Den Kern des Sessels bildet die um 3° nach hinten geneigte, sechseckige und an den Ecken gerundete Sitzfläche des Sessels aus einer
30 mm starken in Eiche furnierten Birke-Multiplexplatte. Diese erhielt mithilfe einer Shaper Origin auf der Unterseite fünf trapezförmige Ausfräsungen bzw. Taschen, in welche die unterschiedlich breiten, formverleimten Lehnenelemente flächenbündig eingeleimt wurden. Die aus Biegesperrholz hergestellten, ebenfalls in Eiche furnierten Lehnenteile wurden in einer aus Form und Gegenform bestehenden Schablone mit PU-Kleber verklebt, um deren Form- und Winkelstabilität zu gewährleisten. Anschließend wurden die unter einem Winkel von 15° geneigten Elemente auf der Formatkreissäge parallel und im Winkel geschnitten und das untere Ende mithilfe von Schablonen und der Oberfräse passend auf die Form der Taschen in der Sitzfläche gefräst.

Minimale Verbindungsquerschnitte

Eine besondere fertigungstechnische Herausforderung stellte der die Sitzfläche und die Rückenlehnen einfassende Ring aus Eiche dar. In der Endform ein 30 mm dicker Rundstab, ist dieser aber aus geraden, Rahmenteilen entstanden. Die auf Gehrung geschnittenen Rahmenteile wurden durch kräftige Dübel verbunden, die genau in der späteren Rundungskontur liegen mussten – auch hier leistete die CAD-Zeichnung gute Dienste! Nach dem Verleimen wurden die beiden U-förmigen Elemente auf der Bandsäge ausgeschweift und mittels Oberfräse mit Anlaufring und Schablone auf eine gleichmäßige Breite von 30 mm gebracht. Die Enden der Bögen wurden dabei noch breiter gelassen, um auf der Kreissäge mithilfe einer Schablone den passenden Gehrungswinkel anschneiden und diese anschließend dübeln zu können. Jetzt konnte das gebogene Profil mit einen 15-mm-Radiusfräser auf seine gleichmäßig runde Form gebracht werden. Die Verbindungspunkte der beiden Lehnenbögen wurden grob von überflüssigem Material befreit und mit der Oberfräse zwei parallele Bezugsflächen hergestellt, auf denen die Schablone für die Kontur- und Rundungsfräsung sauber aufliegen konnte.

Mithilfe weiterer Schablonen wurden in den nun geschlossenen Ring die Nuten zur Aufnahme der 11 mm starken oberen Enden der Lehnenteile eingefräst und von Hand eckig ausgestemmt – als Verbindung zur Vorderkante der Sitzfläche dienen zwei zylindrische Zapfen aus Messing. Jetzt konnte der umlaufende Lehnenrahmen mit den bereits an der Sitzfläche befestigten Lehnenteilen mithilfe von Zwingen und Spanngurten verleimt werden.

Tragende Struktur

Das Fußgestell des Sessels wird von in zwei Richtungen schräg ausgestellten Beinen und zwei Quertraversen gebildet. Die Eckverbindung der Beine und die Traversen sind gedübelt. Auch hier war wiederum ein ausgedehnter Einsatz von Schablonen notwendig, sowohl zum Ausfräsen der Innenkontur als auch zum Ansägen der Schrägen an der Oberkante und den Fußenden der beiden seitlichen Gestellrahmen. Die Verbindung der Sitzschale und des Untergestells erfolgte über kräftige Dominoverbinder.

Die Oberfläche des Sessels wurde zum Schutz abschließend mit einem weißpigmentierten Hartwachsöl (Osmo) behandelt. Das Sitzpolster und die drei Kissen sind mit einem grauen Wollstoff bezogen, der einen guten Kontrast zum warmen Eichenholz des Sessels bildet.

Sozial engagiert arbeiten

Ästhetische, handwerkliche Arbeit und soziales Engagement will Simon Hölscher auch in Zukunft verbinden. Seine Werkstatt, die bei Kiel mit einer freien Jugendhilfeeinrichtung eng zusammenarbeitet, bietet dafür die besten Voraussetzungen. In seinem Team hat er weitere pädagogisch ausgebildete Kollegen und zusätzlich einen weiteren Tischlermeister sowie Architekten, um individuelle Produkte und Raumkonzepte auf höchstem Niveau anbieten zu können.

Ab sofort möchte Simon Hölscher mit seinem Team auch die Möglichkeit zur Absolvierung einer vollwertigen Ausbildung zum Tischlergesellen anbieten, auch für sozial benachteiligte Jugendliche. Jungen Menschen unabhängig von Herkunft und Historie eine Chance zum Einstieg ins Berufsleben zu geben, ist dem Team von Ingood besonders wichtig.

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