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Kein Hexenwerk

Die Leistungserklärung für Bauprodukte
Kein Hexenwerk

Ein neues Zauberwort lässt die Branche nervös reagieren, denn mit der neuen Bauproduktenverordnung (BauPV), die heute schon angewendet werden kann und spätestens zum 1. Juli 2013 verpflichtend wird, kommt sie: die Leistungserklärung. Was ist anders als in der bisherigen CE-Kennzeichnung?

Autor: Reiner Oberacker, Ralf Spiekers

Blickt man auf die vielen „Beweggründe“ zur Verordnung, hier der Beweggrund 24, so ist es klar: „Wird ein Bauprodukt in Verkehr gebracht, das von einer harmonisierten Norm erfasst ist oder für das eine Europäische Technische Bewertung ausgestellt wurde, sollte ihm außer in den in dieser Verordnung festgelegten Fällen eine Leistungserklärung in Bezug auf die Wesentlichen Merkmale der Bauprodukte in Übereinstimmung mit den entsprechenden harmonisierten technischen Spezifikationen beigefügt werden.“ In der Verordnung selbst heißt es dann unter Artikel 4, Leistungserklärung: „Ist ein Bauprodukt von einer harmonisierten Norm erfasst … , so erstellt der Hersteller eine Leistungserklärung für das Produkt, wenn es in Verkehr gebracht wird.“ Die Leistungserklärung muss dem Abnehmer, in der Regel dürfte das wohl der Bauherr sein, in gedruckter oder elektronischer Weise zur Verfügung gestellt werden (Artikel 7). Auch kann eine Abschrift der Leistungserklärung in gedruckter Form vom Abnehmer gefordert werden. Die elektronische Variante kann ggf. auch auf einer Website zur Verfügung gestellt werden. Unter Bezugnahme auf Artikel 11 (2) hat der Hersteller die technischen Unterlagen und die in deutscher Sprache zu erstellende Leistungserklärung zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen des Bauprodukts aufzubewahren.

Leistungserklärung passend zur Planung
Das Muster einer „Leistungserklärung mit CE-Kennzeichen“ stellt eine mögliche Umsetzung der Vorgaben der BauPV dar. (Dieses Muster steht unter www.bm-online.de in der Medienbibliothek zum Download – Aktualität und Richtigkeit sind zu prüfen). Sie ist sehr eng angelehnt an die Anlage III dieser Verordnung. Die dort gemachten Angaben sind – bis auf die Aufnahme des CE-Logos und minimale Ausnahmen sowie die für Fenster und Außentüren nicht zutreffenden und deshalb weggelassenen Abschnitte hinsichtlich Bauprodukten nach einer Europäischen Technischen Bewertung – wörtlich übernommen und in kleiner Schriftgröße in der Vorlage eingefügt.
Weiter enthält der Formular-Vorschlag fettgedruckte Angaben und Passagen. Diese sind von dem anwendenden Hersteller einmalig auf seine Verhältnisse anzupassen. Die auf den jeweiligen Auftragsfall bezogenen und zu machenden Angaben sind rot fettgedruckt. Diese beziehen sich auf die Identifizierung/Benennung des Bauvorhabens, den ggf. von jedem Betrieb neu zu erfindenden Name des Produkts; z. B. Fenster für Wohngebäude, „NN Holzfenster IV 68“, „Standard IV 68“, „Classic IV 78“, „Premio 90“, „EnEf Fenster 2020“, „energic 5500“, „Suprime IV 105“, „Passiv 0,8“ etc. Weiter bleibt, wie bisher bei der CE-Kennzeichnung, eine Auflistung der wesentlichen Merkmale und deren Ausprägung vorzunehmen. Dies ist eine sehr anspruchsvolle und durchaus schwierige Aufgabe, da bei ganz enger Betrachtung die Merkmale so anzugeben sind wie sie in der Leistungsbeschreibung für das Bauvorhaben gefordert waren. Da eine derartig ausgefeilte Ausschreibung eher als Ausnahme anzusehen ist, ist schon das Anbieten von für das einzelne Objekt genau passenden Fenstern oder Außentüren eine durchaus anspruchsvolle Planungsaufgabe. Als noch aktuelles Hilfsmittel steht dazu derzeit die ift-Einsatzempfehlungen für Fenster und Außentüren und – zukünftig, aber absehbar – die von den Fachverbänden unterstützte neue DIN 18055 „Anwendung von Fenstern und Außentüren im Bauwesen“ zur Verfügung. Beide Regelwerke haben das unbedingte Ziel, objektbezogene, anforderungsgerechte Merkmale-Ausprägungen zu ermitteln und auszuschreiben, um zu hohen konstruktiven Aufwand und damit Kosten und Risiken zu minimieren.
Umsetzungsbeispiel
In dem gezeigten Beispiel der Fenster für ein Einfamilienhaus sind in der ersten Zeile der Tabelle die Positionen 1 bis 6 zusammengefasst. Sie enthalten Fenster und Fenstertüren (letztere ohne „niedrige Schwellen“, die zu einem andern U-Wert führen würden) in verschiedenen Maßen und Teilungen aus Fichte mit Zweifach-Standard-Isolierglas und einer sehr guten warmen Kante. Die angegebenen Klassen für den Windwiderstand und die Schlagregendichtheit entsprechen einer durchaus häufigen Bausituation, zumindest wenn die erhöhten Wind-Sog-Kräfte im Randbereich von Gebäuden berücksichtigt werden. Bei der Luftdichtheitsklasse wurde die Klasse 3 gewählt, die gemäß EnEV 2009 bei Gebäuden mit mehr als zwei Vollgeschossen gefordert ist. Da bei diesen Positionen kein erhöhter Schallschutz gefordert ist, kann mit „NPD“ das Nicht-Erklären eines Wertes zum Ausdruck gebracht werden. Alternativ könnte für einen Glasaufbau 4-16-4 ohne Prüfnachweis ein Rw von 34 dB aufgrund einer Tabellen-Zuordnung in der Produktnorm DIN EN 14351-1 (Tabelle B.2) erklärt werden. Auch bei den „Gefährlichen Substanzen“ wird „NPD“ erklärt, da CE-Werte nur aufgrund von europäischen Regelwerken ermittelt und erklärt werden können, diese aber derzeit hierzu noch nicht vorliegen. Die bestehenden nationalen Vorschriften sind natürlich einzuhalten. So ist gegebenenfalls auch nach Artikel 33 der REACH-Ordnung die bestehende Pflicht zur Weitergabe von Informationen über Stoffe in Erzeugnissen zu beachten.
In den Positionen 7 bis 9 sind die in gleicher Grundkonstruktion ausgeführten Fenster für die Straßenseite des Objektes ausgeführt. Dort will der Auftraggeber eine erhöhte Schalldämmung von 37 dB haben, die mit einem Glasaufbau von 8-16-4 erreicht werden. Dieser Wert – im alten Sprachgebrauch wäre das der Rw,P-Wert – ist durch eine Prüfung im Rahmen des hinter dem Hersteller stehenden CE-Systems nachgewiesen und kann deshalb in der Leistungserklärung so angegeben werden.
Nicht vernachlässigt werden sollte dabei, dass die dickere Scheibe bereits Auswirkungen auf die strahlungsphysikalischen Werte des Fensters, genauer: der Scheibe hat, die sich mit einem Prozentpunkt allerdings in einem vernachlässigbaren Bereich und zudem deutlich in dem für diese Werte zulässigen Toleranzbereich bewegen.
Schließlich wurde die Position 10 deshalb extra ausgewiesen, da hier ein Fenster mit einem klassischen Oberlichtöffner vorliegt. Für solche Fenster verlangt die Produktnorm, dass sie mit Sicherheitsvorrichtungen, das sind die berühmten Putz- und Sicherheitsscheren, ausgestattet sind. Die Normenangabe „erfüllt“ bedeutet, dass der verwendete Beschlag die Prüfung mit dem 35 kg-Gewicht bestanden hat. Bei dem nicht bauaufsichtlich geforderten Merkmal der Schlagregendichtheit wurde vorsichtshalber „NPD“ erklärt, da der Anpressdruck des Flügels bei dem Oberlicht-Beschlag nicht so optimal wie bei einem Drehkipp-Beschlag sein kann und eine hohe Schlagregenklasse damit nicht sicher erreichbar ist.
Rückverfolgbarkeit
Dieses Schlagwort spielt in der BauPV eine wichtige Rolle, welche jedoch für die betriebliche Praxis nicht überstrapaziert werden sollte. Nach BauPV § 11 ist u. a. die Pflicht der Hersteller, „eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes Kennzeichen zu ihrer Identifizierung“ an den Bauprodukten anzubringen. Es ist hier die Identifizierung des jeweiligen Herstellers gemeint und betrifft nur solche Produkte, für die es eine harmonisierte Produktnorm gibt. Letztere sind in Veröffentlichungen der Europäischen Kommission im Europäischen Amtsblatt (OJC) aufgelistet. Für Zwecke des Fenster-, Haustüren- und Fassadenbaus wird z. B. ein Aufkleber in den Falz befestigt. Diese Kennzeichnung an jedem Element ist sehr einfach realisierbar und enthält – bis auf die „Herstellung einer Verbindung zur Leistungserklärung“, die für entbehrlich angesehen wird – alle in der BauPV geforderten Detailangaben. Die Aufkleber, blockweise aus plastifiziertem Papier bestehend, werden in den Falzbereich eingeklebt und bleiben dauerhaft lesbar. Durch die Verwendung des Firmenlogos sind sie neben der Kennzeichnung gewissermaßen auch Werbeträger.
Ein Ausblick
Für das Handwerk positiv ist der dritte Absatz des Artikels 4. „Mit der Erstellung der Leistungserklärung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Bauprodukts mit der erklärten Leistung. Liegen keine objektiven Hinweise auf das Gegenteil vor, so gehen die Mitgliedsstaaten davon aus, dass die vom Hersteller erstellte Leistungserklärung genau und zuverlässig ist“, heißt es dort. Diese Formulierung entspricht der alten Rechtssicht des Bauproduktengesetzes (BauPG). Dort hieß es unter § 12 (3) CE-Kennzeichnung zuvor: „Ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung nach Absatz 1 trägt, hat die widerlegbare Vermutung für sich, dass es im Sinne des § 5 brauchbar ist und dass die Konformität nach § 8 nachgewiesen worden ist.“ Insofern werden aus Sicht der Autoren nicht wirklich neue Haftungsrisiken gesehen.
Es kann und soll aber hier nicht in Abrede gestellt werden, dass die beschriebenen objektspezifischen Angaben in der Leistungserklärung sowohl für kleine als auch für große Betriebe eine Herausforderung darstellen. Im Vergleich zur bisherigen tatsächlichen und richtigen Anwendung der CE-Kennzeichnung sind die Dinge aber inhaltlich gleich geblieben – lediglich die äußere Form und das formale Drumherum haben sich geändert bzw. ist ausgeweitet worden.
Ganz besondere Schwierigkeiten bzw. ein besonders hoher Umsetzungsaufwand bestehen für Hersteller mit einer breiten Produktpalette hinsichtlich verschiedener Rahmensysteme und ggf. zusätzlich verschiedener Rahmenmaterialien. Da sich dabei die Möglichkeiten von Werten oder Klassen für die Leistungserklärung multiplizieren, besteht die Notwendigkeit, tausende verschiedener möglicher Angaben richtig zu handhaben und zuzuordnen. Dies insbesondere dann, wenn an Händler für anonyme Kunden oder auch an Wiederverkäufer verkauft wird, welche die wirklichen objektspezifischen Anforderungen kaum selber kennen, geschweige denn diese konkret an den Hersteller weitergeben.
Ein Lösungsweg könnte hierbei die Deklaration von Mindestwerten in der Leistungserklärung sein. Die „Gefahr“ dabei ist, dass dann objektspezifisch höhere Werte/Klassen gewollt oder gebraucht werden und die gelieferten Fenster aus formalen Gründen (nämlich den vorliegenden erklärten Werten) nicht eingebaut werden dürfen.
Mit den vorstehenden Ausführungen soll die handwerkliche Sicht der Dinge auf die neue Anforderung nach einer Leistungserklärung gemäß BauPV dargestellt werden. Ihre Anwendung bedeutet zwar Aufwand, wird aber nicht zum wirklichen Hexenwerk. I

Artikel 6 „Bauproduktenverordnung“ Inhalt der Leistungserklärung
(1) Die Leistungserklärung gibt die Leistung von Bauprodukten in Bezug auf die Wesentlichen Merkmale dieser Produkte gemäß den einschlägigen harmonisierten technischen Spezifikationen an.
(2) Die Leistungserklärung enthält insbesondere folgende Angaben:
  • a) den Verweis auf den Produkttyp, für den die Leistungserklärung erstellt wurde;
  • b) das System oder die Systeme zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit des Bauprodukts gemäß Anhang V;
  • c) die Fundstelle und das Erstellungsdatum der harmonisierten Norm oder der Europäischen Technischen Bewertung, die zur Bewertung der einzelnen Wesentlichen Merkmale verwendet wurde;
  • d) soweit zutreffend, die Fundstelle der verwendeten Spezifischen Technischen Dokumentation und die Anforderungen, die das Produkt nach Angaben des Herstellers erfüllt.
(3) Zusätzlich enthält die Leistungserklärung Folgendes:
  • a) den Verwendungszweck beziehungsweise die Verwendungszwecke des Bauprodukts gemäß der anwendbaren harmonisierten technischen Spezifikation;
  • b) die Liste der Wesentlichen Merkmale, die in diesen harmonisierten technischen Spezifikationen für den erklärten Verwendungszweck beziehungsweise die erklärten Verwendungszwecke festgelegt wurden; DE L 88/12 Amtsblatt der Europäischen Union 4.4.2011
  • c) die Leistung von zumindest einem der Wesentlichen Merkmale des Bauprodukts, die für den erklärten Verwendungszweck beziehungsweise die erklärten Verwendungszwecke relevant sind;
  • d) soweit zutreffend, die Leistung des Bauprodukts nach Stufen oder Klassen oder in einer Beschreibung, falls erforderlich, auf der Grundlage einer Berechnung in Bezug auf seine Wesentlichen Merkmale, die gemäß Artikel 3 Absatz 3 bestimmt wurden;
  • e) die Leistung derjenigen Wesentlichen Merkmale des Bauprodukts, die sich auf den Verwendungszweck oder die Verwendungszwecke beziehen, für den oder für die Bestimmungen dort zu berücksichtigen sind, wo der Hersteller eine Bereitstellung des Produkts auf dem Markt beabsichtigt;
  • f) für die aufgelisteten Wesentlichen Merkmale, für die keine Leistung erklärt wird, die Buchstaben „NPD“ (No Performance Determined/keine Leistung festgelegt);
  • g) wenn eine Europäische Technische Bewertung für das Produkt erstellt wurde, die Leistung nach Stufen oder Klassen oder in einer Beschreibung des Bauprodukts in Bezug auf alle Wesentlichen Merkmale, die in der entsprechenden Europäischen Technischen Bewertung enthalten sind.
(4) Die Leistungserklärung wird unter Verwendung des Musters in Anhang III erstellt.
(5) Die in Artikel 31 beziehungsweise Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 genannten Informationen werden zusammen mit der Leistungserklärung zur Verfügung gestellt.
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