1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Markterfolg zwingt zur Produktionserweiterung

BM-Reportage
Markterfolg zwingt zur Produktionserweiterung

Der Aufbau Ost hat nicht überall so funktioniert, wie im Unternehmen Gehr – Holzfenster und Haustüren – mit Sitz unweit von Leipzig, das mit zwei besonders interessanten Entwicklungen derzeit aufhorchen läßt: Zum einen werden Holzfenster mit wachsendem Erfolg in einem Gebiet gefertigt und vertrieben, in dem das Kunststofffenster den Markt zu beherrschen scheint. Zum anderen nimmt die Nachfrage nach Außenbauteilen seit der Gründung des Betriebes in Gaunitz bei Oschatz im Jahr 1991 kontinuierlich zu. Geschäftsführer Klaus E. Körner und Inhaber Eduard Gehr haben für diese Entwicklung recht simple, aber ebenso überzeugende Erklärungen.

– Als westdeutsches Unternehmen haben Sie sofort nach der Grenzöffnung Partnerschaften mit ostdeutschen Tischler-Kollegen im Raum Leipzig geschlossen. Hatten Sie von vornherein das Ziel, einen selbständigen Zweigbetrieb in der ehemaligen DDR zu errichten?

Gehr: Daß wir schon 1991 auf dem Gewerbegebiet der Gemeinde Gaunitz – an der „Tischlerei-Straße“ – die Fertigung beginnen konnten, zeigt wie schnell und ebenso konsequent der Entschlußgefaßt und in die Tat umgesetzt wurde. Die Planung und Erstellung der Werkhalle mit Verwaltung und umfangreicher Ausstellung wurde nach westdeutschen Erfahrungen und Maßstäben in sehr kurzer Zeit abgewickelt.
– Haben Sie mit diesem Tempo und dieser Konsequenz nicht die ostdeutschen Kollegen überrumpelt?
Gehr: Im Gegenteil. Wir sehen unser Engagement unverändert als tatkräftige, kollegiale Unterstützung und Zusammenarbeit mit den Betrieben, die damals – sozusagen über Nacht – vor nahezu unlösbaren Aufgaben und Umstellungen standen. Denn weder die Fenster- und Türkonstruktionen, noch die Fachkenntnisse und schon gar nicht die fertigungstechnischen und finanziellen Voraussetzungen waren vorhanden bzw. im Sinne der Fensterbau-Technologie des Westens so schnell zu installieren, wie es die Nachfrage verlangte.
?Die Mehrzahl der Anfang der 90er Jahre in ostdeutschen Neu- und Altbauten gebrauchten Außenbauteile kam bekanntlich aus westdeutschen Produktionen jeder Größenordnung. Sie haben das jedoch nicht mitgemacht, sondern auf ostdeutschem Boden investiert. Warum?
Gehr: Das hat zwei Gründe, die wir rückblickend als richtungsweisend für unseren heutigen Erfolg werten. Als reiner Innenausbaubetrieb mit Erfahrungen im Schiffsausbau – mit Sitz bei Bremerhaven – hätten wir eine Fensterproduktion auch in Westdeutschland erst aufbauen müssen. So sind wir gleich vor Ort gegangen mit dem Ziel, Arbeitsplätze dort zu schaffen, wo sie dringend notwendig sind. Wir haben uns mit dieser Strategie bis heute – und das wird auch so bleiben – gegenüber den Zulieferern aus dem Westen, unschätzbare Vorteile geschaffen.
– Welche Vorteile stecken nach Ihrer Erfahrung im Standort „Ostdeutschland“?
Gehr: Die Nähe zu unseren Partnern, die den Vertrieb und die Montage bis zur Nutzungsübergabe abwickeln, ist bei aller Industrialisierung im Fenster- und Türenbau, ein entscheidender Faktor. Dazu zählt auch die Nähe zu den Objekten, die trotz aller Normierung immer noch einen zuverlässigen Service brauchen. Es kommt jedoch noch ein weiterer, wie wir inzwischen erleben konnten, sehr wichtiger Faktor bei der Standortwahl hinzu: Das sind die Fachkräfte im Betrieb. Mit Ausnahme einiger Positionen in der Betriebsleitung sind in unserem jetzt 60-Mann-Betrieb nur Fachleute aus der Umgebung beschäftigt. Entgegen vieler anderer Meinungen haben wir mit ostdeutschen Mitarbeitern die besten Erfahrungen gemacht.
– In der Tat überrascht diese Feststellung, zumal die berufliche Ausbildung und die entsprechende Qualifikation gerade im Tischlerhandwerk in der DDR anders war als in der Bundesrepublik.
Gehr: In einem neu eingerichteten Betrieb muß trotz sorgfältigster Planung in vielen Bereichen flexibel reagiert werden. Die ostdeutschen Mitarbeiter bringen hierbei die besten Voraussetzungen aus der Zeit vor 1998 mit. Aber auch das Wissen der besonderen baulichen und nachfragebedingten Umstände ist bei ostdeutschen, hier ansässigen Kollegen vorhanden. Bei aller Umstellung und Neuorientierung können unsere Mitarbeiter einen unschätzbaren Erfahrungs-Fundus hinsichtlich der ortsüblichen Gepflogenheiten einbringen.
– Personell und fertigungstechnisch ist das Unternehmen Gehr also mit den richtigen Voraussetzungen in die ostdeutsche Landschaft hineingewachsen. Der Erfolg hängt jedoch ebenso vom richtigen Angebot ab. Mußten Sie hierbei westdeutsche Maßstäbe ansetzen?
Gehr: Zu dieser Frage können wir nur auf die vielen Pannen und Fehlplanungen an ostdeutschen Bauten hinweisen. Im Neubau wurden zwar sehr schnell die Bau- und Ausbautechniken der freien Wirtschaft angewendet. Bei der Altbaurenovierung ist jedoch das bekannte Stil- und Fingerspitzengefühl – ganz speziell im Fenster- und Türeneinbau – erforderlich. Die Altbau-Renovierung hatte übrigens in der Zeit vor 1990 einen vielfach nicht bekannten hohen Stellenwert. Entsprechend hoch waren auch die technisch-wissenschaftlichen Arbeiten. Man kann deshalb als westdeutscher Anbieter nicht in der Überzeugung herkommen, daß fortan alles nach westdeutschem Strickmuster gemacht werden muß. Diese „Hoppla – jetzt komm’ ich- Taktik“ hat in Ostdeutschland leider viel Unmut, aber auch Unsinn entstehen lassen.
?Sicherlich haben Sie den Markt und die Nachfrage sorgfältig untersucht und beobachtet. Wie hat sich Ihre Fertigung und Ihr Angebot dementsprechend gestaltet?
Gehr: Die Tischlerei-Betriebe im nahen und später im ferneren Umfeld haben uns wichtige Hinweise mit auf den Weg gegeben. Denn niemand kannte zunächst die Besonderheiten dieses Marktes so gut wie die ansässigen Unternehmer. Aufgrund der Konstellation – in Zusammenarbeit mit Handwerksbetrieben – haben wir von der ersten Stunde an konsequent den Einbau unserer Bauteile delegiert. Wir montieren keine Fenster bzw. Haustüren. Dadurch können wir uns ohne Einschränkung auf die Konstruktion, auf das bestmögliche Zubehör, den Service und auf die inzwischen RAL-gütegesicherte Fertigung konzentrieren.
– Hinsichtlich der Konstruktion und Ausführung der Holzfenster konnten bzw. mußten Sie sich an DlN-Normen und werkzeugabgestimmten, einheitlichen Details orientieren. Wo jedochliegen die Besonderheiten, die zu Ihrem heutigen Erfolg führten?
Gehr: Etwa 50 % unserer heutigen Fertigung befaßt sich mit den von Ihnen erwähnten, normativ vereinheitlichten Holz-Bauteilen. Auf diesem Sektor hat nur der Anbieter Erfolg, der leistungsfähig produzieren kann, um beim Preis mithalten zu können. Dieses Geschäft ist an die Grenze des vertretbaren Preis-Niveaus gestoßen. Die Unterscheidungs-Freiräume verlagern sich immer mehr auf den niedrigsten Preis.
Diesem Geschäft können wir allerdings nicht den Rücken kehren. Die bevorstehende Erweiterung unserer Fertigungshallen zielt zunächst auf die Reduzierung der Bearbeitungszeit je Fertigungseinheit ab.
?Kapazitätserweiterung und Rationalisierung sollen also den Lohnfaktor je Fenster verkleinern. Was haben Sie dafürgeplant?
Gehr: Wir bekommen eine weitere Halle von 30 x 100 Meter. Diese 3000 m2 sind dringend notwendig, um die augenblicklichen Zeitverluste wegen der unerträglichen Enge abzubauen. Gleichzeitig wird die Produktion rationalisiert. Wir werden eine Weinig-Koch-Durchlaufanlage im System UC-matic einrichten. Dann wird die gesamte Oberflächenbehandlung mit der Firma Eisemann/Wagner auf den neuesten Stand gebracht. Die Haustürfertigung und der Sonderelementebau wird zukünftig über ein CNC-Bearbeitungszentrum der thüringischen Firma Trima erfolgen. Dazu und für weitere Leistungsverbesserungen brauchen wir Platz. Die Erweiterung wird Anfang 1999 in Betrieb genommen, um dann täglich statt 60 Einheiten doppelt soviel fertigen zu können.
?Diese Rationalisierungs-Schraube zwingt Sie wie den gesamten Wettbewerb ständig zu modernisieren, um Anschluß an das Marktniveau zu halten. Was aber geschieht mit den anderen 50 %?
Gehr: Wir haben ein Holzfenster speziell für den Denkmalschutz entwickelt. Im Grundkonzept handelt es sich um eine normgerecht konstruierte Ausführung. Denn auch für Fenster im Denkmalschutz wie im gesamten Altbau müssen zunächst die Funktionen – also die dämm- und dichtungstechnischen Eigenschaften usw. – stimmen. Diesem Grundkonzept haben unsere Konstrukteure in enger Zusammenarbeit mit erfahrenen Denkmalschutz-Architekten eine sicher einmalige Formen-Vielfalt zugeordnet. Wir nennen das Programm inzwischen „Gehr-Denkmal“, nachdem die bisherige Bezeichnung „Klassik“ vom Wettbewerb für ganz andere Werte besetzt wurde. In nahezu ganz Ostdeutschland weiß man, daß in unserem Betrieb jede noch so ausgefallene Fensterform, -aufteilung, -kontur, Holzart und Farbe auf die sehr diffizilen Anforderungen des Denkmalschutzes eingestellt werden kann. Aber insbesondere unsere reduzierten Ansichtsbreiten sind der Grund für die große Nachfrage. Der Bedarf ist in Ostdeutschland immer noch groß. Dieser Anteil an unserer Fertigung wird sich ausweiten. Wir müssen deshalb jetzt die fertigungstechnischen Voraussetzungen – also Platz und neue Maschinen – schaffen.
? Mit den Kapazitäten muß jedoch auch der Vertrieb wachsen. Wird auch der Kopf Ihres Betriebes größer?
Gehr: Der Vertrieb weitet sich zur Zeit auch auf den Fachhandel aus. Unsere traditionellen Partner bleiben jedoch unser Vertriebsstamm. Durch Schulungen für eine Montage nach RAL-Güterichtlinien sorgen wir dafür, daß unsere hochwertigen Holzfenster entsprechend fachgerecht und sorgfältig eingebaut werden. Das ist übrigens auch bei der Zusammenarbeit mit dem Fachhandel eine wichtige Voraussetzung.
Mit Ihrem speziellen Fenster für den Denkmalschutz haben Sie bereits den ersten Schritt getan, eine möglichst stabile Auftragslage zu sichern, um im nächsten Schritt die immer härter werdenden Preiskämpfe zu umgehen. Sie haben den Aufbau Ost in die Tat umgesetzt. Wir sind nach diesem Gespräch sicher, daß Sie Ihre Erfolge ausbauen werden und wünschen Ihnen dafür viel Erfolg. n
Tags
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de