Spielzeuge, Modelleisenbahnen, Puppenstuben … Wer erinnert sich nicht an diese Bilder aus Kindertagen, an die auf den Maßstab kleiner Menschen gebrachten Gegenstände aus der realen Welt der Erwachsenen? Den Miniaturendrechsler Uwe Uhlig aus dem Erzgebirge hat diese Faszination für das „Winzige“ bis heute nicht losgelassen.
Autor: Heinz Fink
Der Begriff „Miniatur“ – für die kleine Form – findet sich in vielen Zusammenhängen: in der Kunst als kleine Malerei oder Skulptur, in der Musik bezeichnet er ein kurzes Musikstück, in der Literatur ebenfalls einen kurzen Text oder auch ein kurzes Theaterspiel und in der Welt der Dinge im weitesten Sinne Gegenstände in kleinem bis kleinstem Maßstab. Uwe Uhlig, Drechslermeister aus Lengefeld im Erzgebirge hat sich dieser Kunstform in seinem Handwerk verschrieben. Die Welt im Kleinen fasziniert ihn seit seiner Kindheit: Damals begeisterten ihn die kleinen Häuschen und Züge seiner Modelleisenbahn so sehr, dass er „Modelleisenbahnhäuschenbauer“ werden wollte – in Ermangelung einer geeigneten Ausbildung zu diesem „Wunschberuf“ begann er eine Lehre zum Drechsler. In den Jahren danach war er in der Herstellung von klassischem Kunsthandwerk in Holz, für das die Region um Seiffen im Erzgebirge weltweit bekannt ist, tätig.
Der Weg in die Welt des Kleinen
Doch die Arbeit in der Serie war auf Dauer nicht seine Berufung und so baute er sich im Haus seiner Schwiegereltern den Kuhstall um und richtete dort seine eigene Werkstatt ein. Hier entstehen nun schon seit 13 Jahren all die feinen, kleinen Dinge, die einer anderen Welt zu entstammen scheinen – der des Mikrokosmos von Uwe Uhlig.
Nach den Ursprüngen für diese Faszination gefragt, geht er weit in seine Jugend zurück und erzählt von den Werken Nikolaj Sjadristys, einem Künstler aus der Ukraine, der sagenhafte Mikrominiaturen schuf: Ein Schachbrett kaum größer als der Kopf einer Stecknadel, das kleinste Buch der Welt mit einer Größe von nur 0,6 mm2 oder ein mit goldenen Hufeisen beschlagener Floh.
Diese Vision vor Augen, dass es möglich sei, Dinge in immer noch kleinerem Maßstab zu fertigen, und ein ebenfalls vorhandenes Faible für Märchen und Sagen, aber auch für das Geschichtenerzählen sind wohl die Quelle und der Antrieb für das Schaffen Uwe Uhligs. So entstanden in den vergangenen Jahren unzählige Miniaturen, Szenen in einer ganz eigenen Interpretation des im Erzgebirge sonst angefertigten Weihnachts- oder Osterschmuckes. Nur wenige Zentimeter große, abstrahierte Einzelfigürchen in poetischen Szenen, wie die eines Jungen beim Drachensteigen oder eines Mannes beim Spaziergang mit Hund. Märchenszenen aus Hänsel und Gretel, Rapunzel oder Sterntaler sind ebenso darunter wie klassische Krippenszenen mit den wohlbekannten Figuren. Feine Kräuselbäume in verschiedenen Größen und nur wenige Millimeter große Vögelchen gesellen sich zu den schlichten Figuren und bilden jeweils eigene Genreszenen – zumeist in feinjähriger Fichte und Linde gefertigt und ohne jegliche Bemalung.
Exotische Hölzer in Bewegung
Neben diesen figürlichen Arbeiten entstehen in Uwe Uhligs Werkstatt unter dem Einsatz von Röhre, Meißel und Abstecher – den klassischen Werkzeugen des Drechslers – aber auch Kreisel in den verschiedensten Form- und Holzvarianten. Solche aus den heimischen Hölzern Kirsche, Birnbaum oder Esche ebenso wie aus exotischen Hölzern wie Amaranth, Ebenholz oder Wenge – um nur einige wenige zu nennen. Auch andere Materialien wie Steine, darunter Achat und Jaspis, oder Geldmünzen kommen als Schwungkörper für seine Kreisel zum Einsatz. Kennzeichnend sind auch die hintersinnigen Namen für seine Objekte, wie „Stabile Währung“ für die Münzkreisel oder „Glitzerding“ für einen Holzkreisel mit eingesetzten Glassteinen.
Auf die Auswahl und die Quelle seiner Hölzer legt Uhlig dabei besonderen Wert: Heimische Hölzer findet er in der Region, bei exotischen Arten baut er auf einige wenige Händler, die deren Herkunft aus kontrolliertem Anbau auch zertifizieren können. Dabei sollten die Hölzer unbedingt gerade gewachsen und rissfrei sein – zeigen sich doch solch kleine Fehler in seinen Arbeiten noch viel deutlicher.
Kunst für die Hosentasche
Eine Besonderheit unter Uwe Uhligs Arbeiten stellen die Objekte unter dem Titel „Pocket Art“ dar. Kleine, handliche Döschen mit abnehmbaren Deckeln in den verschiedensten Holzarten, die beim Öffnen ihr jeweils eigenes Geheimnis lüften: Mal kommt ein kleiner Weihnachtsbaum, ein Engel oder eine feine, gedrechselte Holzblume zum Vorschein, mal ein kleiner Drachen mit Minischleifen am Schweif. Sie versetzen den Betrachter in Staunen und stellen ihn vor die Frage, wie solch kleine Dinge überhaupt hergestellt werden können – ganz so wie die Miniaturen des ukrainischen Künstlers damals Uwe Uhlig erstaunt haben. I
Miniaturendrechslerei Uhlig
09514 Lengefeld im Erzgebirge
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