Zum Abschluss seiner einjährigen Meisterausbildung an der Freiburger Friedrich-Weinbrenner-Schule nahm sich Philipp Strigel eines besonderen Themas für sein Meisterstück an: Er fertigte einen ausziehbaren Esstisch in massiver Rüster für seine Eltern. In der Planung traten dabei verschiedene Probleme auf. Da der Esstisch seinen Platz vor einer bestehenden Eckbank hat, musste für ausreichend Beinfreiheit zum „Ein- und Aussteigen“ gesorgt werden. Daher wurde das Fußgestell stark eingerückt von der Tischkante. Dies hatte allerdings zur Folge, dass für handelsübliche, aus der Tischmitte ausklappbare Lösungen zu wenig Platz vorhanden war. Eine konventionelle Konstruktion mit einer unter der Hauptplatte liegenden Auszugsplatte war nicht gewünscht und eine Lösung mit losen Ansteckplatten entsprach nicht den meisterlichen Anforderungen. Was also tun? Philipp Strigel entwickelte einfach selbst einen komplexen Auszugsmechanismus – unter weitestgehender Nutzung von industriellen Normteilen und dem Einsatz einer gehörigen Portion konstruktiver Erfahrung.
Klassische Konstruktion, moderne Lösung
Für die Platte seines 1600 x 840 x 745 mm
(L x B x H) großen Esstisches wählte Philipp Strigel eine klassische Rahmen-Füllungs-Konstruktion. Die 30 mm starke Füllung ist als abgesperrte Dreischichtplatte aufgebaut, um das Quellen und Schwinden auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Breite, angefederte Rahmenfriese fassen die Platte umlaufend ein. Die Kopfenden der Tischplatte sind korbbogenförmig gerundet. Um die Tischplatte dünner erscheinen zu lassen, wurde sie nach unten im Winkel von 45° abgeschrägt und hat zusätzlich eine 8 mm breite, umlaufende Nut erhalten – diese dient als Gegenprofil zur Tischverlängerung als zusätzliche Abstützung derselben.
Da es durch die an beiden Stirnseiten ausfahrenden Auszüge nicht möglich war, einen geschlossenen, stabilen Zargenkranz herzustellen, löste Philipp Strigel das Problem durch eine Eigenkonstruktion. Die nach unten konisch zulaufenden Tischbeine sind durch spezielle Spannverbinder (Easy-con) aus dem Treppenbau mit der Tischplatte verbunden. Zusätzliche, geschweißte Edelstahlwinkel gewährleisten die Steifigkeit des Tisches in Querrichtung. Diese sind mit metrischen Schrauben und Rampa-Muffen in der Tischplatte befestigt und können so fein justiert werden.
Komplexer Auszugsmechanismus
Zum frei stehenden Ende hin lässt sich der Tisch um 455 mm verlängern. Den Beschlag dafür hat Philipp Strigel unter Nutzung von Normteilen aus dem Maschinenbau selbst entwickelt. Als Konstrukteur für die Entwicklung von Sonnensegeln tätig, hatte er schon viel Erfahrung mit der Verwendung von industriellen Normteilen. Versuche mit lasergeschnittenen 2D-Modellen im Vorfeld führten zu einem Hebelmechanismus, über den die Verlängerung kontrolliert aus dem Schubkasten gehoben und das hintere Ende über eine Nut nachgeführt wird.
Ein auf arretierbaren Schwerlastauszügen aus Edelstahl (Accuride DS 3557) geführter Auszugsrahmen nimmt dabei die Tischverlängerung auf. Diese liegt in geschlossenem Zustand eingefaltet im Auszugsrahmen, die beiden seitlichen Ausklappteile sind mit dreidimensional verstellbaren Türbändern angeschlagen (Tectus TE 240 3D). Durch Bedienung des Verriegelungshebels lässt sich die Mechanik auslösen, die Erweiterungsplatte hebt sich an und kann, seitlich in geschwungenen Nuten geführt, auf Höhe der Tischplatte gebracht und aufgeklappt werden. Zurückgeschoben arretiert sich die Mechanik und fixiert die Erweiterungsplatte über eine angefräste Feder im Gegenprofil der Tischplatte. Der gesamte Auszug lässt sich, um den flächenbündigen Sitz der Platten zu gewährleisten, durch eine Reihe verschiedener Einstellmöglichkeiten fein justieren.
Auf der gegenüberliegenden Seite zur Eckbank hin lässt sich ein breiter, offen gezinkter und auf Holzvollauszügen aus Ahorn geführter Schubkasten ausziehen. Nach Wässern und Feinschliff wurde die Tischplatte zum Erreichen einer seidenmatten Oberfläche mit Hartöl (Leinos Hartöl Spezial) behandelt.
Zukunft im Konstruktionsbereich
Nach dem Abschluss der Meisterschule kehrt Philipp Strigel zu seinem früheren Arbeitgeber Elmendorff – Design & Handwerk zurück, um dort führend bei der Entwicklung von Sonnensegeln mitzuarbeiten.