Wie komme ich vom „Man-Sollte“ zum „Ich-Tue“? In der neuen BM-Serie „Gemeinsam etwas verändern“ zeigt Schreinermeister Matthias Brack, wie man Ideen, Wünsche und Ziele in die Praxis umsetzt – zusammen mit der ganzen Mannschaft des Unternehmens.
Autor: Matthias Brack
I Wer kennt das nicht? Nach der Rückkehr von einem Seminar ist man voller neuer Ideen und guter Vorsätze. Man nimmt viele Blätter mit nach Hause – vollgeschrieben mit Maßnahmen, die man möglichst bald in die Praxis umsetzen will. Kaum sind ein paar Tage vergangen, hat der Alltag uns wieder voll im Griff und die guten Vorsätze sind in weite Ferne gerückt. Aber wie komme ich vom „Man-Sollte“ zum „Wir-Tun“? Was unterscheidet erfolgreiche „Umsetzer“ von „Man-Sollte-Unternehmern“?
Im betrieblichen Alltag fällt es uns oft schwer, Maßnahmen strukturiert umzusetzen, weil die Zeit fehlt, der Berg der zu bewältigenden Aufgaben schier unüberwindbar scheint und zudem die handwerkliche Arbeit im Vordergrund steht und nicht das theoretische Festlegen von Prozessen und Abläufen.
Schluss mit „Feuerwehraktionen“
Aber genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg: Denn ist ein Prozess einmal festgelegt, die „Spielregeln“ für alle definiert und ein verantwortlicher Mitarbeiter bestimmt, sind die Leitplanken fixiert und man muss sich nicht jedes Mal wieder neu damit beschäftigen.
Ein konkretes Beispiel: Wer kennt nicht den täglichen Bestellprozess von Material? Die Bürotür geht auf und der Mitarbeiter bestellt „auf Zuruf“ einen Artikel. Oftmals wird dann vergessen, die Bestellung auszulösen, oder es wurde nicht der Artikel bestellt, den der Mitarbeiter eigentlich gemeint hat. Das löst am nächsten Tag „Feuerwehraktionen“ aus, die Geld, Zeit und Nerven kosten. Wird der Bestellprozess hingegen einmal mit allen Beteiligten durchdacht und geregelt, gehören solche Aktionen der Vergangenheit an. Dazu werden feste Regeln schriftlich und visuell definiert, wann was von wem wie bestellt wird, damit jedem klar ist, wie von nun an ein Bestellvorgang funktionieren soll.
So laufen in der betrieblichen Praxis eine Vielzahl von Dingen schief, weil Strukturen fehlen und man wendet jedes Mal wieder Energie auf, um fehlende interne Absprachen auszubügeln. Wenn unsere Säge nicht schneidet, dann machen wir diese scharf und die Arbeit geht wieder voran, bei Prozessen arbeiten wir dagegen oft seit vielen Jahren mit stumpfem Werkzeug. Dabei liegt es eigentlich klar auf der Hand, dass wir nur mit „scharfem Werkzeug“ erfolgreich sein und die Aufgaben der Zukunft meistern können.
Mehr Leistung mit gleichem Aufwand
In der innerbetrieblichen Organisation verbirgt sich ein unglaubliches Potenzial, das viele Betriebe noch gar nicht entdeckt haben. Unternehmer, die sich diesen Themen annehmen, erarbeiten sich einen Vorsprung gegenüber anderen und werden dadurch auch Fachkräfte an das Unternehmen binden. Denn gute Mitarbeiter wollen Verantwortung übernehmen. Betriebswirtschaftlich wird durch die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen mehr Leistung mit gleichem Aufwand erzielt, ohne große Investitionen tätigen zu müssen. Somit steigt der Verdienst und Chef und Mitarbeiter werden gleichzeitig entlastet.
Schritt für Schritt
All das klingt vielversprechend und eigentlich ganz logisch. Aber: Wie gehe ich nun vor? Dies werde ich Ihnen in den nächsten Ausgaben anhand von praktischen Beispielen in einzelnen Schritten erläutern. Gerade am Anfang ist es dabei durchaus sinnvoll, einen Moderatoren zu engagieren, der den Chef und sein Team mit der neuen „Denkweise“ vertraut macht und die ersten Schritte begleitet. Langfristiges Ziel eines jeden Unternehmens sollte es aber sein, eine Kultur zu etablieren, bei der regelmäßig Verbesserungen besprochen und im Alltag Schritt für Schritt umgesetzt werden. Denn eines ist sicher: Den perfekten Betrieb wird es nie geben. Aber wir haben die Chance, jeden Tag ein bisschen besser zu werden und das bringt uns den entscheidenden Vorteil. I
Die Ist-Analyse Probleme sind Schätze
Zunächst ist es wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Mitarbeiter in die Prozesse eingebunden werden. Denn ohne Mitarbeiter ist ein Veränderungsprozess im Unternehmen schlicht und ergreifend nicht möglich. Es ist notwendig, eine Kultur der Bewusstseinsveränderung zu etablieren.
Zunächst geht es darum, die Mitarbeiter an das Thema heranzuführen und ihnen die neue „Denkweise“ zu vermitteln. Bei diesem „Basisworkshop“ sollte eine Atmosphäre für einen offenen, ehrlichen und vertrauenswürdigen Umgang untereinander geschaffen werden. Das ist außerhalb des Betriebes oftmals deutlich besser möglich. Zum Beispiel erweist sich hierfür eine Berghütte oder ein abgeschiedener Seminarraum als geeignet. Weg vom Alltag können dann die betrieblichen Themen, bei denen es nicht rund läuft, besprochen und analysiert werden.
Ist-Analyse – Basis zur Veränderung Bei der „Ist-Analyse“ geht es darum, Problemfelder und Schwachstellen zu erkennen. Das fällt vielen noch recht leicht, wenngleich meist die Fehler der anderen gesehen werden und weniger die eigenen Versäumnisse oder Marotten. Diese Schwachstellen werden konkret und sachlich benannt, ohne einen Schuldigen zu suchen. Wichtig ist es, hier in Daten zu sprechen. „Bei uns läuft alles schief“ führt nicht an das Problem heran, sondern die „Ist-Situation“ muss konkret mit Zahlen, Daten und Fakten benannt werden. Zum Beispiel: „Weil Angaben zur Montage-Situation der Einbaumöbel fehlen, sind vor Ort oft zeitaufwendige Nacharbeiten notwendig.“ Selbstverständlich können auch Punkte gesammelt werden, die im Unternehmen bereits sehr gut laufen. Da das Ziel jedoch die Verbesserung ist, ist es wichtig, seine Schwachstellen zu kennen und zu benennen. Denn: Probleme sind Schätze und die Grundlage für Verbesserungen. Anfangs ist es oft schwierig und benötigt einiges an Mut, so offen über Schwächen zu sprechen. Es ist aber unglaublich, welches Potenzial in diesen Diskussionen steckt und wie befreiend ein solches Gespräch im Team wirkt, wenn wirklich klar ist: Es geht nicht darum, Schuldige zu finden, sondern aktiv an Problemstellungen zu arbeiten.
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