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»Ich liebe Produkte«

Interview mit Produktdesigner Thorsten Franck
»Ich liebe Produkte«

Thorsten Franck, geboren 1970 in Hamburg, studierte nach der Tischlerlehre Produktdesign an der Fachhochschule Hildesheim und absolvierte den Master of Arts am Royal College in London. Er ist im eigenen Studio in München freischaffend tätig, unterrichtet Produktdesign an der Freien Universität in Bozen und ist Dozent an der Akademie für Gestaltung in München. Seine Arbeiten sind preisgekrönt.

BM Designer ist für viele Schüler ein Traumberuf. Sie sind Designer. War das schon immer Ihr Traum?

Thorsten Franck Mein Traumberuf war tatsächlich Tischler. Ich bin durch die Ausbildung auf den Geschmack gekommen. Gelernt habe ich in einer traditionellen Bau- und Möbeltischlerei in Hamburg. Aber schon damals habe ich mich viel mit Gestaltung beschäftigt. Gestaltung wollte ich es damals nennen, nicht Design. Ich bin dem Handwerk sehr verbunden. Und Design ist im Grunde auch ein Handwerk.
BM Und nach der Lehre haben Sie studiert?
Thorsten Franck Nein, ich habe erst einmal als Kunsthandwerker gearbeitet, bei Koryphäen wie Erwin Brüggemann beispielsweise. In dieser Zeit habe ich mich viel mit alten Meistern und alten Techniken auseinandergesetzt, Intarsien und Boulle-Marketerie. Auch beim Drechselpapst Gottfried Böckelmann durfte ich später noch manches lernen. Handwerk begeistert mich, aber ich hatte auch immer den Drang zu gestalten und habe mich schon früh vom – wie ich es nenne – 19-mm-Spanplatten-Denken entfernt. Es soll sich nicht alles am Gegebenen ausrichten. Vielmehr sollen Produkte aus dem Benutzen und aus dem Alltag heraus entstehen.
Anschließend an meine Lehr- und Wanderjahre habe ich an der Fachhochschule Hildesheim Produktdesign studiert. Ein klassisches Studium mit Diplom-Abschluss.
BM Dann gingen Sie nach London an das Royal College, um den Master of Arts zu machen. War Ihnen das Studium an einer deutschen Fachhochschule nicht gut genug? Was versprachen Sie sich von London?
Thorsten Franck London war quasi der krönende Abschluss. An der Fachhochschule in Hildesheim ging es um Wissen, um die Fertigung, das Material. In England dagegen ging es darum, den eigenen Weg und den eigenen Stil zu finden. Das Studium war eher künstlerisch ausgerichtet. London war damals der Schmelztiegel all jener, die sich mit Design beschäftigt haben.
BM Und wie sehen Sie sich heute als Designer? Sind Sie eher Künstler? Oder Handwerker?
Thorsten Franck Wie ich schon sagte: Design ist auch ein Handwerk. Und mich interessiert die bauliche Struktur der Dinge, Herstellungstechniken, das Material. Eine Qualität von mir ist, dass ich mit der Hand gestalten kann, aber mich auch den neuen Techniken, wie z. B. dem dreidimensionalen Modellieren am Computer, nie verschlossen habe. Und heute ist es ja durch die digitale Produktion möglich, auch Massenprodukte zu individualisieren, so dass Unikate entstehen.
BM Welches Ziel verfolgen Sie bei der Entwicklung Ihrer Produkte?
Thorsten Franck Produkte sind Werkzeuge, die den Alltag erleichtern. Sie sollen dienlich sein. Ich lasse mich vom Alltag inspirieren, sammle viele Dinge auf Flohmärkten oder wenn ich im Ausland unterwegs bin. Ich liebe Produkte. Man kann Traditionen weiterführen, Dinge umfunktionieren. Wichtig ist das Spiel mit dem Gegebenen. Beispielsweise haben mich zwei Stühle und eine darüber gelegte Platte zum Entwurf des Tischbocks ,side_step’ aus der Serie ,build_in_a_minute‘ inspiriert.
Ein weiteres interessantes Produkt ist „Tisch 8“, der aus 8 mm starkem HPL besteht und besonders auf die Materialeigenschaften eingeht: Das gerundete Tischbein nimmt die Belastung in die Fläche hinein. Mit Material effizient zu arbeiten, ist mir wichtig. Oder auch Produkte zu gestalten, die flexibel auf Bedürfnisse reagieren können. Das Regal „rambler_rose“ beispielsweise ist variabel in Höhe und Breite und erweiterbar, ohne es abbauen zu müssen.
Ein Traum von mir ist, ein No-Name-Produkt für den Alltag zu entwickeln, wie beispielsweise eine Büroklammer. Einfache Dinge, die sich von selbst erklären.
Noch in den 80er und 90er Jahren war Design meist an große Namen gebunden, wie Philippe Starck oder Ron Arad. Heute geht es weg vom Autorendesign hin zu Dingen, die einfach funktionieren. Gutes Design gibt Antworten auf den Wandel in der Gesellschaft, ohne modisch zu sein.
BM Heute sind einige Ihrer Arbeiten preisgekrönt. Sie waren auf Ausstellungen in London, Köln, Mailand und München zu sehen.
Thorsten Franck An Ausstellungen reizt mich die experimentelle Auseinandersetzung mit einem Thema. Hier kann ich vieles ausprobieren. Und einige Dinge, die ich einst für Ausstellungen entworfen habe, sind heute im Alltag angekommen, wie zum Beispiel die Kollektion „build_in_a_minute“, die im Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit einer Schreinerei entstanden ist. Alle Möbel zeichnen sich durch ihre Leichtigkeit in Optik und Material aus. Sie sehen handwerklich aus, obwohl sie CNC-gefertigt sind, können in schmale Kartons verpackt und werkzeugfrei auf- und wieder abgebaut werden. Möbel für Stadtnomaden, für mobile und flexible Menschen.
BM Sie unterrichten Produktdesign an der Freien Universität in Bozen und sind Dozent an der Akademie für Gestaltung in München? Ist das für Sie reiner Broterwerb?
Thorsten Franck Eigentlich wollte ich nie lehren, obwohl ich es durchaus sinnvoll finde, Dinge weiter zu geben. Heute weiß ich, dass Lehren auch lernen bedeutet. Lehre heißt auch, Freiheiten zu haben, zu forschen, in die Zukunft zu schauen.
BM Was wollen Sie den Studierenden an der Akademie für Gestaltung, die ja alle aus einem Handwerksberuf kommen, vermitteln?
Thorsten Franck Wenn jemand eine handwerkliche Lehre gemacht hat, bringt er Materialverständnis sowie Verständnis für die Herstellung und Konstruktion von Produkten mit. Das gefällt mir. Dadurch, dass bei der Ausbildung zum Gestalter unterschiedliche Handwerke aufeinander treffen, kann viel Wissen zusammen getragen werden. Ich versuche, den Studenten Grundfertigkeiten zu vermitteln, will sie aber auch für Dinge begeistern und lehren, Produkte wirklich von innen heraus zu verstehen. Die vier Grundpfeiler sind: Beobachten, Analysieren, Experimentieren, Umsetzen. Entstehen sollen Dinge, die einfach funktionieren, selbsterklärend sind. Verzicht ist mehr.
BM Welche Eigenschaften sollte jemand mitbringen, der Designer werden will?
Thorsten Franck Er sollte neugierig sein, leidenschaftlich und begeisterungsfähig. Die Dreidimensionalität sollte ihn interessieren, aber er sollte auch Verständnis für die Menschen mitbringen. Für sehr wichtig halte ich zudem Lebenserfahrung und eine ausgeprägte Persönlichkeit. Vielleicht ist eine gewisse Unzufriedenheit mit den Dingen hilfreich …
BM Was würden Sie jungen Menschen, die Designer werden wollen, raten?
Thorsten Franck Das ist schwierig. Mein Traumberuf war Tischler. Dann habe ich studiert. Vieles hat sich ergeben und plötzlich habe ich gemerkt: „Hoppla, das ist es ja, was ich machen will.“ Aber man kann eine Karriere nicht historisch betrachten. Weil es bei mir geklappt hat, muss es bei jemandem anderen noch lange nicht klappen. Dafür gibt es keine Rezepte. ■
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