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Luzifers Stäbchen

Feuerschein aus Phosphor, Holz und Schwefel
Luzifers Stäbchen

In Jönköping, in der südschwedischen Region Smaland, liegt ein besonderes Museum: Das „Tändsticksmuseet“ zur Geschichte der Streichholzherstellung in Schweden. Hier, am Ufer des Vättersees, liegen die Wurzeln der schwedischen Zündholzherstellung. Das Museum befindet sich in einem historischen Holzgebäude aus dem Jahr 1848, in dem einst die Erfolgsgeschichte der „tändsticks“, so der schwedische Name für Zündhölzer, begann.

Seit Urzeiten hat Feuer eine besondere Anziehungskraft auf den Menschen: faszinierend und bedrohlich zugleich, nützlich aber auch zerstörend. Eine besondere Schwierigkeit stellte dabei von Anfang an der Transport und die Erzeugung von Feuer an beliebigen Orten dar. Mussten zu Urzeiten noch in der Natur durch Blitzeinschlag oder Vulkanausbrüche entstandene Feuer genutzt und deren Glut möglichst lange konserviert werden, so brachte die Entdeckung von Feuersteinen und die Erzeugung von Glut durch Reibungshitze einen entscheidenden Fortschritt.

Seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts konnte Feuer durch Schlagen eines kohlenstoffhaltigen Stück Eisens gegen einen Feuerstein erzeugt werden. Die entstandenen Funken wurden dabei in einem Stück Zunder – aus den Fasern des Feuerschwammes gewonnen – aufgefangen, dieser zum Glimmen gebracht und durch Zugabe weiteren brennbaren Materials entzündet. Etwa um 1830 wurden in verschiedenen europäischen Ländern so genannte Phosphorzündhölzer entwickelt die sich an jeder beliebigen Reibefläche entzünden ließen. Der Nachteil war, dass sie aus so genanntem weißen Phosphor bestanden, der sich sehr leicht selbst entzünden konnte und darüber hinaus sehr gesundheitsschädlich war.
1844 erfand der schwedische Chemiker Gustaf Erik Pasch die Sicherheitszündhölzer indem er den weißen Phosphor gegen den wesentlich ungefährlicheren roten, ungiftigen Phosphor austauschte und diesen auf der Streichfläche der Zündholzschachtel aufbrachte. Der Chemiker Johan Lundström entwickelte das noch nicht ganz ausgereifte Produkt serienreif weiter und gründete zusammen mit seinem Bruder Carl Frans Lundström 1845 die weltweit erste Fabrik für die Herstellung von SicherheitZündhölzern.
Geschichte eines Handwerks
Die Geschichte der Streichholzherstellung ist auch die Geschichte der Entwicklung von der handwerklichen zur industriellen Herstellung eines Produktes, die bittere Geschichte von der zunehmenden Verarmung und Entmündigung der Fabrikarbeiter. In der Anfangszeit wurden Zündhölzer noch in kleinen arbeitsteilig produzierenden den Handwerksbetrieben hergestellt. Dabei wurde Espenholz zu feinen Stäbchen gehobelt und anschließend von Hand auf die gewünschte Länge abgelängt. Diese Stäbchen wurden gebündelt, geschwefelt und in die warme Zündmasse aus weißem Phosphor getaucht. Anschließend wurden die fertigen Zündhölzer in handgefertigte Papierkapseln gefüllt und zum weiteren Versand in größere Pakete verpackt.
Diese Art der handwerklichen Herstellung, mit all ihren Nachteilen – die Arbeiter atmeten den giftigen Phosphordampf ein, was vielfach zur gefürchteten Phosphornekrose mit Zahnausfall und Knochenzersetzungen führte – war über Jahrzehnte die vorherrschende Art der Produktion. Erst ab ca. 1870 kamen die ersten Maschinen, zum Beispiel zum Einstecken der Holzstäbchen und anschließendem Eintauchen in die Zündmasse, sowie zum Trocknen und Entnehmen der Hölzchen, zum Einsatz. Die Arbeit in der Fabrik war dennoch gesundheitsschädlich und gefährlich.
Auf dem Weg zur Industrie
Eine zunehmende Mechanisierung der verschiedenen Arbeitsschritte führte in den kommenden hundert Jahren zwar zu einer Steigerung der Produktivität der Fabrik, allerdings wurden auch zunehmend weniger Arbeitskräfte benötigt. So konnten, durch die Erfindung einer so genannten Komplettmaschine des angestellten Ingenieurs Alexander Lagermann, um 1892 täglich 40.000 Schachteln mit jeweils ca. 60 Zündhölzern hergestellt werden. Fünf dieser Maschinen ersetzten etwa 200 Fabrikarbeiter.
Annähernd gleiche Bedeutung wie die Herstellung von Zündhölzern hatte für die „Jönköping Tändsticksfabrik“ die Produktion von Schachteln zum Verpacken und Entzünden der Zündhölzer. Zu Beginn ebenfalls in Handarbeit von Heimarbeitern, zumeist Kindern hergestellt, wurden diese später maschinell produzierten Schächtelchen zu den ersten individuellen Produktverpackungen. Und dies zu einer Zeit als die meisten Waren noch lose verkauft wurden. Auf den zunehmenden Exportmarkt reagierte man mit landestypischen individuellen Aufklebern, die für sich eine Geschichte der Werbegrafik darstellen.
Der zunehmende Bedarf ließ in den Anfangsjahren der Zündholzproduktion die Zahl der Fabriken allein in Schweden auf 170 ansteigen. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde durch verschiedene Firmenzusammenschlüsse die Schwedische Zündholzaktiengesellschaft „STAB“ gegründet, die ein weltweites Monopol auf Zündhölzer hielt und zu dieser Zeit ca. 70 % des weltweiten Zündholzmarktes beherrschte: Als das Deutsche Reich bei STAB, unter der Leitung des Zündwarenkönigs Ivar Kreuger, eine Anleihe von 125 Millionen Goldmark aufnahm, machte der Konzern zur Auflage, den deutschen Markt mithilfe eines Zündwarenmonopols gegen Billigimporte abzuschotten. Das Monopol regelte Produktion und Verkauf.
Heute werden in Schweden Zündhölzer auf vollautomatisierten Fertigungsstraßen mit einer Produktion von täglich 40 Millionen Zündhölzern oder 5 Millionen Schachteln pro Tag gefertigt. Die Materialien wie Espenholz, Phosphor und Schwefel sind jedoch seit 1840 dieselben geblieben! (Heinz Fink) ■
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