Wodurch zeichnen sich gut gestaltete Möbel und Gesellenstücke aus? Und wie erlernen die Auszubildenden im Tischlerhandwerk die grundlegenden Kompetenzen, um Gesellenstücke gut gestalten zu können? Diese Fragen waren der Ausgangspunkt für das Erasmus+-Projekt „Möbeldesign und moderne Fertigung“, welches seit 2018 in Kooperation von fünf Berufsschulen aus Finnland, Schweden, Dänemark, Frankreich und Deutschland durchgeführt wurde.
Gestalterische Kompetenz schulen
Ein wichtiger Ansatzpunkt dabei waren gestalterisch engagierte Ausbilder in den Betrieben des Tischlerhandwerks und Lehrkräfte für Holztechnik, die in diesem Fall, gemeinsam mit drei Ausbildern und zwei professionellen Designern dieses Projekt von August 2018 bis Mai 2021 durchgeführt haben. Ziel dieses europäischen Projekts war es, Lehrkräfte und Ausbilder der Holztechnik mit grundlegenden und weitergehenden Gestaltungskompetenzen fortzubilden, um in einem weiteren Prozess als Multiplikatoren auch die Tischlerauszubildenden zu schulen.
Grundlagenvermittlung
Die einwöchigen Arbeitsphasen gliederten sich in zwei Abschnitte. In der ersten Projektwoche wurden nach einer kurzen Auffrischung grundlegender Regeln der Gestaltung zwei konkrete Kundenaufträge als Ausgangspunkt der Projektarbeit gestellt. Anforderungsprofile für ein konkretes Möbel, z. B. ein Empfangstresen, wurden formuliert und anschließend entwickelten die Teilnehmer erste Ideen und brachten diese zu Papier, zumeist in Form kleiner kolorierter Freihandskizzen. In Kleingruppenprozessen wurden die Entwürfe diskutiert und im Hinblick auf Proportionen, Ergonomie, Materialien und Konstruktionen bewertet. Kleine Pappmodelle wurden hergestellt, um die Raum- und Farbwirkung sowie die Proportionen besser beurteilen zu können. Im Gruppenprozess wurden Entscheidungen getroffen und die Teilnehmer erstellten einen Prototyp und ergänzten diesen Arbeitsschritt durch CAD-Fertigungszeichnungen, Materiallisten und Produktbeschreibungen.
Vom Entwurf zur Umsetzung
Im zweiten fünftägigen Projektabschnitt wurden die Zeichnungen optimiert, letzte Material- und Konstruktionsfragen geklärt und anschließend begann die Fertigung, die sowohl konventionelle Tischlereimaschinen als auch die Arbeit an CNC-Bearbeitungszentren umfasste. Die Teilnehmer konnten hierbei verschiedene CAD-Systeme sowie unterschiedliche WOP-Systeme zur Programmierung der CNC-Bearbeitungszentren erfahren und erlernen. Anschließend begann die Fertigung der Einzelteile, die im Zusammenbau zum fertigen Möbel, zum Beispiel eines Besprechungstisches mit einer linoleumbeschichteten runden Tischplatte und den dazu passenden Stühlen mündete.
Über Sprachbarrieren hinweg
Die Arbeitssprache der Projektgruppe war Englisch und beinhaltete auch die Beschäftigung mit der englischen Fachsprache. Die Verständigung untereinander funktionierte reibungslos, wenn auch manchmal gestenreich, wenn die passenden Vokabeln fehlten. An den letzten beiden Projektwochen in Stockholm nahmen neben den Lehrkräften auch jeweils zwei Tischlerauszubildende teil. Durch den Ausbruch der Covid-Pandemie konnten die Projekte jedoch leider nur in den Werkstätten der fünf Berufsschulstandorte stattfinden, wobei täglich durchgeführte Online-Meetings über MS-Teams den Ideen- und Erfahrungsaustausch der Auszubildenden unterstützten.
Grenzübergreifender Erfahrungsaustausch
Die länderübergreifende Projektarbeit führte zum intensiven Erfahrungsaustausch und zum besseren Verständnis der länderspezifischen Eigenheiten bei der Gestaltungs- und Fertigungsarbeit von Tischlereiprojekten.
Das Erasmus+-Projekt wurde durch die Nationale Agentur beim Bundesinstitut für Berufliche Bildung in Bonn gefördert und vom Gutachter mit der Bewertung „best practice“ ausgezeichnet. Bei Antragsgenehmigung durch die Nationale Agentur kann dieses Gestaltungsprojekt in 2022 und 2023 mit Auszubildenden umgesetzt werden.
Der Autor
Hans Janßen, Studiendirektor und Abteilungsleiter der Holztechnik an der Emil-Possehl-Schule Lübeck.
Zuständiger Koordinator für Erasmus+- Projekte der Holztechnik.
Projektbeteiligte
Beteiligte Schulen
TREDU Tampere, Finland
NEXT Kopenhagen, Dänemark
S:t Eriks Gymnasium, Stockholm
Lycèe Blaise Pascal de Colmar, Frankreich
Emil-Possehl-Schule, Lübeck
Beteiligte Firmen
Tom’s Design, Lübeck
Treppenbau Voß, Reinfeld
Lauripoika Oy, Tampere, Finland