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»Sieht aus wie eine DIN, ist aber keine«

BM im Interview mit Prof. Ulrich Sieberath zur neuen DIN SPEC „Wohnungsabschlusstüren“
»Sieht aus wie eine DIN, ist aber keine«

Die E DIN 18105 – Eigenschaften und Anforderungen an Wohnungsabschlusstüren wurde zurückgezogen und nun eine „DIN SPEC“ erstellt, die zum Juli 2019 erscheinen soll. BM fragte bei Prof. Ulrich Sieberath vom ift Rosenheim zu den Hintergründen und was die neue DIN SPEC beinhaltet.

BM-Redakteur stefan Kirchner

BM: Ist eine DIN SPEC verbindlich beziehungsweise was ist überhaupt eine DIN SPEC?

Sieberath: Eine DIN SPEC nach dem Vornorm-Verfahren wird vom Normenausschuss beraten bzw. freigegeben. Dieses neue DIN-Verfahren ermöglicht eine raschere Publikation und damit eine schnellere Sammlung von Erfahrungen. Dafür muss eine DIN SPEC bereits nach drei Jahren (Normen: alle 5 Jahre) geprüft werden, ob sie überarbeitet, zurückgezogen oder als „reguläre“ Norm veröffentlicht werden soll. Das DIN-SPEC-Verfahren unterliegt auch nicht dem „Stillhalte-Abkommen“ der CEN-Mitgliedsstaaten. D. h. sie kann auch dann auf den Weg gebracht werden, wenn europäische Normungsprojekte ähnlich gelagerte Themen bearbeiten. Man kann also nationale Erfahrungen sammeln und diese in die europäische Normungsarbeit einbringen. Eine DIN SPEC ist offiziell aber kein Bestandteil des Deutschen Normenwerks; sie bietet Marktteilnehmern die Möglichkeit, schneller Standards zu entwickeln und die Akzeptanz durch die Marke DIN zu verbessern. Dabei reicht schon eine Zusammenarbeit von drei Unternehmen, Forschern, Privatpersonen oder sonstigen Organisationen. DIN organisiert dabei das gesamte DIN-SPEC-Projekt für die Antragssteller.

BM: Warum hat man den Weg der DIN 18055, die ein Produkt komplett beschreibt, verlassen?

Sieberath: DIN 18055 „Kriterien für die Anwendung von Fenstern und Außentüren nach DIN EN 14351-1“ ist der Nachfolger der ift-Einsatzempfehlungen. Sie bietet dem Architekten Hilfestellung, die richtigen und notwendigen Anforderungen (Klassifizierungen) zu ermitteln. Schon bei der Erarbeitung der DIN 18055 gab es die Überlegung, wie man sie in Bezug auf die baurechtlich über die Landesbauordnungen geregelten Eigenschaften aktuell hält. Dies hat sich bewahrheitet, weshalb man DIN 18055 schon nach kurzer Zeit der Anwendung überarbeitet.
Bezüglich der in DIN SPEC 18105 „Fenster und Türen — Wohnungseingangstüren — Kriterien für die Auswahl von Anforderungen und Merkmalen“ zu beschreibenden Merkmale und Anforderungen bestanden unterschiedliche Vorstellungen. Der Kompromiss sieht vor, dass zunächst nur wenige zentrale Merkmale beschrieben werden. Dabei sollen keine baurechtlichen Vorschriften in die Norm integriert werden, um Probleme für den Nutzer der Norm zu vermeiden, bspw. redundante Informationen zur VV TB. DIN SPEC gibt zwar eine klare Empfehlung zur Mindest-Einbruchhemmung – macht aber beim Brandverhalten bzw. dem Feuer- oder Rauchschutz keine Vorgaben, da diese in der VV TB geregelt sind.

BM: Welche Anforderungen beschreibt die DIN SPEC?

Sieberath: DIN SPEC 18105 beschreibt in Tabelle 1 die Grundanforderungen bzgl. Schallschutz, Einbruchhemmung und Differenzklima-Verhalten, die eine Wohnungsabschlusstür mindestens aufweisen sollte. Beim Schallschutz gibt es eine Unterscheidung, je nach Aufteilung, Anforderung und Funktion der dahinter liegenden Räume.
Tabelle 2 nennt weitere Merkmale, die für Wohnungseingangstüren, je nach baulicher Situation, gesondert gefordert und vereinbart werden sollten, z. B. Wärmeschutz, empfohlene Vorzugsmaße sowie Hinweise zu Anforderungen an Barrierefreiheit nach DIN 18040-2 und Brandschutz gemäß allgemein baurechtlicher Vorgaben.

BM: Die DIN SPEC hat nur zwei Tabellen. Reicht das, um die Anforderungen an Wohnungsabschlusstüren zu beschreiben?

Sieberath: Nach meiner Überzeugung sind damit die wesentlichen Anforderungen für Wohnungsabschlusstüren beschrieben. Nachdem Anhang A sämtliche weiteren Merkmale der europäischen Produktnorm auflistet, erwarten wir eine zusätzliche Kundennachfrage nach Merkmalen, die in DIN EN 14351-2 europaweit geregelt werden.

BM: Welche Vorteile bietet die DIN SPEC Herstellern und Anwendern, und wie soll sie im Markt etabliert werden?

Sieberath: DIN SPEC 18105 bietet eine gewisse Typisierungsmöglichkeit des bisher wenig beschriebenen Produkts Wohnungsabschlusstür. Sie wird sicher in den Ausschreibungsempfehlungen der Hersteller und damit in die gängige Ausschreibungspraxis Einzug halten.

BM: Warum wurden die baurechtlichen Themen „dichtschließend“ bzw. „dicht- und selbstschließend“ nicht berücksichtigt?

Sieberath: Festlegungen zu diesen Merkmalen finden sich in den Bauordnungen der Länder und in der VV TB. Sie sollten nicht in Normen enthalten sein, da sie jederzeit Änderungen unterliegen können. Es gilt der Grundsatz, dass Hersteller, Architekt und Planer die Vorgaben der Bauordnung sowie der in den Bundesländern gültigen VV TB kennen müssen. Wichtig ist der Hinweis in Tabelle 1, Fußnote B, dass Schallschutztüren erfahrungsgemäß eine hinreichende Luftdichtheit aufweisen, um die bei der Planung von Lüftungssystemen vorausgesetzte Dichtheit der Wohnungseingangstür zu gewährleisten. Dies gilt sicher auch, wenn Anforderungen bzgl. der Luftdichtheit baurechtlich gestellt werden. Gleiches gilt für die Eigenschaft „dichtschließend“, da aus fachlicher Sicht davon auszugehen ist, dass diese erfüllt wird, um die Anforderungen an den Schallschutz zu gewährleisten. Der Fugenschall muss bei Schallschutztüren auf jeden Fall unterbunden werden. Das bedeutet, dass bei Schallschutztüren ein umlaufendes, dichtschließendes Dichtungssystem vorhanden sein muss.

Anders verhält es sich bei der Selbstschließung, die durch gesonderte Schließmittel wie Türschließer erreicht wird. In der Praxis wird kritisiert, dass beim Verlassen der Wohnung die Tür ungewollt zufällt und so die Wohnung nicht mehr begangen werden kann, wenn der Schlüssel in der Wohnung vergessen wurde. Eine Lösung bieten Freilauf-Schließer, die mit den Rauchmeldern gekoppelt sind, um im Bedarfsfall die Tür zu schließen. Dieses System ist aber oft teurer als eine übliche Wohnungsabschlusstür. Daher wurde die grundsätzliche Forderung nach selbstschließenden Wohnungsabschlusstüren dem Baurecht überlassen und nicht in die DIN SPEC aufgenommen.

Die Interviewfragen stellte BM-Redakteur Stefan Kirchner

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